KUMJA - Unser Test der genialen Jackenerweiterung

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Meine ersten beiden Schwangerschaften fanden nicht über den Winter statt, so dass ich bis zu diesem Zeitpunkt nie darüber nachdenken musste, was ich eigentlich anziehe, wenn es draußen eisig, mein Bauch aber zu groß für die normale Jacke ist. Wie üblich zeigte sich auch in der jetzigen Schwangerschaft mein Bauch sofort in einer gigantischen Größe. Ich habe zwar noch ein paar Monate Zeit bis zur Geburt unseres dritten Kindes, leider sehe ich bereits aus, als stünde ich kurz vor dem Entbindungstermin. Nun ist dieser Winter bisher weit davon entfernt, als eisig angesehen zu werden, unangenehm ist so ein freiliegender Bauch trotzdem. 

Kumja als Tragevariante
Kumja als Tragevariante

Aus meiner Tragezeit meiner Töchter hatte ich noch eine Tragejacke von MAM im Schrank hängen. Ich fand sie noch nie besonders attraktiv, aber damals war sie das einzige, was ich so auf die Schnelle gefunden hatte - gut, ich habe auch nicht besonders lange recherchiert. Es gab schon damals bessere Alternativen, ich wusste nur nichts davon. Diese Tragejacke ist allerdings wirklich konzipiert für das Tragen von Kindern - schwanger sieht man darin unglaublich unförmig aus, da man den Jackeneinsatz in der Breite nicht verstellen kann. Ein paar Tage lief ich jetzt so herum - dann war es mir zu peinlich und ich fror lieber wieder. Im Forum bekam ich den Tipp, mal eine Kumja zu probieren. "Hä?", dachte ich, " Kumja? Was ist das denn?"

Komm unter meine Jacke


Kumja ist, ganz banal gesagt, ein Stück Stoff mit Reißverschlüssen dran, welches die normale Jacke einer werdenden Mama im Handumdrehen zu einer Schwangerschafts- oder Tragejacke erweitert. Man gewinnt in etwa 25 cm hinzu. Es gibt sie in verschiedenen Ausführungen, je nachdem, zu welcher Witterung sie passen soll: Winter-Kumja, Sommer-Kumja und Regen-Kumja. In meinem Fall fiel die Auswahl leicht - mir ist kalt, also habe ich die gefütterte Version bestellt.

Kumja erweitert die Jacke
Kumja erweitert die Jacke

Durch die Möglichkeit, verschiedene Reißverschlussadapter mitzubestellen, ist man auch nicht auf nur eine Jacke angewiesen - man kann jede Jacke, die man zuhause hat, im Handumdrehen zu einer Schwangerschafts- oder Tragejacke machen! So könnt ihr zum Beispiel einen Adapter für die (werdende) Mama und einen für den Papa (oder die Co-Mama, Oma, Onkel, beste Freundin....) bestellen, so dass der kleine Tragling dann bei allen gleichermaßen geschützt unter der Jacke verschwinden kann...

Trotz Weihnachtsstress kam die Jackenerweiterung bei mir schon wenige Tage nach Bestellung an, inklusive eines schicken kleinen Aufbewahrungsbeutelchens und ein paar Broschüren über die Nutzung. Ich hatte lange gezögert mit dem Kauf, da mir die Bestellung des richtigen Adapters auf den ersten Blick sehr kompliziert erschien. Letzten Endes war aber auf der Homepage alles so idiotensicher erklärt, dass selbst ich es hinbekommen habe.

Die Bestellung der Kumja


Eine Kumja kann dann problemlos unter www.kumja.de bestellt werden, wenn deine normale Jacke einen Reißverschluss der Marke YKK (oder SBS) hat. Den haben eigentlich die allermeisten Jacken. Sollte nun ausgerechnet deine Jacke so eine Ausnahme sein, gibt es die Möglichkeit, ein Testset mit Reißverschlussadaptern zu bestellen und dann auszuprobieren, welcher davon passt. Sollte gar keiner passen - was wirklich so gut wie nie vorkommt - kannst du in deine Jacke einen passenden Reißverschluss einnähen lassen. Das Mama Motion Team bietet dafür sogar einen Einnähservice, wobei auch jede kleine Änderungsschneiderei in deiner Nähe das schaffen sollte.

Klickst du nun auf der Mama Motion Seite auf den Kumja-Kaufen Button, führt dich der Adapter-Auswahl-Service Schritt für Schritt durch den Auswahlprozess:

1. Zieh deine Jacke an und überprüfe, auf welcher Seite der Schieber deines Reißverschlusses ist. Rechts? Oder Links?
2. Wie viele Schieber hat dein Reißverschluss? Einen? Zwei?
3. Guck auf die Rückseite des Schiebers. Findest du dort die Buchstaben YKK? Ja? Nein?
4. Welche Zahlenkombination steht unter dem YKK? 3V? 5V? 8V? 10V? 5C? 45C? 10C? 5(Metallreißverschluss)? 8 (Metallreißverschluss)? Keine davon?
5. Steht auf einem deiner Schieber die Aufschrift VST? Ja? Nein?
6. Wenn ja, zähle, wieviele Zähne des Reißverschlusses über ein 1-Euro-Stück passen. Weniger als 9? Mehr als 9?

Das sieht jetzt komplizierter aus, als es wirklich ist. Nach Ende dieser Fragereihe bekommt ihr Auskunft darüber, welcher Adapter passen würde. Bei meiner Jacke war das K2. Ich war mir nicht ganz sicher, ob auf meinem Schieber das VST nach dem 5V steht - die Prägung ist einfach schon zu abgegriffen. Ich schrieb also eine Email an Mama Motion, die wirklich prompt und sehr freundlich beantwortet wurde: "Ganz egal, ob es da steht, prüfe einfach nur, ob weniger als 9 Zähne auf ein 1-Euro Stück passen." Ich prüfte das schnell und siehe da - ja, es passten genau 9 rauf, was eben auf den Adapter K2 hindeutete.

Kumja Reißverschlussadapter
Kumja Reißverschlussadapter


Der Einbau der Kumja


Nachdem das Paket bei mir ankam, verband ich die Jackenerweiterung, welche mit zwei roten Reißverschlüssen ausgestattet ist, sofort mit dem mitgelieferten schwarzen K2-Reißverschluss. Je auf eine Seite der Kumja kommt eine passende Reißverschlusshälfte. Nun kann man die Erweiterung problemlos mit den Reißverschlüssen der eigenen Jacke verbinden. Das dauert nicht einmal zwei Minuten.

Der Praxistest mit der Kumja


Mithilfe von Schnüren kann man die Jackenerweiterung ganz individuell auf die eigenen Bedürfnisse anpassen. Kauft man sie, weil man ein Baby tragen will, ist es wichtig, im oberen Teil möglichst viel Platz zu haben. Mit meinem dicken Schwangerschaftsbauch (momentaner Umfang: 120 cm!) brauche ich aber eher im unteren Teil der Jacke viel Platz, während ich die Jacke oben lieber enger hätte, um nicht insgesamt wie eine Tonne auszusehen. Das klappt mit der Schnürung problemlos und schnell. Leider ist meine Jacke kürzer als die Kumja, so dass oben am Kragen ein ganzes Stück Stoff herausragt. Das ist wiederum dann sinnvoll, wenn man ein Baby trägt, denn dieses überragende Stück Stoff würde den Kopf stützen und das Baby vor Wind schützen.

Kumja für Schwangere
Kumja für Schwangere

Kumja Kragen umgeklappt
Kragen umgeklappt

In der Schwangerschaft stört es jedoch. Man kann dieses obere Stück gut nach innen umklappen, wenn die Kumja oben nicht enger geschnürt wurde. Mit enger Schnürung gestaltet sich aber das Umklappen sehr schwer und für meinen Hals unangenehm. Ich denke aber, man kann nicht alles haben. Das Mama-Motion Team hat schon so viele geniale kleine Tricks in die Jackenerweiterung eingebaut (z. B. die kleine Tasche für den Rest der Kordel), dass es undankbar wäre, sich nun an diesem Detail negativ aufzuhängen. 

Dem Praxistest hält die Kumja sehr gut stand. Sie ist sehr wertig verarbeitet, dezent im Design und passt sich den Bedürfnissen des Trägers gut an. Mir ist endlich wieder warm! Allerdings muss ich feststellen, dass  mein derzeitiger Bauchumfang die Jackenerweiterung schon sehr an ihre Grenzen bringt. Gut, dass nun der Frühling auf dem Vormarsch ist - sonst würde ich mir eine Verbreiterung kaufen - mit ihr gewinnt man noch einmal etwa 10cm hinzu. Alles in allem würde ich mir die Kumja jederzeit wieder kaufen. Ich bin froh, sie schon in der Schwangerschaft empfohlen bekommen zu haben. Nun freue ich mich schon darauf, mein Baby mit unter meine Jacke nehmen zu können....

© Snowqueen

SIDS - gibt es den plötzlichen Kindstod überhaupt?

Zahlen, Daten und Fakten zum plötzlichen Kindstod, die zu der Frage führen, ob es ihn überhaupt gibt 


Vor dem plötzlichen Kindstod, auch SIDS (Sudden Infant Death Syndrom) genannt, haben viele Eltern Angst. Nicht wenige stehen in den ersten Wochen regelmäßig am Babybett und schauen besorgt nach, ob ihre Kinder noch atmen. Atemüberwachungssysteme wie Angelcare sind in deutschen Babybetten weit verbreitet. In diesem Artikel möchte ich zunächst kurz den aktuellen wissenschaftlichen Stand und die Empfehlungen zur Verringerung des SIDS-Risikos zusammenfassen und anschließend kritisch diskutieren, ob es den "plötzlichen Kindstod" in der angenommenen Form überhaupt gibt.

Was ist SIDS


Als plötzlicher Kindstod werden die Todesfälle bezeichnet, bei denen die Kinder plötzlich und unerwartet versterben und keine Todesursache ermittelt werden kann. SIDS tritt fast ausschließlich im ersten Lebensjahr auf, 80 % der Fälle betreffen Kinder, die jünger als 6 Monate sind, am häufigsten sterben Babys zwischen dem zweiten und vierten Lebensmonat.
 
Wikipedia schreibt zum plötzlichen Kindstod:
"In den Industrienationen gilt er als häufigste Todesursache von Kleinkindern jenseits der Neugeborenenperiode." 
Das ist im Grunde ein Paradoxon, denn SIDS ist keine Todesart, sondern eine Ausschlussdiagnose. Diese darf eigentlich nur dann gestellt werden, wenn bei einer Obduktion keine andere Ursache für den Tod ermittelt werden konnte. Die SIDS-Fälle sind also die Zahl der Todesfälle, bei denen trotz Autopsie nicht der geringste Anhaltspunkt für die Todesursache gefunden wurde.

SIDS ist per Definition also keine Todesursache. Dennoch wird offenbar davon ausgegangen, dass alle SIDS-Fälle (eine) gemeinsame Ursache(n) haben, die man bisher - trotz eifriger Forschung - noch nicht gefunden hat.
 

Risikofaktoren für SIDS 


Es gibt verschiedene Risikofaktoren, die das Auftreten von SIDS begünstigen sollen. Studien haben ergeben, dass bei 99% der gestorbenen Kinder mindestens ein Risikofaktor vorlag. Statistisch treten mehr SIDS-Fälle in sozial benachteiligten Familien, bei Müttern, die jünger als 20 Jahre alt sind und bei Alleinerziehenden auf. 

Als Risikofaktoren gelten:
  • das Schlafen in Bauchlage,
  • Passivrauchen sowohl während der Schwangerschaft als auch nach der Geburt,
  • Verzicht auf Stillen,
  • eine Frühgeburt vor der 33. SSW oder ein sehr niedriges Geburtsgewicht,
  • Drogenkonsum der Mutter,
  • Überwärmung,
  • Zudecken des Kopfes oder ungenügende Luftzirkulation und
  • ein Geschwisterkind, das durch den plötzlichen Kindstod starb.

Der Zusammenhang zwischen SIDS und Co-Sleeping wird heiß diskutiert - dazu kann ich diesen wunderbaren Artikel und die Stellungnahme von Dr. Herbert Renz-Polster empfehlen. 

Präventionsmaßnahmen gegen SIDS


Es werden folgende Maßnahmen empfohlen, um das SIDS-Risiko zu senken: 
  • die Rückenlage beim Schlafen,
  • mindestens 6 Monate Stillen,
  • eine absolut rauchfreie Umgebung,
  • eine Schlafzimmertemperatur zwischen 16 und 18 °C,
  • eine feste und luftdurchlässige Matratze,
  • Verwendung eines passenden Schlafsacks,
  • keine Kopfbedeckung beim Schlafen,
  • keine Decken, Kuscheltiere, Felle, Kissen, Nestchen im Babybett und
  • das Kind schläft bei den Eltern im Zimmer.
Ich beschäftige mich schon seit einiger Zeit sehr ausführlich mit dem Thema SIDS. Wie wahrscheinlich jede andere Mutter hatte ich anfangs große Angst, mein Kind irgendwann kalt und leblos im Babybettchen vorzufinden.

Vor ein paar Jahren gab es in meinem Lieblingsforum eine hitzige Diskussion. Eine Userin hatte Bilder vom künftigen Babyzimmer eingestellt und erntete harsche Kritik für die Verwendung von einem Himmel und einem Nestchen im Babybett. Aus Gründen der SIDS-Prävention dürfe man diese doch auf keinen Fall verwenden. Da stellte ich mir zum ersten Mal die Frage, was Nestchen eigentlich genau mit dem plötzlichen Kindstod zu tun haben sollen.

Wenn ein Kind durch ein Nestchen erstickt, dann ist das ein Erstickungstod mit bekannter Ursache - diese ist in der Auffindesituation eindeutig erkennbar. Daher kann der Verzicht auf Nestchen doch allenfalls zu einer Senkung der Erstickungstode führen. Ich habe bisher nicht eine einzigen Studie gefunden, die einen Zusammenhang zwischen SIDS und Nestchen belegt (oder überhaupt untersucht). Gleiches gilt für die Empfehlung, die Kinder in einem Schlafsack schlafen zu lassen. Ein Kind, das unter eine Decke rollt und dort erstickt, wäre rein statistisch ebenfalls ein Erstickungstod und kein SIDS-Fall.

Dennoch werden Schlafsack und Nestchen und SIDS in allen Aufklärungskampagnen in einem Atemzug genannt. Das machte mich etwas stutzig und ich begann genauer zu recherchieren. Ich fragte mich, wie viele Kinder denn pro Jahr überhaupt im Babybett ersticken (ICD-10 W75), wenn so eindringlich zu Schlafsack und den Verzicht auf Kuscheltiere und Nestchen gewarnt wird. Die offiziellen Statistiken erstaunten mich: das waren von 2002 bis 2012 insgesamt 35 Fälle. Und die Fallzahlen schwanken zwischen einem und maximal sechs Fällen pro Jahr - die Werte sind seit mittlerweile 20 Jahren konstant.

Wird denn überhaupt intensiv genug nach der Todesursache gesucht?


Ich fand bei meinen Recherchen die sehr interessante  Dissertation von Bettina Michaela Zinka mit dem Titel "Der plötzliche Säuglingstod - Untersuchung eigener Fälle am Institut für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität zu München aus den Jahren 1999 bis 2001". Dort wurden Kinder, bei denen SIDS vermutet wurde, sehr viel gründlicher als üblich obduziert - mit interessanten Ergebnissen: 
  • bei 23% der Kinder wurde eine eindeutige Todesursache gefunden, 
  • insgesamt 5% der Untersuchten waren vorsätzlich getötet worden,
  • bei weiteren 13 % ergaben die pathologischen Befunde eine sehr wahrscheinliche Todesursache,
  • bei weiteren 60 % wurden zumindest pathologische Auffälligkeiten gefunden, die zwar nicht den Tod als solches erklären, aber Hinweise darauf geben, dass die Kinder nicht vollkommen gesund waren,
  • nur bei 5 % (!) aller Kinder wurden absolut keinerlei Anhaltspunkte für die Todesursache gefunden.

Die Autorin der Untersuchung stellt fest: 
"Die Tatsache, dass wir durch gegenüber der Routine massiv ausgeweiteter Diagnostik bereits bei 95% der Kinder Auffälligkeiten nachweisen konnten, legt die Annahme nahe, dass mit noch größerem Aufwand auch bei den restlichen 5% eine Ursache für den Tod nachweisbar wäre. Diese Nachweisbarkeit übersteigt jedoch möglicherweise derzeitige diagnostische Möglichkeiten."
Dies führt im Grunde zu dem Schluss:
"Wichtigstes Ergebnis dieser Arbeit ist der Schluss, dass der Plötzliche Säuglingstod in der bisher diskutierten Form vermutlich nicht existiert."
Das erschien mir zunächst als sehr kühne These, aber je länger ich drüber nachdachte, desto nachvollziehbarer fand ich den Gedanken. Ich stieß auf den Fakt (z. B.  hier und hier), dass in Deutschland nur 50% aller SIDS-Todesfälle obduziert werden. Seit 2013 gibt es nun endlich auch in der offiziellen Todesursachen-Statistik eine Unterscheidung, ob ein SIDS-Fall nach erfolgter oder völlig ohne Obduktion vorliegt. 

Im Jahr 2013 wurden etwa 59 % der SIDS-Fälle nicht obduziert, 2014 ca. 57 % aller Fälle. Im Jahr 2015 sank die Rate sogar auf 40 %. Allein diese Tatsache ist verwunderlich - wie kann denn der plötzliche Kindstod festgestellt werden, wenn es gar keine Obduktion gab, bei der andere Ursachen ausgeschlossen wurden?

Im Rahmen der oben genannten Dissertation wurde auch eine Totenscheinanalyse der SIDS-Kinder vorgenommen, zu der die Autorin anmerkt:
"Insgesamt zeigt diese Totenscheinanalyse, dass vermutlich vielen Ärzten nicht bekannt ist, dass es sich bei dem SIDS um eine Ausschlussdiagnose nach blander Obduktion handelt." 
SIDS steht in Deutschland also durchaus ohne weitere Untersuchung auf Totenscheinen. Wenn nur etwa 50 % aller SIDS-Fälle obduziert werden -  ist es offenbar also theoretisch möglich, dass von den 50% der Kinder, die nicht obduziert werden, bei 95 % doch noch ein Anhaltspunkt für eine andere Todesursache gefunden hätte werden können. Und, dass man - bei den 50 % der obduzierten Kinder - bei genauerer Untersuchung durchaus in ebenso vielen Fällen noch eine Ursache hätte finden können. Rein theoretisch wäre es also möglich, dass es 2012 nicht 131 "echte" SIDS-Fälle gab, sondern nur sechs bis sieben.

Die wenigsten SIDS-Fälle weltweit gibt es in den Niederlanden. Es wird davon ausgegangen, dass das Ergebnis von umfangreichen Aufklärungskampagnen  ist. Die SIDS-Inzidenz (also die Häufigkeit je 1000 Lebendgeborenen) liegt dort bei 0,074 im Jahr 2012 - in Deutschland ist sie mehr als 2,5 mal so hoch (0,194). Man würde doch meinen, dass entsprechend auch die Sterblichkeitsrate deutlich geringer wäre (immerhin ist SIDS bei uns häufigste "Todesart") - doch tatsächlich ist sie in den Niederlanden höher als in Deutschland (3,73 vs. 3,51 je 1000 geborene Kinder). Interessanterweise werden in den Niederlanden nahezu alle Kindstode obduziert (wenn die Eltern nicht Einspruch erheben). Ganz offenbar wird bei ähnlicher Sterblichkeit durch die hohe Obduktionsrate häufig eine Todesursache gefunden, so dass nur noch eine Handvoll Fälle ungeklärt bleiben.

Für mich persönlich ist es daher durchaus nicht unwahrscheinlich, dass es bei den mittlerweile wenigen verbliebenen Fällen keine gemeinsame  (und damit vermeidbare) Ursache für den Tod gibt und es sich schlicht um die Fälle handelt, bei denen nicht gründlich genug nach der Ursache gesucht wurde oder bei denen die Wissenschaft dazu schlicht noch nicht in der Lage ist.

Die Entwicklung der Fallzahlen und Aufklärungskampagnen


Was mich auch sehr nachdenklich gemacht hat, ist die Entwicklung der Fallzahlen. Wann immer man etwas über SIDS liest, wird immer auf das Jahr 1991 Bezug genommen. In diesem Jahr starben 1.285 Kinder, bei denen keine Todesursache feststellbar war. Im Jahr 2012 waren es "nur" noch 131 Kinder.  Das ist eine Senkung der SIDS-Rate um 89,9%:
 
SIDS-Fälle in Deutschland von 1991 bis 2012
Quelle: www.gbe-bund.de

Wie man sieht, gab es einen starken Abfall von 1991 zu 1992 - es starben allein in diesem einen Jahr ca. 28 % weniger Kinder "an SIDS". Immer wieder wird gesagt, dass der Rückgang das Ergebnis von Aufklärungskampagnen sei. Was aber wurde eigentlich wann genau in Deutschland gemacht?

Prof. Dr. med. Gerhard Jorch gilt als Vorreiter im Kampf gegen SIDS. Von 1990 bis 1994 führte er die westfälische Studie "Plötzlicher Säuglingstod" durch. Die Ergebnisse führten dazu, dass im Deutschen Ärzteblatt, Heft 48 vom 28.11.1991 darauf hingewiesen wurde, dass die Empfehlung, Babys auf den Rücken zu legen, in einigen Ländern zum Absenken der SIDS-Raten geführt hätten. Dies galt als allererster Vorstoß in die Richtung, nunmehr ausschließlich die Rückenlage zu empfehlen. Ende 1991 startete dann in Nordrhein-Westfalen eine Aufklärungskampagne - vorerst regional begrenzt.

Ich kann mir irgendwie wirklich sehr schwer vorstellen, dass der Artikel im Ärzteblatt (Ende 1991) dazu führte, dass diese Information innerhalb kürzester Zeit bei den Eltern der insgesamt 1.639.133 in den Jahren 1991/1992 geborenen Kinder angekommen ist und umgesetzt wurde, so dass der Einbruch der SIDS-Rate von 1991 zu 1992 damit zu erklären ist. Denn die Nachricht verbreitete sich eben nicht wie ein Lauffeuer - erst 1994 begann man beispielsweise in sächsischen Kliniken die Initiative "Gesunder Babyschlaf" - diese galt als Vorreiter für die SIDS-Risikofaktoren-Aufklärung. In einer Pressemitteilung anlässlich einer Expertentagung am 23./24.01.2004 zum Thema "Prävention des plötzlichen Säuglingstodes in Deutschland" wird der Tagungsleiter Prof.Dr.med.Ekkehart Paditz zitiert mit: 
"Die sächsische Aufklärungskampagne „Gesunder Babyschlaf – Prävention des Plötzlichen Säuglingstodes“ macht Sachsen zu einem Vorbild in der Prävention des Plötzlichen Säuglingstodes. [...] Wäre die sächsische Konzeption deutschlandweit aufgegriffen worden, hätten allein im Jahr 2001 bundesweit 362 Babys gerettet werden können."

Wenn also schon die Arbeitsgruppe "Prävention des Plötzlichen Säuglingstodes" des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales sagt, dass 362 der 429 im Jahr 2001 gestorbenen SIDS-Kinder (also ca. 84 %) hätten gerettet werden können, wenn - wie beim Vorbild Sachsen - bundesweit aufgeklärt worden wäre, gehe ich davon aus, dass im Jahr 2001 der Rest Deutschlands im Grunde noch weitestgehend uninformiert war. Dennoch sollen die Aufklärungskampagnen dafür verantwortlich sein, dass von 1991 bis 2001 die SIDS-Fälle um 66,6 % sanken?

Sind die Kampagnen tatsächlich soooo unglaublich wirksam, wie es immer dargestellt wird? Ich bezweifele es ehrlich gesagt. Sachsens 1994-er Kampagne führte nicht zu einer Senkung der SIDS-Fälle (deutschlandweit) - im Jahr 1995 stieg die Inzidenz sogar erstmalig seit 1991 wieder an (von 0,97 auf 0,98). Ich hatte ja oben geschrieben, dass die erste bundesweite Kampagne 2004 begann. Wirft man einen Blick auf die Zahlen, dann sieht man, dass in den Jahren 2004 und 2005 exakt genau so viele Kinder starben (323) - die Inzidenz stieg sogar zum zweiten (und letzten)  Mal wieder (0,457752 auf 0,470986). Wenn also nicht mal eine bundesweite Kampagne innerhalb eines Jahres Wirkung zeigt, dann möchte ich noch mehr bezweifeln, dass der Jorch-Artikel im Ärzteblatt einen solch durchschlagenden Erfolg hätte haben sollen, dass die Todesrate um 28 % sank.


Auch Paky und Kytir (1996) berichten in einer Untersuchung, dass es mehrfach eine von Aufklärungskampagnen vollkommen losgelöste Umkehr der SIDS-Dynamik gab - in England gab es die meisten Todesfälle 1988 - danach sanken die Zahlen - die Aufklärungskampagne begann jedoch erst 1991. Selbiges war in den Niederlanden zu beobachten - die Fälle wurden seit 1985 weniger - die Kampagne begann jedoch erst 1987. Auch in Norwegen (88/90), Österreich/Steiermark (85/89) und Neuseeland (87/89) trat dieses Phänomen auf. Es ist also nicht so, dass die SIDS-Zahlen erst mit Beginn der Aufklärungskampagnen sanken. Das geschah in einigen Fällen unabhängig davon, wodurch ein direkter Zusammenhang durchaus diskutierbar wäre.

Es gibt Untersuchungen, wonach das Sinken der SIDS-Zahlen teilweise auch durch eine Verschiebung in der Todesartklassifizierung begründet liegen. Ich habe mir das mal für die deutschen Zahlen angesehen. Betrachtet man da insbesondere die letzten Jahre, dann fällt schon auf, dass das Sinken der SIDS-Zahlen (R95 - orange Linie) teilweise mit einem Anstieg der Todesfälle in den Kategorien R98 und R99 ("Sonstige ungenau oder nicht näher bezeichnete Todesursachen" - rote Linie) einher geht:


Verlauf der Inzidenzen für SIDS R95 (orange)
und R98/99 (rot) von 2002 bis 2012
Quelle: www.gbe-bund.de

Ich hatte ja oben schon geschrieben, dass in den Präventionskampagnen ab 1991 neben Vermeidung der Bauchlage und dem Rauchen auch vor allem auf die Verwendung von Schlafsack und die Nichtverwendung von Himmel, Nestchen und Kuscheltieren abzielen. Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Todesfälle durch Ersticken im Bett. Wie man sieht, erstickten 1980 noch über 140 Kinder jährlich im Bett - innerhalb von 5 Jahren halbierte sich die Zahl schon. Auch ohne Aufklärungskampagne sank die Zahl der Erstickungstode um insgesamt 80 % bis 1991. Zwischen 1989 und 1991 nahm die Zahl wieder zu - inwieweit die mit der Wende verbundene Unsicherheit zu vermehrten verdeckten Kindstötungen geführt hat, kann spekuliert werden. Danach jedenfalls blieb die Zahl der Todesfälle (trotz der Kampagnen für Schlafsäcke und gegen Nestchen) im Grunde konstant.
 
Todesfälle durch Ersticken in Bett oder Wiege
(ICD-9 E913, ICD-10 W75)
Quelle: www.gbe-bund.de

 

Bauchlage und SIDS


Ich möchte gerne kurz exemplarisch auf die Bauchlage als Risikofaktor eingehen. Die einheitlichen Darstellungen zu SIDS lauten grob gefasst: Anfang der 90er wurden durch Aufklärungskampagnen die Kinder nicht mehr - wie vorher empfohlen - auf den Bauch gelegt, sondern die Rückenlage setzte sich durch. Dadurch sollen die SIDS-Zahlen deutlich gesunken sein.

Wenn dem tatsächlich so wäre - wie sahen wohl die SIDS-Zahlen vor 1991 aus? Sagen wir mal - 1980, als die Erhebung begann? Ich war ein 78-er Kind und weiß von meinen Eltern, dass die Bauchlage wegen der vermeintlichen Aspirationsgefahr bevorzugt wurde. Und dass viele Eltern - meine auch - in der Wohnung regelmäßig rauchten (der zweite wesentliche Risikofaktor für SIDS). Gestillt wurde ich auch nicht - die Stillquote war in den 80ern sehr gering. Die drei Haupt-Risikofaktoren Bauchlage, Rauchen und Nicht-Stillen waren also deutlich verbreiteter, als  12 Jahre später im Jahr 1992 - dem Jahr nach dem eindrucksvollen Absturz der Todesfallzahlen. Da liegt natürlich die Vermutung nahe, dass die SIDS-Zahlen zuvor noch deutlich höher gewesen sein müssen. Wenn denn ein unmittelbarer Zusammenhang bestünde.

Zur Erinnerung: 1991 waren es 1.285 Kinder (Inzidenz 1,54), bei denen SIDS diagnostiziert wurde. Im Jahr 1980 starben jedoch "nur" knapp halb so viele - nämlich insgesamt 662 Kinder (Inzidenz 0,76). Eine solch niedrige Inzidenz wie 1980 wurde erst wieder 18 Jahre später (!) - 1998 erreicht. Nach Beginn der angeblich alles verändernden Aufklärungskampagnen dauerte es also noch 7 Jahre, bis sich die Todeszahlen vom Höhepunkt 1991 wieder auf den Stand von 1980 (etwa) halbierte:

SIDS-Fälle in Deutschland von 1980 bis 2012
Quelle: www.gbe-bund.de
 
 
Ist das nicht über alle Maßen seltsam? Warum sterben 1980 häufig zugequalmt, bauchgebettet und weitgehend ungestillt genauso viele Kinder, wie nach 7 Jahren Aufklärungskampagnen? Da kann sich durchaus fragen, ob die SIDS-Quote tatsächlich wegen der Rückenschläferkampagne sank oder ob beides schlicht zeitlich zusammenfiel.

Nun mag man einwenden: Es gibt doch sooo viele Studien, die belegen, dass die Bauchlage ein eindeutiger Risikofaktor ist. Das Problem ist nur, dass deswegen nicht wirklich ein Zusammenhang bestehen muss. Studien belegen auch, dass alleinerziehende Mütter, ein arbeitsloser Partner, ein niedriger sozialer Status oder sogar das nichteheliche Zusammenleben das SIDS-Risiko erhöhen. Das heißt aber nichts anderes, als dass in diesen Fällen SIDS statistisch einfach häufiger vorkommt - das heißt aber nicht, dass es eine Ursache für SIDS sein muss. Selbiges trifft auch auf die Bauchlage zu. Schaut man sich die Studien mal an (hier - um Dokument weiter unten gibt es einen Überblick), stellt man fest, dass der vermeintliche Einfluss der Bauchlage doch sehr, sehr unterschiedlich hoch ermittelt wurde - die Odds Ratio liegt zwischen 1,2 und 12,5.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben Grenzen - da gibt es beispielsweise Untersuchungen, die belegen, dass es einen Zusammenhang zwischen der Zahl der Storchenpaare und der Zahl der Kindergeburten in einer Region gibt. Wen das genauer interessiert, der kann es hier nachlesen. Ein nachweisbarer statistischer Zusammenhang von zwei Faktoren bedeutet nicht zwangsläufig, dass sie einander ursächlich beeinflussen. Das nennt man auch Scheinkorrelation, da kein unmittelbarer Zusammenhang besteht.

Vergleicht man mal die Entwicklung der Bauchschläferquote in verschiedenen Ländern (aus dieser Quelle - siehe auch die untere Tabelle), sieht man bspw., dass sie in Schweden von 42% auf 19% sank - die SIDS-Inzidenz sank von 1,1 auf 0,4. In Deutschland schliefen statt 38% nur noch 9% der Kinder auf dem Bauch - die Inzidenz sank jedoch nur von 1,6 (was schon trotz ca. gleicher Ursprungsquoten eine um 45% höhere Inzidenz ist) auf 0,9 - immer noch doppelt so hoch wie in Schweden, obwohl dort nach der Aufklärungskampagne noch doppelt so viele Kinder auf dem Bauch schlafen, wie bei uns.

Auch in den USA schliefen statt 70 % nur noch 24% auf dem Bauch - das sind immerhin noch mehr als 2,5 mal so viele wie hier - die Inzidenz ist mit 0,8 jedoch trotzdem geringer, als in Deutschland. In England schliefen 1995 nur noch 8 % statt 59 % der Kinder auf dem Bauch - die Inzidenz sank von 3,5 auf 1,7 - in Deutschland ist bei vergleichbarer Bauchschläferquote die Todesrate nur halb so hoch.

Werfen wir noch einen Blick auf die Entwicklung der Bauchschläferquote in Deutschland: 1990 wurden 42 % der Kinder in Bauchlage gebettet, 1994 waren es 15 %, 2004 waren es nur noch 8 %. Doch die Bauchschläferquote steigt wieder leicht - 2012 ergaben Befragungen (hier und hier), dass sie bei den 3-monatigen Babys 11% beträgt.

Das ist ein sehr interessanter Verlauf. Die Bauchschläferquote sank von 1990 bis 1994 um 27 Prozentpunkte von 42 auf 15 %. Im gleichen Zeitraum sank die SIDS-Quote um 58,2 %. In den folgenden 10 Jahren sank die Bauchschläferquote nur noch um 7 weitere Prozentpunkte (was nur noch ein Viertel der vorherigen Senkung ist) auf 8% - die SIDS-Fälle wurden jedoch nochmals 43,2 % weniger in dem Zeitraum. Nach 8 Jahren stieg die Bauchschläferquote gar wieder um drei Prozentpunkte (um immerhin 37,5 %) auf 11 % - die SIDS-Inzidenz verringerte sich jedoch im gleichen Zeitraum um weitere 59,4 %.

Kurz gefasst könnte man feststellen: nachdem 64,3 % weniger Kinder auf dem Bauch schliefen, sank die SIDS-Inzidenz um 58,2 %. Nachdem 37,5 % mehr Kinder auf dem Bauch schliefen, sank die SIDS-Inzidenz um 59,4 %. Das ist nun zugegeben weder mathematisch noch wissenschaftlich sehr sauber, aber inhaltlich korrekt. Es zeigt, wie Statistiken und Daten verzerrt sein können. Würde man jetzt eine Studie über die Jahre 2004 bis 2012 machen, würde diese ergeben, dass die SIDS-Rate deutlich sank, nachdem wieder mehr Kinder auf dem Bauch schliefen.

Ich will mit meinen Ausführungen nicht sagen, dass die Bauchlage keinen Einfluss, auf Todesfälle ohne erkennbare Ursache hat. Ich will lediglich aufzeigen, dass es nur sehr begrenzte Aussagekraft hat, den zeitlich Verlauf zweier Faktoren in einen Zusammenhang zu bringen. Wenn man die Wahl hat, sollte man sich im Zweifel immer an die Empfehlungen halten - aber es gibt Kinder, die schlafen schlicht nicht auf dem Rücken. Und ich denke, dass man deswegen keine schlaflosen Nächte haben muss.

Rauchen und SIDS


Auch bezüglich des Rauchens gibt es in den letzten Jahren eine Entwicklung, die darauf schließen lässt, dass Rauchen und SIDS nicht unbedingt etwas miteinander zu tun haben müssen - 1996 gaben bspw. nur 5,5% der Frauen an, in der Schwangerschaft geraucht zu haben - 2010 waren es mehr als dreimal so viele (17,9 %). Dennoch sank die Zahl der SIDS-Fälle im gleichen Zeitraum um 76,3 %. Zwischen Mitte der 80er und Anfang der 90er rauchten 21% der Schwangeren - die Zahl der SIDS-Fälle war 1980 jedoch genauso hoch, wie 1996 trotzdem die Zahl der rauchenden Schwangeren bis dahin um 74% gesunken war. Untersuchungen belegen, dass auch die Belastungen durch Passivrauchen für Kinder zwischen den 1990er-Jahren und 2006 sogar ärgerlicherweise zugenommen hat - dennoch sind die SIDS-Quoten im selben Zeitraum um 76% gesunken. 
Um das ganz klar zu sagen: Ich will hier keinesfalls das Rauchen verharmlosen - erst recht nicht in der Schwangerschaft oder mit Kindern im Haushalt (ich bin ziemlich militanter Ex-Raucher). Die Gefahr durch Tabakrauch darf keinesfalls unterschätzt werden. Eine Vielzahl von Studien ergibt, dass es keine unbedenkliche Wirkungsschwelle für Tabakrauch gibt. Auch kleinste Mengen, die sich auf Kleidung, Haaren, Böden oder Wänden ablagern, sind potenziell gesundheitsgefährdend sein. Es geht mir hier lediglich darum, zu zeigen, dass die Aufklärungskampagnen nicht zwangsläufig im Zusammenhang mit dem Rückgang der SIDS-Fälle zu betrachten sein müssen, da sie einen der größten Risikofaktoren offenbar wenig beeinflusst haben und dennoch deutlich weniger Kinder sterben.

Fazit


In Bezug auf das bisher Zusammengefasste kann man sich schon fragen, ob nun tatsächlich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Risikofaktoren und dem plötzlichen Kindstod besteht. Auch andere Zusammenhänge lassen einen doch schwer grübeln. 
Die Niederlande haben beispielsweise eine deutlich niedrigere SIDS-Rate, als Deutschland. Schaut man sich Befragungen an, stellt man fest, dass dort nur 14,6% der Kinder vollgestillt werden - in Deutschland sind es nach der Geburt 61,9% und nach 3 Monaten noch 34,4 %. Geraucht wird in 70 % der Haushalte in beiden Ländern nicht. Zwar schlafen in den Niederlanden nur 3,1 % der Kinder auf dem Bauch (Deutschland 3-monatige Babys 11,2 %) - aber im eigenen Zimmer schlafen in den Niederlanden 81,2% der Kinder - bei uns sind das 39,4 % der Neugeborenen und 49,6 % der 3-monatigen Babys. Dabei lautet die offizielle Empfehlung bei uns, dass die Kinder im ersten Jahr aus Präventionsgründen bei den Eltern schlafen sollen. In Deutschland schlafen 81,2 % der Neugeborenen im Schlafsack und sogar 84,7 % im Alter von 3 Monaten. In den Niederlanden sind das gerade mal 19,6 % der Kinder. Dort werden 63,8 % der Kinder zusätzlich mit einer Decke zugedeckt. Dennoch war die SIDS-Inzidenz bei uns im Jahr 2011 um 269 % höher.

Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: Ich sage nicht, dass es keinen Zusammenhang zwischen den bisher vermeintlich durch Studien belegten Risikofaktoren und dem plötzlichen Kindstod gibt. Unabhängig von der Frage, wie einflussstark die einzelnen Präventionsmaßnahmen nun wirklich sind - es schadet in keinem Falle, sie umzusetzen. Ich bezweifle jedoch dass der Zusammenhang so gravierend ist, dass man als Mutter eines Bauchschläferkindes schlaflose Nächte hat, weil das Kind partout nicht auf dem Rücken schlafen will.

Für mich erscheint es nachvollziehbar, dass nicht die Zahl der Todesfälle "durch SIDS" sinkt, sondern sich einfach die Möglichkeiten, die Todesursachen zu entdecken kontinuierlich verbessern. Mit den heutigen Möglichkeiten, hätten vielleicht vor 20 Jahren auch schon bei einer Vielzahl der Todesfälle die Ursache aufgedeckt werden können.  Es liegt auch in der Natur der Sache, dass niemals alle Todesfälle vollständig aufgeklärt werden können - derzeit liegt die Quote von Todesfällen mit unklarer Ursache in der SIDS-relevanten Zeit (zweiter bis zwölfter Lebensmonat) bei rund 18,07 % - 1991 waren das noch 45,73 %.
Ich bin der festen Überzeugung, dass kein gesundes Kind "einfach so" stirbt - jeder Tod hat eine medizinische Ursache (auch wenn ihn das nicht weniger tragisch macht). Und dass die Ursachen immer zuverlässiger erkannt (und damit zukünftig ggf. besser beeinflusst werden können), das sollte uns Zuversicht geben und uns der "Angst vor SIDS" möglichst rational entgegen treten lassen. Kinder sterben nicht "an SIDS".

© Danielle

Quellen

 
Alle statistischen Angaben zu den Todeszahlen können nachvollzogen werden unter www.gbe-bund.de - als Suchbegriff dient die ICD-9 bzw. ICD-10-Klassifizierung.

Bitzer, Walter, Lingner, Schwartz: Kindergesundheit stärken, Springer, 2009

Kahn, A., Sawaguchi, T., Sawaguchi, A. et al.: Sudden Infant deaths: from epidemiology to physiology, Forendsic Sci Int. 2002, 130 (suppl), S. 8 - 20

http://edoc.ub.uni-muenchen.de/1872/1/Zinka_Bettina.pdf



                                       
Zuletzt aktualisiert am 10.02.2016

Ein Jahr "Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten" - wir feiern Geburtstag!


Danielle: Heute ist der 13. Februar 2014 - unser Blog feiert seinen ersten Geburtstag!

Snowqueen: Wie die Zeit vergangen ist - unglaublich. Mir kommt es vor, wie gestern, dass unser "Wunschkind" geboren wurde...

Danielle: Ich erinnere mich noch gut daran. Wir schreiben ja seit Jahren sehr aktiv in einem Eltern-Forum und eine sehr nette Userin schrieb dort irgendwann im Januar  des letzten Jahres als Antwort auf einen deiner Beiträge: "Snowqueen, wenn du ein Buch schreiben würdest, ich würde es kaufen!!!"

Snowqueen: Ja - darüber habe ich mich wirklich gefreut. Ich hatte bis dahin schon häufiger im Forum sehr liebes Feedback bekommen und auch die Bitte nach dem Buch kam nicht zum ersten Mal. Doch ich dachte: "Würde ich ja gern, aber braucht das die Welt wirklich?"

Danielle: Na klar! In den Buchläden bekommt man ja unzählige Ratgeber - aber irgendwie keinen, der so richtig, richtig, richtig umfassend ist und wirklich alle Themengebiete tiefgründig betrachtet. Einige Bücher wie Babyjahre von Largo, In Liebe wachsen oder Kinder verstehen sind wirklich klasse - aber irgendwie trotzdem nicht ganz vollständig. 

Snowqueen: Tja, leider warten Verlage ja nicht gerade auf ein Manuskript für das 213. Buch über Babys und Erziehung. Deshalb hatte ich die Idee, einen Blog über all die Inhalte, die mich interessieren, zu schreiben. Aber so ganz allein wollte ich das nicht schultern.

Danielle: Welche Ehre - du hast mich gefragt, ob ich gerne mitmachen möchte!

Snowqueen: Ja, deine kompetenten Antworten in unserem Forum haben mich schon immer beeindruckt. Du warst ja schon lange vor mir dort aktiv und hast dein Wissen weiter gegeben. Wir ergänzen uns einfach auch gut - du weißt viel mehr über Babys als ich und recherchierst total gern. Ich habe mehr Hintergrundwissen bei Erziehungsthemen. Da bot es sich eben an, zusammen einen Blog zu schreiben.

Danielle: Ich muss sagen - am Anfang war ich wirklich skeptisch. Ich hatte bis dahin noch nie einen Blog gelesen und verstand gar nicht so richtig, wie du dir das vorgestellt hast. Also schaute ich mir ein paar Mama- und Babyblogs an und begriff zumindest das Grundprinzip. Dass es ein erfolgreiches Projekt sein könnte, daran zweifelte ich aber trotzdem.

Snowqueen: Es sprach ja nichts dagegen, einfach mal anzufangen. "Gezeugt" wurde der Blog dann in einem langen, langen Gespräch in einem Starbucks im Berliner Zentrum. Dort lernten wir uns dann auch das erste Mal richtig kennen, stimmt´s? Vorher hatten wir nur miteinander gemailt, obwohl wir in der gleichen Stadt wohnen. Ich hatte dich mir ganz anders vorgestellt...

Danielle: Ach so? Wie denn?
Danielle

Snowqueen: So genau weiß ich das nicht mehr. Aber wenn man jemanden im Forum so lange liest, dann hat man einfach ein Bild im Kopf. Die Grundzüge stimmten schon überein - doch deine Stimme war viel tiefer, als ich erwartet hatte. So eine richtig beruhigende Stimme hast du. Du hörst das nicht gern, ich weiß, aber: Die ist voll sexy.

Danielle:  *augenroll* - finde ich ja gar nicht...

Ich war von Dir nicht so sehr überrascht - du warst so nett, sympathisch und tiefenentspannt, wie ich es mir vorgestellt hatte. Auf jeden Fall war das der Beginn einer tollen Freundschaft!

Snowqueen: Das stimmt, wir sind wirklich gute Freundinnen geworden. An diesem Tag haben wir uns dann grob darüber ausgetauscht, wie der Blog inhaltlich aussehen soll. Der erste richtige Meilenstein - und unsere erste Zerreißprobe - war die Namensfindung.

Danielle: Die klassischen, schlagkräftigen (und langweiligen) Namen waren irgendwie alle schon vergeben.

Snowqueen: Oh ja, wir hatten eine ganze Liste: Kiducation, Nur eine Phase, I kid you not, Kinderkram, Anleitung fürs Kind, Elternschule, Frag Mutti....

Danielle: Du schlugst dann "Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn" vor - und ich war zunächst nicht sehr begeistert.
 
Snowqueen: Nein, er war dir viiiiieeeel zu lang. Für mich hatte der Name eine große Bedeutung - ich habe mich echt gefreut, dass du dich darauf eingelassen hast!

Danielle: Erzähl doch mal, warum er so eine Bedeutung für dich hat.

Snowqueen
Snowqueen: Wir mussten sehr lange auf unsere erste Tochter warten: Wir sind vier Jahre lang alle möglichen und unmöglichen Kinderwunschbehandlungen durchlaufen. Ich wurde auch fünf Mal schwanger, habe aber alle Kinder in den jeweils ersten drei Monaten verloren. Dann bekam ich im Kinderwunsch-Forum den Tipp, mal meinen Immunstatus und die Anzahl der Killerzellen testen zu lassen. Ergebnis war, dass mein Immunsystem zu aktiv arbeitete und alle Embryonen als Fremdkörper bekämpft hatte. Mit diesem Wissen wurde ich dann ein sechstes Mal schwanger, diesmal unter Cortison. Und das Kind blieb! Als sie geboren wurde, schrieben wir allen Freunden und Verwandten, dass das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten endlich da ist. Wir waren überglücklich - bis sie in den ersten Entwicklungssprung kam und nur noch weinte. Ich konnte sie gar nicht mehr beruhigen und war ziemlich verzweifelt. Genervt auch, ehrlich gesagt. Ich schrieb eine SMS an meine beste Freundin: "Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn!". Ich liebte meine Tochter, war in dem Moment aber mächtig überfordert.

Und so geht es doch uns allen, nicht wahr? Jedes Kind ist für seine Eltern das "gewünschteste Wunschkind aller Zeiten" und jedes Kind treibt seine Eltern irgendwann einmal in den Wahnsinn. Ich fand diesen scheinbaren Widerspruch als Titel sehr passend für einen Blog, der jungen Eltern helfen sollte, mit den Schwierigkeiten des neuen Alltags besser klar zu kommen. Aber dir war der Name erst nicht ganz geheuer, nicht? Du hättest gern einen knackigeren Titel gefunden...

Danielle: Anfangs schon, das stimmt. Aber ich muss mittlerweile zugeben, dass das "gewünschtestes Wunschkind" doch ziemlich eingängig ist und in den Köpfen hängen bleibt - es ist immerhin der sechsthäufigste Begriff, durch den die Leser auf unserer Seite landen. Und letztendlich konnte ich mich ja auch damit identifizieren - für meine beiden Kinder musste ich auch sechs künstliche Befruchtungen machen lassen - gewünschteste Wunschkinder sind die beiden auf jeden Fall auch! 

Snowqueen: Was googeln die Leute denn sonst noch so für Begriffe, wenn sie bei uns landen?

Danielle: Ein Dauerbrenner sind nach wie vor auch die Entwicklungssprünge: "Baby 8 Wochen", "Baby 12 Wochen" und "Baby 19 Wochen" sind die meistgesuchten Begriffe. Auch "Herr Ningel" und "Herr Nörgel" steigen gerade zu kleinen Internetstars auf.

Snowqueen: Ach, meine beiden Lieblings-Quälgeister....

Danielle: Wie bist du überhaupt auf die Idee dazu gekommen?

Snowqueen: Wir hatten unseren Töchtern jeweils zur Geburt einen Sorgenfresser geschenkt - die beiden saßen im Kinderzimmer auf dem Regal und grinsten mich frech an, als wieder einmal ein besonders anstrengender Tag mit viel Geningel und Genörgel zuende ging. Ich telefonierte gerade mit einer Freundin, die zur gleichen Zeit wie ich ein Kind bekommen hatte. Mit Blick auf die grinsenden Sorgenfresser sagte ich resigniert zu ihr: "Bei uns sind mal wieder Herr Ningel und Herr Nörgel zu Besuch." und sie lachte am anderen Ende der Leitung laut auf. Sie wusste sofort, was ich meine - ihr Tag war nicht besser gewesen. Naja, und das entwickelte sich dann zu einem Insider in unserem Mütter-Freundeskreis. Herr Ningel und Herr Nörgel bekamen dann im Laufe der Zeit sogar noch eine Schwester, Fräulein von Motz und Trotz.

Aber sag mal, ich dachte immer, dass die meisten Eltern "abendliches Schreien" und "mein Kind schläft nicht allein ein" ergoogeln?

Danielle: Durch diese Suchbegriffe finden auch sehr viele über Google zu uns. Am 13. Februar erschien ja unser allererster Artikel: Abendliches Schreien – Wie man Babys effektiv beruhigen kann. Der ist nach wie vor einer unserer erfolgreichsten Artikel überhaupt  - Google platziert ihn in den Suchlisten sehr weit oben, so dass er bis heute 34.246 mal gelesen wurde.

Snowqueen: Das dachte ich mir. Es ist offensichtlich ein Thema, dass junge Eltern wirklich intensiv beschäftigt.
Danielle: Oh, mich hat das auch beschäftigt, als meine erste Tochter geboren wurde! Sie war ein Schreikind und hat gefühlt überhaupt nicht geschlafen... Ich habe in diesem Artikel beschrieben, wie schlimm die erste Zeit für mich war, weil ich so an meinem Instinkt zweifelte. Warum konnte ich mein Kind nicht beruhigen? Im Grunde hatte ich erwartet, dass ich vom ersten Moment an genau instinktiv und intuitiv wissen würde, was mein Kind braucht und wie ich mich anstellen muss. Die Erkenntnis, dass dem nicht so ist, war für mich ein ziemlicher Schock. Und es sagt einem ja kaum einer, wie die Realität ist. Frischgebackene Mütter haben glücklich zu sein!

Ohne Internet wäre ich wahnsinnig geworden, weil ich gedacht habe, dass ich unfähig und die einzige auf der Welt bin, der es so ergeht - dabei ist das abendliche Schreien normal und weit verbreitet. Daher hat mich an unserem Blog besonders gereizt, dass wir damit Müttern die Unsicherheit nehmen können - sie darin zu bestärken, dass Kinder einfach Verhaltensweisen haben, die auf den ersten Blick nicht sinnvoll erscheinen, es aber aus Kindersicht sind.

Snowqueen: Und genau das schaffen wir offenbar, wir haben schon sehr viele nette und dankbare Kommentare bekommen, in denen die Mütter sich freuen, dass wir sie in ihrem Gefühl bestärken und ihnen Ängste nehmen können.

Danielle: Ich hätte mir damals niemals so ein tolles Feedback vorstellen können. Ganz am Anfang hat man ja das Problem, überhaupt Leser für einen Blog zu finden. Was nützt der beste Artikel, wenn ihn niemand liest und weiter empfiehlt? Wir hatten glücklicherweise eine tolle Starthilfe durch unser Lieblingsforum - in den ersten Wochen bestand die Leserschaft im Grunde fast vollständig aus Forumsmitgliedern.

Snowqueen: Das Forum und seine Userinnen sind auch einfach toll! Und schon damals haben einige der Leser uns bei Facebook verlinkt. Es kamen dann tröpfchenweise neue Leser dazu. Wir beide waren da noch nicht bei Facebook angemeldet und wussten gar nicht, wie wertvoll das für uns war. Mittlerweile werden wir hauptsächlich über Facebook angeklickt und über Google gefunden - über 100.000 Suchende landen allein von dort auf unseren Seiten.

Foto: Nein - unser Besucherzähler ist nicht kaputt - wir bedanken uns ganz herzlich bei allen unseren Lesern für das große Interesse! Nach nur 4,5 Monaten haben wir die magische Marke von 100.000 Zugriffen erreicht (das war eigentlich unser - vermeintlich größenwahnsinniges - Ziel für das erste Jahr).Danielle: Apropos - 100.000 - weißt Du noch? Das war unser überaus kühnes Ziel fürs erste Jahr - nicht mal Besucher, sondern nur Seitenaufrufe... Du hieltest das für ein gewagtes Ziel. Wobei wir da bei anfänglich etwa 300 Klicks pro Tag durchaus Grund zur Hoffnung hatten.

Snowqueen: Das Ziel haben wir dann tatsächlich schon nach 4,5 Monaten erreicht - wir waren total verblüfft und auch ein bisschen, tja, eingeschüchtert von dem Erfolg, oder? Vor allem Facebook trug dazu bei, unseren Leserkreis beständig zu erweitern (vielen Dank übrigens für die Inspiration diesbezüglich, Katrin!).

Danielle: Facebook ist wirklich ein unglaublicher Multiplikator. Jetzt schon legendär ist der Beitrag Lebensgefährlich, gesundheitsgefährdend und ungesund - Was Eltern unbedingt wissen sollten. Der Artikel wurde so oft geteilt, dass ihn bis heute 49.501 Menschen gelesen haben. Und über 3.700 "Likes" gab es für ihn - auch ein absoluter Rekord. Neben solchen Höhepunkten gibt es natürlich auch Tiefpunkte beim Bloggen - da hatten wir auch einen ganz fiesen.

Snowqueen: Der Weihnachtsgeschenkartikel für die 2- bis 3-Jährigen! Oh ja- das war wirklich dramatisch. Ich habe ganze zwei Wochen jeden Tag mehrere Stunden fieberhaft daran geschrieben, damit er rechtzeitig vor Weihnachten fertig wird. Das war mein Meisterstück! Und an dem Morgen, als er veröffentlicht werden sollte, hast du mich auf dem Weg zur Arbeit angerufen, weißt du noch? 

Danielle: Oh ja, ich hatte wirklich Angst, es dir zu sagen... Als ich deinen Artikel öffnen wollte, um ihn online zu stellen...

Snowqueen: ....war er weg. Nichts mehr da. Kein einziges Wort. Als ich das am Telefon hörte, ist mir das Herz in die Hose gerutscht. So viel Arbeit! Einfach futsch. Ich hatte da echt unendlich viel Herzblut reingesteckt. Ich sagte zu dir: "Ich kann das nicht nochmal schreiben. Ich kann nicht."

Danielle: Ich hatte ja die Hoffnung, dass du ihn irgendwie gesichert hast.

Snowqueen: Hüstel. Nee, hatte ich nicht. Ich hatte bis dato noch keinen meiner Artikel irgendwie gesichert. Schön blöd. Aber wer erwartet so einen Super-Gau? Naja, seitdem speichere ich alles doppelt und dreifach.

Danielle: Du hast dich aber dann doch nochmal an den Artikel gesetzt...

Snowqueen: Ja, habe ich. Aber zuerst habe ich noch zwei andere Geschenk-Artikel geschrieben. Ich brauchte einfach ein bisschen Zeit, um mich von dem Schock zu erholen und meine Wunden zu lecken. 

Danielle: Aber es hat sich dann ja doch gelohnt - immerhin 8.615 Besucher haben ihn bis jetzt gelesen - wodurch er der erfolgreichste der Geschenk-Artikel-Reihe wurde.

Snowqueen: Es gab noch einen anderen Tiefpunkt im letzten Jahr - weißt du was ich meine?

Danielle: Unser kleines Burn-Out?

Snowqueen: Genau. Bei mir war es nicht einmal nur ein Burn-Out, es war eine handfeste Schreibhemmung. Wir hatten monatelang nonstop neben unser festen Arbeit und unseren Familien Artikel geschrieben und recherchiert. Irgendwann blieb ich dann an einem Absatz "hängen" und konnte gar nicht mehr weiter schreiben. So etwas war mir vorher noch nie passiert, nicht einmal im Studium.

Danielle: Kannst du heute sagen, woran es lag?

Snowqueen: Ich denke, ich hatte uns ein zu hohes Pensum gesetzt. Ich wollte, dass sich der Blog etabliert und schnell eine feste Leserschaft bekommt. Deshalb hatten wir am Anfang einen Rhythmus, bei dem wir ca. alle drei Tage einen Artikel veröffentlichten. Aber bei der Länge und der Qualität unserer Texte ist so ein Pensum schlicht unmöglich einzuhalten, zumal wir ja, wie gesagt, ganz nebenbei noch Vollzeit arbeiten und unsere Kinder haben. Wobei du dich ganz tapfer gehalten hast, Danielle.

Danielle: Ich hatte aber auch... naja, nicht die Lust verloren, aber es war schon irgendwann die Luft raus. Ein Mini-Burn-Out sozusagen. Es war einfach ziemlich anstrengend, immer schreiben zu müssen. Dabei hatten wir den Blog doch vor allem gestartet, um unserem Hobby, dem Schreiben, zu frönen. Es sollte uns Spaß machen.

Snowqueen: Ganz genau, es sollte uns Spaß machen. Deshalb haben wir eine kleine Pause gemacht. Drei Wochen waren es, oder?


Danielle: Ja, so ungefähr. Und wir haben daraus gelernt. Jetzt nehmen wir uns regelmäßig Urlaub vom Blog, zwischen Weihnachten und Silvester war der letzte. So können wir ganz gut Kraft tanken. Und wir haben keinen festen Rhythmus - wir haben uns jedoch vorgenommen, mindestens einen Artikel in der Woche zu veröffentlichen.

Snowqueen: Wann und wo schreibst du eigentlich am Blog? Wie sollen sich unsere Leser dich vorm PC vorstellen? Mit Kaffee? Tee? Und einer Tüte Süßigkeiten? Oder bist du von Büchern umringt?

Danielle: Ich schreibe häufig in der Mittagspause auf Arbeit, das entspannt mich. Abends sitze ich dann gemütlich mit einem Laptop auf dem Sofa - ein schönes Glas Wein in der Hand und mein Bücherregal in Reichweite. Die Süßigkeiten sind abgeschafft - ich verliere mich so in den Artikeln, dass die einfach in Mengen verschwinden, die mich schaudern lassen. Muss wohl die Katze mopsen... Wo und wann schreibst du denn, Snowqueen?





Snowqueen: Ich bin ja gerade schwanger und deshalb nicht mehr im regulären Schuldienst, sondern im Büro. Ich muss dort auch nicht ganz so früh auf der Matte stehen, was mir sehr entgegen kommt. Wenn ich also morgens meine Mädels in den Kindergarten gebracht habe, setze ich mich noch für ein bis zwei Stunden in mein Lieblingscafé und schreibe dort. Ich mag es, wenn um mich herum die Leute ein- und ausgehen und die Musik ist auch gut. Blöd ist, dass ich immer einen Stapel Bücher zur Recherche mitschleppe. Aber sonst finde ich meinen Blog-Arbeitsplatz ideal! Es gibt sogar Leser, die wissen, in welchem Café ich sitze und sie besuchen mich manchmal dort. Das finde ich immer sehr schön.

Danielle: Und - Tee oder Kaffee?

Snowqueen: Das kommt drauf an, was mein wankelmütiger Schwangerschaftsbauch an dem Tag gerade möchte. Oft ist es eine Tasse Earl Grey Tee mit viel Zucker, ebenso oft ist es ein großer entkoffeinierter Vanilla Latte mit Sahne, manchmal etwas völlig anderes. "Meine" Barista hinterm Tresen machen sich jeden Morgen einen Spaß daraus, zu raten, was ich heute will. Einer davon - Nikolai - hat es echt drauf: Er liegt jedes Mal richtig! Wahrscheinlich hat er auch eine schwangere Frau zuhause... In jedem Fall bestelle ich neben meinem Getränk noch etwas zu essen. Heute ist es zum Beispiel Käsekuchen.



Danielle: Lecker! Sag mal, welcher Artikel hat Dich im letzten Jahr eigentlich am meisten bewegt?

Snowqueen: Bewegt haben mich die beiden Artikel zum "ELTERN"- Interview mit Frau Kast-Zahn (hier und hier). Es passiert selten, dass mir Artikel innerhalb weniger Stunden aus den Fingern fließen - dort war es so. Ich musste einfach meine Sichtweise zu Schlaflernprogrammen loswerden, auch, weil es mich so geschockt hat, wie gut Frau Kast-Zahn sich und ihr Produkt verkauft. Eng damit zusammenhängend sind ja auch meine Artikel zur Erziehung unserer Eltern und Großeltern (hier, hier und hier). Auch diese haben mich beim Schreiben emotional sehr berührt. Wenn man da noch ein Stück weiter in die Vergangenheit schaut und guckt, wie die Schwarze Pädagogik am Ende des 19. Jahrhunderts unsere Vorfahren verbogen hat, muss man sich tatsächlich gar nicht mehr wundern, warum so viele Deutsche dem "Führer" zu bereitwillig und enthusiastisch gefolgt sind. Und was hat Dich so bewegt?

Danielle: Mich hat am meisten der Artikel übers Loben oder besser Nicht-Loben bewegt. Das ist das Urgestein der bisher unveröffentlichten Artikel - ich bin aber optimistisch, ihn in den nächsten Tagen (oder Wochen?) fertig zu stellen.

Snowqueen: Stimmt, der Loben-Artikel.... der ist aber auch wichtig und muss einfach gut werden. Kein Wunder, dass du da immer noch dran arbeitest. Du hattest im letzten Jahr doch eine richtiges "Aha"-Erlebnis, was das Thema Loben angeht - deshalb liegt er dir so am Herzen.

Danielle: Oh ja - das war der Auslöser, dass meine Grundsätze zum Thema Erziehung plötzlich vollkommen durcheinander gewirbelt wurden. Meine Tochter konnte immer schlechter bei Spielen verlieren - in einem Forum las ich, dass das damit zusammenhängen könnte, dass sie aktiv versucht, zu gewinnen, um Lob einzuheimsen. Ich wollte darüber schreiben und du hast mir für den Artikel Alfie Kohns Liebe und Eigenständigkeit in die Hand gedrückt. Ich habe es zutiefst bewegt gelesen und meine Sicht auf meine Kinder hat sich komplett geändert. Ich bin beim Attachment Parenting angekommen und zutiefst dankbar, diesen für uns richtigen Weg gefunden zu haben - ohne unseren Blog wäre das nie passiert!

Snowqueen: Welche Artikel des letzten Jahres sind dir noch besonders wichtig?

Danielle: Der Artikel zu Wochenbettdepressionen  ist für mich sehr emotional aufgeladen, da ich dort sehr persönlich über meine Anfänge als Mama schreibe. Meine jetzt bald 5-jährige Tochter war ein absolutes Wunschkind - umso schlimmer war es für mich, dass ich in ihrem ersten Lebensjahr sehr zu kämpfen hatte, weil die Babyzeit so ganz anders war, als ich es mir erträumt habe. Interessant waren für mich auch die Recherchen zu den Artikeln Die "Eisen-Lüge" - warum Stillkinder nicht unter Eisenmangel leiden und 2er, 3er, Kindermilch - Ist Folgemilch tatsächlich ungesund und überflüssig?, weil die Ergebnisse zu Tage brachten, mit denen ich nicht gerechnet hätte. 

Aber wo wir gerade über die Artikel reden - uns wird immer wieder gesagt, unsere Texte sind eigentlich zu lang für einen Blog.

Snowqueen: Sind sie ja auch! Sie sind ellenlang. Das ist nicht jedermanns Sache, das verstehe ich. Mir ist aber immer wichtig, möglichst alle Aspekte eines Themas zu beleuchten. Das Für und Wider. Ich mag Artikel in Zeitschriften, Blogs oder Foren nicht, die zwar eine tolle Überschrift haben und Lust aufs Lesen machen, dann aber keine konkreten Tipps oder fundiertes Wissen parat halten. Ich weiß, dass das Journalismus ist, aber mich befriedigt so ein oberflächlicher Artikel selten. Ich habe es auch gern, wenn die Quellen der Zitate mit angegeben sind, damit ich gegebenenfalls nachlesen kann. Deshalb haben wir uns entschieden, eben zwar zu lange, dafür aber detaillierte Artikel zu schreiben. Ich hoffe, dass unsere Leser uns das verzeihen ;-). 

Danielle: Auf welche neue Themen können sich unsere Leser denn in diesem Jahr freuen? Woran schreibst du gerade?

Snowqueen: Es gibt gerade unheimlich viele Themen, die mich sehr reizen. Auf jeden Fall werde ich in den nächsten Tagen beginnen, einen Artikel über "Frühförderung" zu schreiben. Mir ist aufgefallen, dass in den Foren oft danach gefragt wird, wie und mit welchen Spielzeugen man sein Baby am besten fördern kann. Ich möchte die Eltern bestärken, dass weniger oft mehr ist und meine These mit den Ergebnissen der Hirnforschung verbinden. Aus aktuellem Anlass werde ich mich auch nochmal mit aggressivem Verhalten bei Kindern ab 3 Jahren beschäftigen. Ich weiß, dass zumindest eine sehr treue Leserin sehr gespannt auf diesen Artikel wartet.

Dann werde ich natürlich meine Serie zur Erziehung der Großeltern und Eltern weiterführen, vielleicht erweitere ich das Ganze noch um die Schwarze Pädagogik des 19. Jahrhunderts. Eng damit verbunden wird ein Artikel zu dem Thema, welche Sätze man seinen Kindern nie sagen sollte, sein. Der liegt mir schon lange am Herzen, aber bisher habe ich mich noch nicht so richtig ran getraut. 

Da im Frühling unser drittes Kind geboren wird, werden sicherlich auch endlich ein paar Artikel zum Stillen dazu kommen. Darum wurden wir ja schon öfter gebeten, sie sind wirklich überfällig.

Worüber schreibst du so, Danielle?

Danielle: Auf meiner To-Do-Liste steht noch ein Artikel zu Reboardern. Da ist ganz schön viel zu recherchieren. Aktuell schreibe ich an einem Artikel zum Thema "Plötzlicher Kindstod" - damit beschäftige ich mich ja schon sehr lange sehr intensiv. Das wird sehr interessant werden, weil ich die recht provokante Frage stelle: "Gibt es den plötzlichen Kindstod überhaupt?" Ich habe interessante Fakten dazu recherchiert. Der Artikel über das Loben ist auch kurz vor der Vollendung.

Ich plane gar nicht soo viel - die Themen ergeben sich häufig spontan. Allmählich habe ich das Gefühl, dass wir über (fast) alles schon geschrieben haben. Ich lass mich überraschen, was das zweite Blogjahr so mit sich bringt - ich mag Spontanität. Oft kommen ja auch noch Mini-Projekte dazu, mit denen keiner rechnet:  Im letzten Jahr waren wir z. B. überraschend Autor des Tages bei Paperblog, haben eine Anfrage für einen Gastartikel bei Marktjagd bekommen und zwei Verlage fragten an, ob wir ein Wunschkind-Blog-Buch veröffentlichen wollen.

Snowqueen: Der Erfolg hat uns wirklich überrumpelt - und natürlich sehr gefreut. Ich muss aber gestehen, ich bin ein bisschen eifersüchtig auf dich, Danielle: Es sind immer deine Artikel, die so Wellen schlagen und auf anderen Seiten verlinkt oder bei Facebook geteilt werden!

Danielle: Ach Quatsch!

Snowqueen: Doch, doch, du hast es einfach drauf, wichtige und populäre Themen aufzugreifen. Es bereitet mir keine schlaflosen Nächte, keine Angst, aber aufgefallen ist es mir schon.

Danielle: Dabei stimmt das überhaupt nicht! Mit dem "Lebensgefährlich"-Artikel hatte ich Glück - er ist im Schneeballsystem durch Facebook gerollt. Ganz oben auf den Rängen steht aber Deine Artikel-Reihe zu dem Entwicklungsschüben. Die haben mittlerweile insgesamt etwa 186.600 Mütter und Väter gelesen - das weißt Du nur nicht, weil Du nie in die Statistiken schaust! Die Top 10-Artikel sind genau zwischen uns aufgeteilt.

Und ich schreibe durchaus nicht nur die am meisten gelesenen Artikel, sondern auch die am wenigsten gelesenen - Petzen im Kleinkindalter - Warum oft keine böse Absicht dahinter steckt und wie man am besten darauf reagiert fand ich eigentlich ganz gut gelungen - aber er hat gerade mal 900 Leser gefunden und ist damit ganz oben auf der Flop-Liste :-(. Du hingegen hast es noch nicht geschafft, einen Artikel mit nur dreistelliger Leserschaft zu schreiben!

Snowqueen: Okay, erwischt - in die Statistik gucke ich wirklich eher selten. Hm - vielleicht sollte ich mich doch öfter mal damit beschäftigen? Dann fang ich gleich mal an und beende diesen Jubiläumsartikel mit der Statistik für das erste Blogjahr (Stand heute 8:24 Uhr):


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Bildnachweise

Geburtstagskerzen: Helene Souza  / pixelio.de