"Das Attachment Parenting Buch - Babys pflegen und verstehen " - William und Martha Sears (mit Verlosung)


Ich hatte ja schon im Artikel über die besten Bücher über Kinder schon beiläufig erwähnt, dass ich so ziemlich alles lese, was mir diesbezüglich in die Hände gerät. Eine unserer Leserinnen empfahl mir das Buch "Geborgene Babys" von Julia Dibbern. Als ich das Verlagsprogramm so durchblätterte, fiel mir das Buch "Das Attachment Parenting Buch - Babys pflegen und verstehen" von Willam und Martha Sears ins Auge - beide Bücher stellte mir der tologo-Verlag freundlicherweise für eine Rezension zur Verfügung. Mit dieser Rezension erhaltet ihr gleichzeitig einen kurzen Einblick in das Thema Attachment Parenting. 

 

Was ist eigentlich Attachment Parenting?

 
Dieser Frage werde ich noch einen ausführlichen Artikel widmen - daher beschränke ich mich an dieser Stelle auf eine kurze Zusammenfassung: Attachment Parenting (AP) ist ein Erziehungsansatz, bei dem es darum geht, die Signale des Babys zu lesen und auf diese angemessen zu reagieren. Im Vordergrund steht es, eine starke Bindung zum Kind aufzubauen, um dessen Vertrauen in sich selbst und seine Bezugspersonen so zu stärken, so dass es ein hohes Maß an Selbstsicherheit entwickelt und mitfühlend auf seine Umwelt reagiert.
 
Die stark bindungsorientierte Zuwendung ist zwar in den ersten Lebensmonaten zunächst sehr aufwändig - das dabei gewachsene Urvertrauen führt jedoch dazu, dass sich das Zusammenleben - auch später - sehr harmonisch gestaltet.
 
Ich selbst bin vor knapp 2 Jahren durch Alfie Kohns "Liebe und Eigenständigkeit" darauf gestoßen, dass meine bis dahin praktizierte Erziehung zwar den gängigen Idealen und Empfehlungen entspricht, aber alles andere als kindgerecht ist. Mir wurde klar, dass wir heutzutage viel zu viel Wert auf das Funktionieren und Gehorchen legen und dabei aus den Augen verloren haben, dass Kinder von Grund auf kooperativ sind und gar nicht aktiv geformt werden müssen. AP ist die "natürliche" Erziehung - sie wird vor allem in Naturvölkern praktiziert und würde von allen gelebt werden, die nicht den Einflüssen der Umwelt und der Wissenschaft ausgesetzt werden - denn letztendlich heißt AP nichts anderes als: Nimm Dein Kind an, wie es ist und begleite es liebevoll, während Du grundsätzlich davon ausgehst, dass Dein Kind "gut" ist.
 
 

Das Buch

 
Das Buch besteht aus dreizehn Kapiteln. Ich möchte diese im Folgenden kurz zusammenfassen:
 

Miteinander verbunden werden - Wie sie es schaffen

 
Im ersten Kapitel gibt es eine Einführung zu den Grundlagen des AP. Um die Signale des Babys besser zu verstehen und angemessen darauf reagieren zu können, gibt es verschiedene "Tools". In der Übersetzung werden diese "Werkzeuge" genannt - ich würde sie eher als "Hilfsmittel" oder "Instrumente" bezeichnen. Das sind im Einzelnen: Bonding nach der Geburt, Stillen, Tragen, gemeinsames Schlafen, der Glaube an das Weinen, Gleichgewicht und Grenzen und Vorsicht vor Babytrainern (wie man hier erkennt - die Übersetzung ist stellenweise leider nicht ganz so gelungen ;-).
 
Sears betont dabei, dass diese Instrumente manchmal aus persönlichen oder familiären Gründen nicht umfassend angewendet werden können - AP sei aber dennoch möglich. Es komme lediglich darauf an, dass man das Beste aus seiner Situation und den Umständen macht.
 

Der Nutzen des Attachment Parenting

 
Bei diesem Artikel erkennt man die amerikanische Herkunft des Buches - etwas marktschreierisch wird darauf eingegangen, warum AP sinnvoll ist und welche Vorteile es hat. Ich bin von dem Konzept ja schon vollkommen überzeugt, so dass ich unsicher bin, wie das jemand liest, der sich zum ersten Mal damit befasst. AP macht Kinder klüger und gesünder - AP führt dazu, dass Babys besser gedeihen und sich besser benehmen. Es fördert Vertrautheit, Empathie und Zusammenarbeit. Klingt teilweise etwas gewagt - inhaltlich sind die Argumentationen aber vollkommen nachvollziehbar und decken sich mit meinen eigenen Erfahrungen.
 

Was Attachment Parenting nicht ist

 
Leider gibt es immer wieder Missverständnisse in Bezug auf das AP. Daher stellt Sears in diesem Kapitel klar, was AP eben nicht bedeutet. Es geht beispielsweise nicht darum, Kindern vorbehaltlos alles zu geben, was sie fordern. Vielmehr geht es darum zu unterscheiden, was sind Wünsche und was sind echte Bedürfnisse. Das Kind steht bei dieser Erziehungsform nicht im alleinigen Mittelpunkt - maßgeblich sind stets die Bedürfnisse aller. Es wird lediglich gewichtet: Wessen Bedürfnis kann am wenigsten aufgeschoben werden? Die der Neugeborenen grundsätzlich nicht - aber mit steigendem Alter ist dem Kind durchaus Frustration oder Wartezeit zuzumuten. Ziel ist also keine liberale Erziehung, bei der das Kind tut, was es will und die Eltern dies in ein einem Märtyrertum begleiten, sondern dass die Bedürfnisse aller Familienmitglieder berücksichtigt werden.
 

Bonding bei der Geburt und darüber hinaus

 
In diesem Kapitel wird erklärt, warum die ersten Stunden nach der Geburt so wichtig für Mutter und Kind sind. Es enthält zahlreiche Tipps, wie man den Aufbau der Bindung in den ersten Wochen erleichtern kann und auch, wie der Vater dabei gut eingebunden wird. Außerdem ist das Wochenbett Thema - und welche Rolle Unterstützung, Ernährung und Ruhe spielen.
 

Stillen

 
Die meisten AP-Mütter versuchen, ihre Kinder zu stillen. In diesem Kapitel geht es um die Vorteile des Stillens und es gibt einige Tipps, wie die Stillbeziehung erfolgreich wird. Sears stellt auch fest, dass es manchmal harte Arbeit ist und manche scheitern werden - aber selbst ohne Stillen kann man eine tiefe Beziehung zum Kind aufbauen. Auch für die Flaschenfütterung gibt es einige Tipps. Es wird außerdem kurz auf das Langzeitstillen eingegangen.
 

Das Baby tragen

 
Das Tragen ist das zentrale "Instrument" des AP. Nach einer kurzen Einführung, wie man richtig trägt, wird thematisiert, warum es unsere Babys motorisch und sprachlich fördert. Tragen erleichtert außerdem das Stillen und führt dazu, dass wir viel besser in der Lage sind, auf die Signale des Kindes zu reagieren - dadurch verringert sich die Schreidauer deutlich. Außerdem führt Tragen dazu, dass wir im Alltag deutlich weniger eingeschränkt sind, weil Ausgehen und Reisen in der Regel deutlich unproblematischer ist, als mit dem Kinderwagen. Es tolles Plädoyer für das Tragen, durch das deutlich wird, dass Tragetücher mittlerweile kein Ökoding mehr sind, sondern im Grunde zur Grundausstattung gehören sollten.
 

Glaube an die Signalwirkung des Weinens

 
In diesem Abschnitt des Buches geht es darum, dass es elementar wichtig ist, auf das Schreien eines Babys unverzüglich zu reagieren. Wichtig ist es, immer wieder daran zu denken, dass Weinen Kommunikation und nicht Manipulation ist. Es geht um das Schreiverhalten allgemeint und um - Sears nennt sie 24-Stunden-Babys - Babys, die sehr ausgeprägte Bedürfnisse haben und diese rund um die Uhr kundtun. Die Kernaussage ist: Lass das Baby niemals alleine Weinen - egal, was auch immer dir vorgeschlagen wird. 
 

Gemeinsam mit dem Baby schlafen

 
Das Familienbett vereinfacht es enorm, die Bedürfnisse des Kindes früh zu erkennen und führt in der Regel dazu, dass Mutter und Kind (und meist auch der Vater) deutlich besser schlafen, als wenn das Kind im eigenen Kinderzimmer gebettet wird. Es wird erklärt, dass gemeinsamer Schlaf zu einer Synchronisation der Schlafphasen von (stillender) Mutter und Kind führt und auch ein Schutz vor dem plötzlichen Kindstod bietet - wenn eine Reihe von Empfehlungen beachtet wird. Außerdem geht es um die Entwöhnung von nächtlichen Dauerstillern.
 

Gleichgewicht und Grenzen

 
Attachment Parenting wird häufig fälschlicherweise beschrieben mit "grenzenloser Erziehung", die allein auf das Kind zentriert ist. Dem ist überhaupt nicht so - beim AP geht es drum, die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zu berücksichtigen. In diesem Kapitel wird zum einen erklärt, was man tun kann, wenn die eigenen Bedürfnisse im ersten Lebensjahr des Babys zu kurz kommen und zum anderen, wo die Grenze des "Verziehens" beginnt und wie man dem entgegenwirken kann.
 

Hüten Sie sich vor Babytrainern

 
Babytrainer (diese Übersetzung - furchtbar ;-) - sind alle diejenigen, die der Meinung sind, dass sich ein Kind in das vorhandene Leben der Eltern einpassen müsse. Also diejenigen, die erstaunt fragen: "Du stillst noch?" oder warnen: "Dein Kind wird noch mit 10 Jahren bei Euch im Bett liegen!" Babytrainer haben das Bedürfnis, Eltern starre Vorgaben zu machen, um das Leben vermeintlich zu vereinfachen. Diejenigen, die sagen: "Du musst das Kind auch mal schreien lassen, es will Dich ja nur manipulieren!"

In dem Kapitel geht es darum, dass sich AP und jede Form von Training ausschließen. Sears berichtet aus seiner Praxis, wie sich das gezielte Nichtreagieren auf die Äußerung von Bedürfnissen auf die Kinder auswirken kann. Er geht auch darauf ein, wie man sinnvoll auf Vorschläge reagieren kann, ohne die Babytrainer (die ja auch mal Mutter oder Oma sind) vor den Kopf zu stoßen.
 

Arbeiten und verbunden bleiben

 
Auch wenn eine enge Bindung dazu führt, dass man als AP-praktizierende Mutter in der Regel in der ersten Zeit weniger gerne wieder die Berufstätigkeit aufnimmt, steht auch eine frühe Wiederaufnahme steht dem AP-Konzept nicht entgegen - wie man Berufstätigkeit und bedürfnisorientierte Erziehung vereinbaren kann, darauf wird in diesem Abschnitt des Buches näher eingegangen. 
 

Attachment Parenting für Väter

 
Bis auf das Stillen können Väter im Grunde alle Instrumente des AP genauso gut nutzen, wie Mütter. Sears beschreibt in diesem Kapitel seine eigenen Erfahrungen - wie er die ersten Jahre seiner zwei ältesten Kinder im Grunde versäumt hat und wie ihn seine Tochter - ein 24-Stunden-Baby - zwang, seine Vaterrolle endlich wahrzunehmen. Es werden viele Tipps gegeben und Väter vor allem ermutigt, sich in den ersten Monaten und Jahren aktiv bei der Betreuung des Kindes einzubringen.
 

Attachment Parenting in besonderen Situationen

 
Mit "besonderen Situationen" sind Alleinerziehende, Eltern mit 24-Stunden-Babys, Mehrlinge, Adoptiveltern und Eltern mit kranken Kindern gemeint. Sears selbst hat ein Adoptivkind, ein Kind mit Down-Syndrom und ein Kind mit besonderen Bedürfnissen gehabt, so dass er Eltern ermutigen kann, auch bei diesen Kindern - oder viel mehr gerade gezielt bei diesen Kindern das Attachment Parenting zu praktizieren.
 

Attachment Parenting Erfahrungsberichte

 
Im letzten Kapitel des Buches kommen abschließend kurz einige AP praktizierende Eltern zu Wort, die in kurzen Berichten schildern, wie sie zum Attachment Parenting kamen und warum es für sie genau richtig ist.
 

Für wen ist dieses Buch besonders geeignet?


Ich kenne im Grunde nur zwei Personengruppen, die AP "praktizieren" - am häufigsten sind das Mütter, die selbst so aufgewachsen sind. Eine meiner Freundinnen hatte das Glück, dass ihre Mutter es selbstverständlich fand, ihr Kind lange zu stillen, bei ihm zu schlafen und es viel zu tragen. Für meine Freundin ist es vollkommen selbstverständlich, diese Erziehung nun auch zu leben. Es ist für sie Erziehung rein aus dem Bauch heraus - vollkommen natürlich. Sie braucht ein solches Buch natürlich nicht, weil sie AP einfach lebt, ohne groß darüber nachzudenken.

Manche Mütter sind - wie ich - eher auf Umwegen beim AP gelandet. Sie waren zunächst beeinflusst von ihrer eigenen Erziehung, die so gar nichts mit der bedürfnisorientierten Erziehung zu tun hatte. Ihr Umfeld unkte, dass man die Kinder nicht verwöhnen solle und dass Babys beizeiten aktiv erzogen werden müssten. Ich wünschte, ich hätte dieses Buch gelesen, als ich damals verzweifelt neben meinem nicht in seinem Bett schlafenden Schreikind gesessen habe. Auch wenn ich es heute wirklich nicht mehr nachvollziehen kann - mein Bauchgefühl hat mir eben nicht gesagt: Nimm das Kind hoch, es will einfach nur getragen werden. Nein - stattdessen dachte ich, ich müsse das Kind "an das Bett gewöhnen"...

Ich hatte beim Lesen des Buches häufig Tränen in den Augen (suboptimal im voll besetzten Zug) - weil ich immer wieder dachte: "Es ist soooo einfach, warum habe ich es denn bloß nicht geschafft, mein Baby so einfach glücklich zu machen?" Kurzum: Dieses Buch ist für alle diejenigen, die irgendwie fühlen, dass Tragen, Stillen und Familienbett eigentlich genau das richtige sind und die sich vom Umfeld etwas unter Rechtfertigungsdruck gesetzt fühlen. Oder für diejenigen, die ein unglückliches Baby haben und nicht recht wissen, wo das Problem liegt.

Wenn ihr dieses Buch gelesen habt, dann seid ihr sicher, dass Euer Bauchgefühl vollkommen richtig ist - und ihr habt die Möglichkeit, auf die Verwöhnargumente sachlich einzugehen. Ganz besonders empfehlenswert ist das Buch natürlich auch für Schwangere oder frische Mütter - es sei denn, sie sind sowieso schon vom AP überzeugt.

Für mich selbst hat das Buch nicht so viel Neues enthalten - aber einfach nur, weil ich mir das Wissen, das dort interessant und unterhaltsam aufbereitet ist, in harter Arbeit in den letzten Jahren zusammengelesen und -recherchiert habe.
 
Unseren Blog kann man übrigens unterstützen, wenn man das Buch (oder auch etwas anderes ;-) über diesen Link bestellt :-).

© Danielle 

Dieser Artikel enthält Affiliate-Links - besucht jemand über einen solchen Link die Amazon-Seite und kauft dort ein, erhalten wir für alle verkauften Produkte eine kleine Provision :-). Diesen Betrag nutzen wir beispielsweise um unsere Webseite zu hosten und zu pflegen.

Künstliche Befruchtung - Unfruchtbarkeit behandeln


Welche Gründe gibt es für Unfruchtbarkeit? Wie kann man sie behandeln und was kosten diese Kinderwunschbehandlungen?


Irgendwann im Leben wünschen sich die meisten Menschen ein Kind - für die meisten geht dieser Wunsch recht schnell und unkompliziert in Erfüllung - etwa 60 % der Frauen werden in den ersten 4 Zyklen schwanger, innerhalb eines Jahres schaffen das etwa 80 %. Aber immer mehr Menschen müssen warten - aktuell bleibt jedes zehnte Paar ungewollt kinderlos. Von einer Sterilität spricht man, wenn auch nach 12 Monaten ungeschütztem, regelmäßigem Geschlechtsverkehr noch immer keine Schwangerschaft eingetreten ist. 

Wir selbst haben einen langen, langen Kinderwunschweg hinter uns. Bevor unsere insgesamt fünf gewünschtesten Wunschkinder im Alter von fünf Monaten bis fünf Jahren geboren wurden, haben wir unzählige Kinderwunschbehandlungen hinter uns gebracht - insgesamt 35 Inseminationen, 7 künstliche Befruchtungen und 6 Kryozyklen. Wir möchten daher heute über ein für unseren Blog etwas ungewöhnliches - aber in unseren Augen sehr wichtiges - Thema schreiben. Welche Gründe für die Unfruchtbarkeit gibt es? Wie kann man sie behandeln und was kostet das Ganze? 
 
Kinderwunschpaar auf einer Brücke

Unfruchtbarkeit - welche Gründe gibt es dafür? 


Mittlerweile bleibt in Deutschland jedes zehnte Paar trotz Kinderwunsch und regelmäßigem Sex ungewollt kinderlos - Tendenz steigend. Das ist zum Teil dadurch bedingt, dass das Durchschnittsalter, in dem heute die erste Schwangerschaft geplant wird, immer höher wird. Das Alter wirkt sich leider recht deutlich sowohl auf die weibliche, als auch auf die männliche Fruchtbarkeit aus. Aber auch andere Einflüsse führen dazu, dass die Fruchtbarkeit immer stärker sinkt.

Die Ursachen sind vielfältig - bei etwa 40% der Kinderlosen ist der Mann in Bezug auf die Zeugungsfähigkeit eingeschränkt, bei etwa 40% der Paare liegt der Grund bei der Frau - und bei 10% liegt sogar bei beiden Partnern eine Störung der Fruchtbarkeit vor. Bei den übrigen 10 % wird auch trotz intensiver Suche kein Grund für die Kinderlosigkeit gefunden - bei ihnen wird eine sogenannte ideopathische Sterilität diagnostiziert.

Hormonelle Ursachen der Kinderlosigkeit


Es gibt eine Vielzahl hormoneller Störungen, die Ursache der Kinderlosigkeit sein können. Etwa ein Drittel aller Paare ist davon betroffen. Anzeichen dafür sind ein unregelmäßiger Zyklus oder das Ausbleiben der Monatsblutung. Die Störungen sind zum Teil recht einfach zu beheben, wenn man sie erst einmal erkannt hat. Um hormonelle Ursachen zu erkennen, bedarf es eine ausführlichen Untersuchung des Blutes. Bestimmt werden die zyklusrelevanten Hormone LH, FSH und Östrogen und ggf. noch andere Hormone. Sind LH und FSH extrem niedrig, deutet das bspw. auf eine Störung der Hypophyse hin - sind sie außergewöhnlich hoch, kann das auf vorzeitige Wechseljahre hinweisen.

Das Syndrom polyzystischer Ovarien (PCO) geht mit einer Erhöhung der männlichen Hormone und häufig einer Insulinresistenz einher und kann mit dem Ultraschall entdeckt werden - an den Eierstöcken reifen ganz viele kleine Follikel, ohne dass es zu einem Eisprung kommt. Weitere hormonelle Ursachen sind eine Gelbkörperschwäche, eine Fehlfunktion der Schilddrüse oder ein zu hoher Prolaktinspiegel.

 

Organische Ursachen der weiblichen Sterilität


Auch bei den organischen Ursachen gibt es vielfältige Erkrankungen, die Ursachen der Kinderlosigkeit sein können. Verwachsene Eileiter, Myome oder andere Verwachsungen in der Gebärmutter sowie Zysten können ebenso ursächlich sein, wie angeborene Fehlbildungen der Fortpflanzungsorgane. Sehr häufig leiden Frauen unter Endometriose - das ist eine Wucherung von Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter, die mit sehr schmerzhaften Monatsblutungen einher geht.

Ursachen der männlichen Zeugungsunfähigkeit


Die männliche Fruchtbarkeit kann durch mehrere Faktoren eingeschränkt sein. Am häufigsten sind Störungen der Samenproduktion, aber auch verschlossene Samenleiter,  Krampfadern in den Hoden, Spermienantikörper, Impotenz oder Entzündungen können sich auf die Erfüllung der Kinderwunsches auswirken. Auch genetische Gründe können vorliegen - das ist jedoch eher selten der Fall.

Welche Diagnostik wird bei unerfülltem Kinderwunsch durchgeführt?


Bleibt der Wunsch nach einem Kind länger als 12 Monate unerfüllt, sollte man sich an ein Kinderwunschzentrum wenden. Im Internet gibt es Listen, in denen alle Kinderwunschkliniken nach Bundesländern sortiert sind. Ich würde immer empfehlen, sich gleich an die Profis zu wenden, da "normale" Frauenärzte leider häufig nicht über viele Kenntnisse oder Erfahrungen in Bezug auf Unfruchtbarkeit verfügen und gerne mal vertrösten, wodurch wertvolle Zeit verschenkt wird.

Bei der ersten Untersuchung, wird ein Ultraschall gemacht, bei dem sich der Arzt Gebärmutter und Eierstöcke anschaut. Der Frau wird außerdem Blut abgenommen. Der Mann muss eine Spermaprobe abgeben - für die meisten Männer ist das das größte Hemmnis eine solche Klinik aufzusuchen. Da in 30 % der Fälle Probleme mit den Spermien an der Unfruchtbarkeit schuld sind, wird leider keine Klinik auf ein Spermiogramm verzichten. Wenn sich der Mann komplett sträubt, ist es möglich, das Sperma zu Hause zu gewinnen, wenn der Weg zur Kinderwunschpraxis nicht allzu weit ist. Im Rahmen des Spermiogramms werden dann verschiedene Parameter wie Volumen, Viskosität und vor allem Spermienqualität und -dichte untersucht.
 
Behandlungsliege in Klinik

In der Regel hat man nach dieser ersten Basisuntersuchung schon recht gute Hinweise auf die Gründe für die Kinderlosigkeit. Sollten alle Werte im Normbereich sein, wird ein Zyklusmonitoring gemacht, um zu prüfen, ob die Frau einen Eisprung hat. Dazu wird an verschiedenen Tagen (etwa ab Zyklustag 7 bis 10) ein Ultraschall gemacht und verschiedene Hormone bestimmt. Nach dem Eisprung wird ggf. das Gelbkörperhormon Progesteron kontrolliert.

Auch ein Postkoitaltest wird häufig gemacht - dabei wird etwa 10 Stunden nach dem Geschlechtsverkehr geprüft, ob sich lebende Spermien im Sekret des Muttermundes befinden.

Finden sich bei all diesen Untersuchungen keine Hinweise auf die Ursachen, wird die Diagnostik intensiviert. Infrage kommen eine Überprüfung der Durchlässigkeit der Eileiter (Echovist) sowie eine Bauch- oder Gebärmutterspiegelung.

Welche Methoden der Kinderwunschbehandlung gibt es?


Bei hormonellen Ursachen ist die Behandlung in der Regel recht "einfach". So kann die Funktion der Hypophyse durch eine Hormonpumpe unterstützt werden. Ein zu hoher Prolaktinspiegel kann medikamentös gesenkt werden, eine Gelbkörperschwäche durch die Gabe von Progesteron ausgeglichen werden. Das PCO-Syndrom kann mit Metformin und Corstison gut behandelt werden - im Falle von Übergewicht stellt sich bei einer konsequenten Diät eine Schwangerschaft meist recht schnell ein. Die Eizellreifung kann mit der Gabe von Clomifen unterstützt werden.

Geschlechtsverkehr nach Plan


Bei nur leicht eingeschränkter Fruchtbarkeit, wie einem etwas schlechterem Spermiogramm oder hormonellen Störungen, wird üblicherweise auf Geschlechtsverkehr nach Plan (GVnP) zurück gegriffen. Die Eizellreifung kann natürlich geschehen oder hormonell mit täglichen Tabletten- oder Spritzen unterstützt werden. Der Arzt kontrolliert ab dem etwa 7. bis 10. Zyklustag (je nach üblicher Zykluslänge) die Eizellreifung. Dazu misst er den Leitfollikel, der eine Eizelle enthält, via Ultraschall aus. Blutuntersuchungen geben zusätzlich Aufschluss über den Reifegrad des Follikels. Erreicht dieser eine bestimmt Größe und stimmen die Hormonwerte, wird der Eisprung zu einem festgelegten Zeitpunkt mit einer Spritze, die das Schwangerschaftshormon HCG enthält, ausgelöst. Da der Eisprung relativ genau etwa 36 bis 40 Stunden nach der Hormongabe erfolgt, gibt es einen festen Termin für den Geschlechtsverkehr. So wird die Befruchtung zeitlich ideal gestaltet - sobald die Eizelle durch den Eileiter wandert, stehen die Spermien schon bereit.
 
Nach etwa 14 Tagen gibt ein Bluttest, die den HCG-Wert bestimmt, Auskunft darüber, ob eine Schwangerschaft eingetreten ist oder nicht.
 
Frau zeigt auf eine Uhr


Intrauterine Insemination


Die intrauterine Insemination (IUI) ist das Mittel der Wahl bei geringfügig eingeschränkter Spermaqualität und nach mehrfachem erfolglosem GVnP. Sie findet auch Einsatz bei einem negativen Postkoitaltest, Spermagewinnungsstörungen oder bei ideopathischer Sterilität. Das Prozedere ist dem GVnP ähnlich - entweder wird die Follikelreifung hormonell unterstützt (stimulierte Insemination) oder die natürliche Reifung überwacht (unstimulierte Insemination).
Etwa 36 Stunden nachdem der Eisprung ausgelöst wurde, gibt der Mann eine Spermaprobe in der Kinderwunschpraxis ab. Das Sperma wird gewaschen und aufbereitet und danach mittels eines flexiblen Katheters direkt in die Gebärmutterhöhle gespritzt. Das ist üblicherweise völlig schmerzfrei - allenfalls das Säubern und Weiten des Gebärmutterhalses kann als etwas unangenehm empfunden werden.

Die Erfolgsaussichten sind von der Art der Fruchtbarkeitsstörung abhängig und liegen etwa zwischen 5 und 15 %. Dazu ist anzumerken, dass die Schwangerschaftswahrscheinlichkeit in einem normalen, idealen Zyklus auch nur bei bei etwa 30 % liegt.

In Vitro Fertilisation (IVF)


Die IVF war ursprünglich für Frauen mit eingeschränkter Funktion der Eileiter konzipiert. Bei dieser Methode wird durch Hormone das Wachstum möglichst mehrerer Follikel bzw. Eizellen angeregt und hormonell der Eisprung unterdrückt. Es gibt dabei verschiedene Vorgehensweisen, die sogenannten "Protokolle".

Ziel ist es, sechs bis acht reife Eizellen zu gewinnen, die dann zusammen mit dem vom Mann gewonnenen und aufbereiteten Samen in eine Petrischale gegeben werden. Im Brutschrank findet hoffentlich die Befruchtung möglichst vieler Eizellen statt. Da dieser Vorgang zwar außerhalb des Körpers, aber ohne weitere menschliche Nachhilfe geschieht, ist die Bezeichnung "künstliche Befruchtung" bei der IVF etwas irreführend. Tatsächlich entscheidet die Natur, welche Ei- und Samenzellen zusammenfinden. Die befruchteten Eizellen entwickeln sich zu Embryonen und werden nach drei bis fünf Tagen mit einem Katheter in der Gebärmutterhöhle platziert.

Gelegentlich liest man, dass die IVF im Ausland erfolgreicher ist, weil dort der sogenannte Blastozystentransfer erlaubt sei. Dabei wird bis zum fünften Tag nach der Befruchtung gewartet und aus den bis dahin übrig gebliebenen Embryonen im die "schönsten" ausgesucht. Tatsächlich ist ein solcher Blastozystentransfer auch in Deutschland erlaubt und wird auch praktiziert.

Die Erfolgsaussichten bei der IVF sind maßgeblich vom Alter der Frau und der Anzahl der transferierten Embryonen abhängig. Während es bei fast 50 % aller Behandlungen von Frauen im Alter von 25 Jahren zu einer Schwangerschaft kommt, ist dies bei 40-Jährigen nur noch in 18 % der Zyklen der Fall. Die durchschnittliche Erfolgsaussicht betrug 2012 etwa 37%. Der entscheidende Faktor ist jedoch die Baby-take-home-Rate - diese liegt pro Behandlungszyklus bei etwa 20,5 %.

Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)


Die intrazytoplasmatische Spermieninjektion ist im Grunde eine Spezialform der IVF, die vor allem bei sehr schlechter Spermaqualität angewandt wird. Nach der Abgabe der Samenprobe, werden die besten Samenzellen herausgesucht. Die Eizelle wird mit einer Glaskanüle fixiert und mit einer sehr feinen Kanüle wird ein Spermium direkt in die Eizelle injiziert.
 
Spermium wird aufgezogen
Eizelle wird angepiekst
Spermium wird injiziert
Die ICSI hat einen schnellen Siegeszug angetreten - während sie 2001 noch etwa die Hälfte aller Behandlungen ausmachten, sind heutzutage 75 % der Kinderwunschbehandlungen ICSIs. Die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden liegt über alle Altersgruppen gemittelt bei etwa 31,6 % - das sind etwa 6 Prozentpunkte weniger, als bei der IVF . Die Baby-take-home-Rate ist mit 20,5 % allerdings ähnlich hoch.

Wegen der hohen Kostenbelastung lassen sich leider die meisten Patienten mindestens 2 Embryonen einsetzen (max. drei sind erlaubt) - die Zwillingswahrscheinlichkeit ist daher recht hoch mit etwa 21 %. Drillinge bekommt immerhin eines von 100 Paaren - in der Regel diejenigen, die sich drei Embryonen transferieren ließen. Allerdings sind auch schon aus einem Embryo eineiige Drillinge oder aus zwei Embryonen Vierlinge entstanden.

Kryotransfer


Bei einer IVF/ICSI werden regelmäßig mehr Eizellen gewonnen, als Embryonen transferiert werden sollen, da die Befruchtungsrate bei der IVF nur etwa 53 % und bei der ICSI etwa 63,5 % beträgt. Die überzähligen Embryonen können mittels Kryokonservierung oder Vitrifizierung eingefroren werden und in einem späteren Zyklus transferiert werden.

Die Erfolgsaussichten für einen Kryotransfer liegen bei etwa 21 %, die Baby-take-home-Rate bei etwa 14 %.

Spendersamenbehandlung


In einigen Fällen haben Männer keine Samenzellen im Ejakulat (Azoospermie). Zwar besteht die Möglichkeit, mittels eines chirurgischen Eingriffs Samenzellen direkt aus dem Hoden zu entnehmen (TESE) und damit Eizellen zu befruchten - häufig ist jedoch auch diese Maßnahme erfolglos.

In diesen Fällen können die Eizellen der Frau mit Spendersamen befruchtet werden. Dies geschieht üblicherweise durch eine intrauterine Insemination. Bleibt diese nach 6 bis 8 Versuchen erfolglos oder liegen weitere Einschränkungen seitens der Frau vor, ist grundsätzlich auch eine künstliche Befruchtung mit Spendersamen möglich.

Die Samenspende ist in Deutschland grundsätzlich zulässig. Die Erfolgsaussichten liegen etwa bei 30 % je Zyklus.

Die Behandlung von Singles und lesbischen Frauen ist derzeit umstritten, wird aber in Deutschland schon lange in einer rechtlichen Grauzone praktiziert. Viele Samenbanken können Auskunft geben, welche Praxen mit ihnen zusammenarbeiten.

Eizellspende


Wenn Frauen keine oder qualitativ schlechte Eizellen produzieren, kann man auf eine Eizellspende zurück greifen. Diese sind in Deutschland verboten, so dass man ins Ausland gehen muss. Erlaubt ist eine Behandlung mittels Eizellspende in Portugal oder Spanien. Bei der Eizellspenderin wird die schon beschriebene Hormonstimulation durchgeführt.

Die gewonnenen Eizellen werden mit den Samenzellen des Mannes befruchtet und seiner Partnerin eingesetzt. Die Erfolgsaussichten sind relativ hoch und liegen zwischen 60 und 80 %. Embryonenspenden kann man u. a. in Polen, der Ukraine, der Slowakei, Frankreich, Großbritannien, Spanien, Niederlande, Belgien und der Tschechischen Republik durchführen lassen.

Embryonenspende 


Wenn sowohl die Eizell- als auch Samenzellqualität schlecht ist oder beides gar nicht erst gewonnen werden kann, ist eine Behandlung mit einer Embryonenspende möglich. Dabei werden überzählig eingefrorene Embryonen genutzt, die im Rahmen von Kinderwunschbehandlungen entstanden sind und vom leiblichen Elternpaar zur Spende freigegeben wurden. Auch diese Behandlungsform ist in Deutschland nicht zulässig, weswegen man sich im Ausland behandeln lassen muss.

Embryo
5 Tage alter Embryo

"Warum adoptiert ihr denn nicht einfach?" 


Das ist eine sehr häufige Frage an Kinderwunschpaare, gerne auch in Diskussionen zum Thema Ethik künstlicher Befruchtungen. Mal davon abgesehen, dass der Wunsch nach einem genetisch leiblichen Kind für jeden nachvollziehbar sein dürfte - es adoptiert sich eben nicht mal so eben "einfach". Zwischen den Jahren 2000 und 2011 kamen (mehr als) 128.065 Kinder durch künstliche Befruchtung in Deutschland zur Welt - das sind rund 11.600 Kinder pro Jahr (Daten aus dem IVF-Register, in dem die Daten von 120 Kinderwunschärzten gesammelt werden - es gibt aber noch mehr Praxen). Im Jahr 2012 wurden in Deutschland 3886 Kinder adoptiert. Davon waren jedoch nur 1543 Adoptionen außerhalb der eigenen Familie. Und von diesen Kindern waren insgesamt 987 Kinder unter 3 Jahre alt. Dem gegenüber standen 5 671 Adoptionswünsche - das heißt, dass gerade mal jedes sechste Paar ein Baby oder Kleinkind in die Arme schließen durfte.

Im Jahr 2012 wurden in den Zentren, die ihre Daten an das IVF-Register melden, 47.807 (!) Frauen mit IVF/ICSI/Kryo behandelt. Welche Kinder sollen diese Frauen denn adoptieren?

 
Was kosten Kinderwunschbehandlungen? 


Diese Frage ist pauschal nicht zu beantworten. Die Kosten für eine Behandlung richten sich maßgeblich nach
  • dem Versicherungsstatus,
  • der Art der Behandlung und
  • dem Umfang der Behandlung.

Gesetzlich Versicherte haben - sofern sie verheiratet sind, mindestens 25 Jahre,  maximal 40 (Frau) bzw. 50 Jahre (Mann) alt sind - einen Anspruch auf  eine Kostenbeteiligung in Höhe von 50 % für 
  • 8 Inseminationen ohne hormonelle Stimulation und
  • 3 Inseminationen mit hormoneller Stimulation und
  • 3 IVF-Behandlungen oder
  • 3 ICSI-Behandlungen.

Die dritte IVF-/ICSI-Behandlung wird nur dann anteilig gezahlt, wenn es in den vorherigen Behandlungen zu einem Befruchtungserfolg gekommen ist. Kryo-Versuche werden grundsätzlich nicht gezahlt, ebenso wenig wie Spendersamenbehandlungen. Kam es zu einer klinisch nachgewiesenen Schwangerschaft, die leider in einer Fehlgeburt endete, steht dem Paar ein Ersatzversuch zu. Bei einem weiteren Kind hat man erneut Anspruch auf den vollen Umfang der Behandlungen.

Mittlerweile gibt es viele Krankenkassen, die mehr zahlen, als vorgeschrieben ist  (auch bis zu 100 %) - ein Vergleich lohnt auf jeden Fall! Zahlt die gesetzliche Krankenkasse nur im vorgeschriebenen Umfang, ist mit einer Eigenbeteiligung von etwa 150 bis 500 EUR (IUI), bzw. zwischen 1.000 und 2.000 EUR je Versuch zu rechnen (IVF/ICSI).

Die privaten Krankenkassen zahlen, wenn die Erfolgsaussichten mindestens 15 % betragen, 100 % der Behandlungskosten. Einige Tarife schließen Erstattungen für Reproduktionsmaßnahmen aus oder begrenzen die Anzahl der Versuche auf drei bis vier. Ist nichts anderes vertraglich geregelt, ist die Anzahl der Versuche theoretisch nicht limitiert. Anhaltende Misserfolge wirken sich jedoch irgendwann auf die Erfolgsaussichten aus, so dass man - ja nach Diagnose - von 4 bis 8 Behandlungszyklen ausgehen kann. Kryo-Zyklen gelten als normaler Behandlungszyklus. Gerne erklären die privaten Versicherungen auch, dass das Paar verheiratet sein muss - das stimmt aber nicht.

Hat man alle Versuche ausgeschöpft oder erfüllt die Voraussetzungen für die Kostenbeteiligung/-erstattung nicht, gilt man als Selbstzahler und wird - wie die Privatpatienten - nach der Gebührenordnung für Ärzte abgerechnet. Hier sollte man den Abrechnungssatz gut verhandeln - ich kenne Paare, die für eine IVF 1.000 EUR bezahlt haben und ich kenne welche, die 5.000 EUR bezahlten. Dazu kommen die Kosten für die Medikamente - je nach Menge, Art und Beschaffungsweg variieren die Kosten pro Zyklus zwischen 400 und 4.000 EUR - hier lohnen sich ein Blick ins Ausland, der (nicht ganz legale) Kauf von Resten anderer Kinderwunschpatienten oder Re-Importe. 

© Danielle

Quellen


http://www.deutsches-ivf-register.de/pdf-downloads/dirjahrbuch2012-d.pdf

http://de.wikipedia.org/wiki/Eizellspende

http://de.wikipedia.org/wiki/Adoption_(Deutschland)

https://www.g-ba.de/downloads/62-492-661/KB-RL_2012-10-18.pdf?

Bildnachweis

Blastozyste: „Blastocyst, day 5“ von Original uploader was Ekem at en.wikipedia - Transferred from en.wikipedia. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons.
Spermieninjektion in Eizelle:
http://www.abdelmassih.com.br/tr_icsi_passo_a_passo01.php, Tr icsi 02“  und „Tr icsi 05“ von Clinica e centro de pesquisa em reprodução humana Roger Abdelmassih - http://www.abdelmassih.com.br/tr_icsi_passo_a_passo01.php. Lizenziert unter Attribution über Wikimedia Commons.

Stoffwindeln - Lagerung, Waschen und Ökobilanz


Im ersten Teil unserer Stoffwindel-Reihe haben wir uns mit den verschiedenen Windel- und Einlagen-Arten beschäftigt. Jetzt wollen wir beleuchten, wie man Stoffwindeln am besten lagert und wäscht und was es mit der Ökobilanz wirklich auf sich hat.
 Wickelplatz mit Stoffwindeln

 

Die ideale Lagerung der Stoffwindeln

 
Anders als Wegwerfwindeln, die nach Gebrauch einfach im Mülleimer landen und unsere Müllberge vergrößern, muss man sich bei Stoffwindeln ein paar Gedanken um die Zwischenlagerung bis zum Waschen machen. Normalerweise wäscht man alle 2-3 Tage, bis dahin müssen die gebrauchten Windeln irgendwo hin.
Wie bei den Stoffwindel-Arten gibt es auch hier keine ideale Lösung, die alle nutzen, sondern verwirrend viele unterschiedliche Wege. Zunächst einmal verwenden die meisten Stoffi-Wicklerinnen Windelvlies, welches die Windel vor der gröbsten Verschmutzung schützen soll. Bei Milchstuhl hilft das Vlies fast gar nicht, dazu ist er einfach zu flüssig.
Ab der Beikosteinführung ist das Vlies aber eine gute Investition und kann dann gleich im Mülleimer oder der Toilette entsorgt werden. Bei der Toilettenentsorgung achtet bitte darauf, dass ihr "flushable" Vlies kauft, also solches, das speziell für die Toilette verwendet werden kann. Bei schlimmer Stuhl-Verschmutzung (also nicht Stillstuhl, sondern ab Beikoststuhl) solltet ihr die Windel aber mit kaltem Wasser erst einmal abspülen. Viele Mütter nutzen dafür ein ausrangiertes Buttermesser, um den Stuhl vom Stoff zu kratzen. Das klingt jetzt ganz furchtbar eklig, passiert aber auch nicht so häufig. Wie gesagt, normalerweise hilft das Vlies (oder auch Fleece-Einlagen), um eben diesen Schritt zu umgehen.
 Windelvlies
Bei breiigem Stuhl könntet ihr überlegen, ob ihr eine Wasserbrause an eurer Toilette installieren wollt, um den Stuhl wie unter der Dusche von der Windel direkt ins Klo zu spülen. Das Ganze gibt es von BumGenius oder FuzziBunz (beides Windelfirmen) und nennt sich Diaper Sprayer. Ich habe es (noch) nicht zuhause, vermute aber, dass ein normales Bidet-Schlauch-Set fürs WC, das nur einen Bruchteil des Geldes kostet und im Baummarkt zu finden ist, denselben Effekt hat. Vielleicht mache ich mir die Mühe, das bei uns zu installieren, dann werde ich die Wirksamkeit hier ergänzen.

Stoffwindeln mit Klettverschluss
Zum Waschen immer den Klettverschluss auf das Gegenklett drücken
 
Nachdem man also das Vlies entfernt hat, und damit hoffentlich den meisten Schmutz, kann man die Windel so, wie sie ist, in eine Wetbag oder eine Windeltonne legen - achtet allerdings darauf, dass die Klettverschlüsse auf dem Wasch-Gegenklett sind, da sie sonst beim Waschen an den empfindlichen Materialien der anderen Windeln hängen bleiben könnten. 
Die Wetbag ist aus PUL-Material und damit atmungsaktiv. Sie schließt geruchsfrei. Wenn man den Reißverschluss öffnet, sollte man kurzzeitig durch den Mund atmen, sonst riecht man den typischen "Raubtier"-Geruch. Beim Waschen öffnet man die Wetbag und stülpt sie von unten so aus, dass die Windeln aus der Öffnung oben direkt in die Waschmaschine fallen, ohne, dass man sie berühren muss. Die nun linksverdrehte Wetbag kommt auch in die Waschmaschine und wird einfach mitgewaschen. Ich habe zwei große Wetbags von PlanetWise für zuhause und nutze diese im Wechsel. Für unterwegs habe ich zwei mittelgroße Wetbags, in diese passen zwei oder drei gebrauchte Stoffwindeln. Für die Handtaschenträgerinnen unter Euch empfehle ich die kleinste Wetbag von PlanetWise - da passt zwar nur eine gebrauchte Windel rein, aber immerhin passt das Ganze dann trotzdem noch in eurer Täschchen. Die Windeln aus den Wetbags für Unterwegs lege ich abends in die große Wetbag, danach lasse ich die mittelgroße Wetbag einfach auslüften (es sei denn, sie ist grob verschmutzt) und nutze sie am nächsten Tag wieder. Sie kommt dann meist am dritten Tag mit in die gesamte Windelwäsche.
Planetwise Wetbag
große Wetbag von PlanetWise
 
Der Windeleimer sollte möglichst nicht dicht schließen. Die meisten Frauen nutzen eine sogenannte Oskartonne (nach der Tonne benannt, in der das Monster Oskar aus der Sesamstraße wohnt), bei der sie den Deckel gar nicht oder nur angeschrägt drauflegen, sonst fängt es zu doll an zu stinken. Können die Windeln im Eimer atmen, entwickelt sich sehr viel weniger Ammoniak-Geruch. Der Eimer sollte regelmäßig mit Essig gereinigt werden. In den Deckel kann man eine Slipeinlage kleben, diese nimmt den Geruch etwas auf. Auch ein paar Tropfen Lavendelöl auf der Slipeinlage helfen gut. Wenn ihr die Windeln zwar in der Tonne lagern wollt, aber zum Waschen nicht per Hand herausnehmen wollt, dann spannt darin ein großes Wäschenetz ein. Das könnt ihr dann mitsamt der Windeln zur Waschmaschine tragen und dann wie eine Wetbag von unten so schieben, dass alle Windeln durch die Öffnung in die Maschine purzeln. Das Netz wird leer mitgewaschen.
 
Wickelplatz mit Oskartonne
offene Oskartonne am Wickelplatz
Wem es unangenehm ist, Milch-Stuhlwindeln ohne Vorbehandlung in den Eimer oder die Wetbag zu legen, kann diese auch auswaschen. Es scheiden sich die Geister, ob man die dann nassen Windeln problemlos lagern kann oder ob sie anfangen zu schimmeln. Eine Freundin von mir macht es daher so, dass sie Stuhl-Windeln mit der Hand auswäscht und dann zusammen mit einfachen Pipi-Windeln auf dem Balkon auf die Leine hängt. Erst die dann getrockneten Windeln legt sie in den Windeleimer. So kommt sie auch relativ gut um die Bildung von Ammoniak herum. Andererseits hat sie durch den Zwischenschritt des manuellen Auswaschens und des Aufhängens etwas mehr Arbeit, als andere Stoffi-Mamas. 
 

Welches Waschmittel sollte ich für Stoffwindeln nutzen? 

 
Im Internet kursieren die verwegensten Theorien darüber, wie man Stoffwindeln auf keinen Fall waschen darf. Es ist nicht so leicht, sich da durchzufinden, ohne verunsichert zu werden.

Natürlich ist man immer auf der richtigen Seite, wenn man die eigens für Stoffwindeln konzipierten Waschmittel der Stoffwindelhersteller nutzt. Von vielen gern genutzt wird z. B. die Potion von Totsbot. Diese kostet für 750g etwa 10 EUR, hält aber sehr lange, da man immer nur wenig davon braucht. Auch das Rockin Green Waschmittel (1,3kg, ca. 20 Euro) hat viele glühende Anhänger. Die Frauen von windelwissen.de haben versucht, die Potion von Totsbots selbst herzustellen, um billiger waschen zu können und vor allem, um sich das Waschmittel nicht immer zuschicken lassen zu müssen (Stichwort Umwelt). 
Herausgekommen ist dabei die "DM-Kombi", die einfach Fleckentferner und Entkalker enthält und damit dem Rezept der Potion verblüffend ähnelt. Wer mehr darüber lesen will, kann das in diesem ausführlichen Artikel tun. Es sei noch erwähnt, dass einige Babys durch die DM-Kombi einen roten Po bekommen haben, mein Sohn gehört allerdings nicht dazu. Am besten, ihr guckt, ob eure Kinder das Waschmittel vertragen. Es hilft, die Windeln nach dem Waschen gut spülen zu lassen.
In meinem Probe-Paket von Wickelglück war das Ulrich natürlich Waschmittel flüssig. Es kostet für 1L etwa 8 EUR. Flüssigwaschmittel sollen für Windeln schonender sein - die "Rieselhilfen" in Pulverwaschmittel können wohl die Poren in Hanfeinlagen verstopfen, wobei nicht ganz klar ist, ob das bei den heutigen Rieselhilfen überhaupt noch der Fall ist. Früher wurde Kieselgur als Rieselhilfe genutzt, dieses ist in jedem Fall schädlich. Eure Baumwolleinlagen könnt ihr allerdings mit herkömmlichen Waschmittel waschen, ohne Schäden befürchten zu müssen.
Im Prinzip könnt ihr alle flüssigen Bio-Waschmittel nutzen, die ihr im Laden um die Ecke finden könnt. Einzig bei Bambuseinlagen müsst ihr dringend beachten, dass keine Enzyme (Cellulase) enthalten sind, da Cellulase Cellulose abbauen können und daraus besteht die Bambusviskose. Alle anderen Arten von Enzymen sind übrigens unschädlich, dürfen also im Waschmittel enthalten sein. Nichts falsch macht ihr, wenn ihr das Ultra Vollwaschmittel Sensitiv von DM oder auch  das Domol Vollwaschmittel Ultra Sensitiv von Rossmann kauft - darin ist keine Cellulase enthalten. Viele Stoffwindelnutzerinnen haben gute Erfahrungen mit ganz normalen Vollwaschmitteln gemacht, auch meine Stoffwindelberaterin Franzi Karagür meint, man braucht gar nicht so ein großes Gewese um das Waschmittel machen.
Hygienespüler braucht ihr nicht. "Öko-Test" sieht den Einsatz von Hygienespülern sogar kritisch: Das in den Produkten eingesetzte Desinfektionsmittel Benzalkoniumchlorid erwies sich ihrem Test nämlich als nicht stärker antimikrobiell als normale Waschprodukte, kann aber Allergien auslösen. 
Weichspüler sollte auf keinen Fall benutzt werden! Er legt sich als feiner Film auf den Stoff und verringert die Saugkraft erheblich. Da ja aber Kindersachen wegen einer möglichen Allergiegefahr sowieso nicht mit Weichspüler gewaschen werden sollten, gehe ich davon aus, dass ihr das auch bei Windeln nicht getan hättet.
 

Wie sollte ich Stoffwindeln richtig waschen? 


Ich habe herausgefunden, dass viele Stoffwindelmütter ihre Windeln nur bei 40 Grad waschen, da sie die Stoffe der Windeln möglichst schonend behandeln wollen und sagen, im Urin von Babys und Kleinkindern gäbe es (außer im Fall von Krankheiten) keine Keime, die wirklich abgetötet werden müssen. Da ich hier aber gelesen habe, dass Studien belegt haben, dass die Zahl der Mikroben in Windeln und Küchenhandtüchern besonders hoch ist und bei einer Wäsche mit 40 Grad bei einem handelsüblichen Waschmittel nicht sinkt, wasche ich persönlich meist bei 60 Grad. Wenn ihr euch sicher sein wollt, nehmt ein Waschmittel mit Sauerstoffbleiche, dieses tötet schon bei 40 Grad fast alle Keime, bei 60 Grad dann alle. 95 Grad sind nicht notwendig, sie zerstören auf Dauer die Windelstoffe, aber es ist ratsam, ab und zu eine leere Maschine bei so hoher Temperatur und bleichmittelhaltigem Reiniger laufen zu lassen, um Restkeime abzutöten. Nach jedem Waschen sollte die Waschmittelklappe und das Bullauge ganz geöffnet werden, damit verbliebenes Wasser verdunsten kann und sich darin keine Keime bilden. Das gilt aber auch für das allgemeine Waschen, nicht nur für die Windelwäsche.
 Waschmaschine mit Stoffwindeln
 
Da Windeln viel Pipi aufsaugen sollen, tun sie das auch in der Waschmaschine mit dem Waschwasser - sie saugen sich voll. Da kann es passieren, dass das gesamte Waschwasser in den Windeln landet und diese beim Waschgang nicht genügend durchgespült werden. Perfekt ist es, wenn eure Waschmaschine einen Wasser+-Knopf hat, man also mehr Wasser hinzufügen kann. Mütter ohne Wasser+-Taste können entweder eine große Gießkanne Wasser zusätzlich zur Wäsche geben, oder aber die Windeln mit Vorprogramm nass machen. Da mir persönlich das Vorwäsche-Programm zu lange dauert und auch zu viel Tamtam veranstaltet, welches ich gar nicht brauche, nutze ich bei meiner Maschine das Super-15 Programm. Das ist eine Mini-Wäsche von 15 Minuten bei 30 Grad und einer Schleuderzahl vom 800 Umdrehungen. So wird der Urin und Stuhl-Reste kurz weggewaschen, die Windeln saugen sich voll und können dann ganz normal mit dem Vollwaschprogramm bei 40 oder 60 Grad gewaschen werden.
Zu dem großen Waschgang könnt ihr eure Maschine auch noch mit normaler Wäsche auffüllen, z. B. mit Handtüchern. Achtet darauf, dass eure Maschine nicht zu voll wird, da die Windeln sich in der Maschine "bewegen" können müssen, um wirklich gut durchgewaschen zu werden. Einige Stoffwindelmütter hängen nach dem Hauptwaschgang noch einen Extra-Spülgang dran - ich finde das aber eigentlich unnötig.

 

Wie oft sollte ich Stoffwindeln waschen?

 
Ihr solltet ungefähr alle 3 Tage waschen, da der Urin nach einiger Zeit zerfällt und zu Ammoniak wird. Daraus entstehen dann "Stinkewindeln", die nach dem Waschen zwar sauber sind, aber beim ersten Kontakt mit neuem Urin sofort unglaublich nach Raubtier riechen. Außerdem kann Ammoniak das PUL und die Gummibündchen angreifen und entfärbt auch farbige Einlagen, die dann unschöne hellere Flecken bekommen, welche nie wieder verschwinden.
Man kann diese "Raubtierwindeln" einmal mit der oben erwähnten DM-Kombi waschen, damit erledigt sich der Geruch sofort. Neue Windeln müssen erst einmal eingewaschen werden, bevor sie gut saugen. 3-5 Mal sollten eure Windeln also gewaschen werden, bevor ihr sie optimal nutzen könnt. Fangt ihr mit Stoffwindeln bei einem ganz kleinen Baby an, ist die Pipimenge ja noch nicht so groß, d. h. die Windeln müssen noch nicht ihre maximale Saugkraft haben. Dann braucht ihr nur 1-2 Mal einwaschen, der Rest erledigt sich dann mit der normalen Windelwäsche. Hanf und Bambus erreichen nach 10 Wäschen ihre maximale Saugkraft - ich würde aber nicht raten, zehn Mal vorzuwaschen, sondern wie alle anderen Windeln drei Mal und die restliche Steigerung der Saugleistung dann über die normale Windelwäsche abzuwarten.
Habt ihr gut eingewaschene und oft benutzte Windeln und diese saugen plötzlich trotzdem nicht mehr ausreichend, kann es sein, dass sich ein leichter Fettfilm über den Stoff gelegt hat. Dann könnt ihr eine Spüli-Kur versuchen: Ihr legt die Windeln über Nacht in einen Eimer mit Wasser und einem Schuss Geschirrspülmittel. Dieses löst die Fette. Danach normal in der Waschmaschine waschen - et voilá, die Einlagen saugen wieder.
 

Sonne, dein Freund und Helfer


Vor allem nach dem normalen Waschen (mit Ulrichs natürlich Waschmittel) kommt es bei mir vor, dass die Windeln zwar an sich sauber sind, aber noch gelbe Flecken aufweisen - gelb gefärbt vom Milchstuhl. Nun mag das nicht alle Mütter stören, denn es ist ja nur ein optischer Fehler, aber ich finde das wirklich, wirklich unschön. Ich mag meinem Sohn einfach nicht schon gefühlt dreckige Windeln anziehen, möchte aber gleichzeitig auch nicht die Umwelt noch mehr belasten, indem ich eine Menge Fleckenentferner nutze. Deshalb lege ich meine gewaschenen, fleckigen Windeln noch nass in die pralle Sonne. Es ist unglaublich, aber die Sonne schafft es locker, die Flecken innerhalb kürzester Zeit auszubleichen. Und zwar vollständig. Man sieht hinterher wirklich nichts mehr! Ich konnte es nicht fassen, als ich das zum ersten Mal ausprobierte - leider hab ich diesen Tipp erst beim dritten Kind ausprobiert. Das hätte mir eine Menge Arbeit mit Karotten- und Stuhlflecken erspart.

Glücklicherweise habe ich einen Balkon zur Südseite hin, so dass das Trocknen in der Sonne kein Problem für mich darstellt. Da ich weiß, dass ihr nicht alle so günstig wohnt, wie ich, habe ich den Test gemacht, ob die Sonne auch an einem bedeckten Tag eine fleckige Windel ausbleicht, welche hinter einem geschlossenem Fenster hängt. Tut sie! Es dauert naturgemäß etwas länger, als in der prallen Sonne, trotzdem war die Einlage auch nach dieser Behandlung wieder weiß. In der prallen Sonne dauert es ca. 30-60 Minuten, bis alle Flecken weg sind, an einem bedeckten Tag hinter dem Fenster dauerte es ca. 5-8 Stunden. Man bekommt die Windeln durch die Sonne also auch im Winter wieder optisch ansprechend weiß.


saubere StoffwindelStoffwindel mit FleckStoffwindel hängt im Fenster


ACHTUNG: Das Kindspech der allersten Tage färbt stark ab - es könnte sein, dass so gefärbte Windeln auch nicht mehr von der Sonne gerettet werden. Ich persönlich würde bei einem Neugeborenen zunächst einmal alte Mullwindeln nutzen, deren Verlust mich nicht schmerzt, oder auch Wegwerfwindeln. Erst nachdem sich das Kindspech über den Übergangsstuhl zum Milchstuhl gewandelt hat, würde ich euch raten, eure "guten" Stoffwindeln einzusetzen.
 
 

Das Trocknen der Stoffwindeln

 
Windeln sollten möglichst auf einem Wäscheständer oder auf einer Leine getrocknet werden - aus Gründen der Ökobilanz. Perfekt ist es, wenn dieser irgendwo draußen steht, denn Sonne und Wind machen die Windeln nicht nur trocken, sondern auch strahlend weiß und schön weich. Nun sind wir nicht alle Besitzerinnen eines tollen Gartens oder eines sonnigen Balkons - natürlich trocknen Windeln auch in der Wohnung auf der Leine. Achtet beim Trocknen in der Wohnung auf eine angemessene Lüftung, damit sich bei euch an den Wänden kein Schimmel bildet. Das gilt aber für jegliche Wäsche, die in der Wohnung getrocknet wird.
 
Stoffwindeln auf dem Wäscheständer

Baumwolle und Mikrofaser trocknen wunderbar schnell, Hanfeinlagen benötigen etwas länger, Bambuseinlagen trocknen langsam. Meine Nachtwindeln aus Bambus brauchen etwa 36h in der Wohnung, um wirklich durchzutrocknen. PUL-Außenhüllen kommen quasi schon fast trocken aus der Maschine und sind ratzfatz wieder einsatzbereit. Ich lege sie mit der PUL-Seite nach oben auf den Wäscheständer drauf, da ich Angst habe, dass beim Aufhängen die Gummis der Beinbündchen ausleiern. Länger brauchen AIO-Windeln, da in diesen ja die Einlagen eingenäht sind. Alles was irgendwie aneinanderhängt, trocknet einfach langsamer. Meine AIO benötigen etwa 24h, um richtig durchzutrocknen, während meine normalen Baumwolleinlagen etwa 12h benötigen.
Die meisten Stoffwindel-Mamas haben sich einen Turm-Wäscheständer angeschafft. Dieser nimmt in der Breite nicht so viel Platz weg, sondern geht eher in die Höhe. Man trocknet die Windeln darauf auf mehreren Ebenen. Da Windeln klein sind und nicht herunterhängen, finden viele darauf Platz. Auch die Wäschespinne  Pressa von IKEA hat glühende Anhängerinnen. Sie ist klein zusammenfaltbar, billig und kann auch im Urlaub aufgehangen werden. 
Wer einen Trockner hat, kann die Windeln darin auf niedriger Stufe trocknen - allerdings geht dann eure Ökobilanz den Bach runter. Einlagen aus dem Trockner sind weicher und kuschliger, als die auf der Leine getrockneten. Man kann Letztere aber einfach per Hand "durchkneten", dann werden sie auch wieder weicher.
 

Ökobilanz von Stoffwindeln


Unweigerlich, wenn ich Freundinnen mit Baby erzähle, dass ich nun mit Stoffwindeln wickle, kommt die Antwort: "Ach, die Arbeit mache ich mir nicht. Außerdem hat ja eine Studie ergeben, dass die Ökobilanz von Stoffwindeln auch nicht so gut ist. Sie belasten die Umwelt genauso, wie Wegwerfwindeln." Da ich mir das nicht so ganz vorstellen kann, habe ich mich auf die Suche nach Antworten gemacht.
Zunächst fand ich eine uralte Studie aus 1995 („Lebenswegbilanz für Vorprodukte von Babywindeln und Babywindeln“) die im Auftrag von Pampers-Hersteller Procter & Gamble eine Windelökobilanz aus Großbritannien auf deutsche Verhältnisse übertrug und die tatsächlich genau das besagt. Nun entlockt mir eine Studie eines Wegwerfwindel-Herstellers allenfalls ein müdes Lächeln - es wäre ein Wunder gewesen, wenn sie zu dem Schluss gekommen wäre, dass Stoffwindeln die Umwelt weniger belasten.
 
Also suchte ich weiter, nach neueren und unabhängigeren Studien. Ich stieß auf eine Untersuchung des britischen Umweltamtes aus dem Jahr 2005 (Life Cycle Assesment of Disposable and Reusable Nappies in the UK). Auch diese Untersuchung kam zunächst zu dem Ergebnis, dass Stoff- und Einwegwindeln die Umwelt in etwa gleichem Maße belasten. Sie stellten zwar fest, dass Stoffwindeln dazu beitragen können, die Müllberge zu verringern, sagten aber auch, dass sich die Windeln durch einen erhöhten Energie- und Wasserverbrauch beim Waschen und Trocknen auf andere Weise negativ auf die Umwelt auswirken. Bei genauerem Hinsehen, entpuppt sich diese Untersuchung jedoch als - Entschuldigung! - stümperhaft ausgeführt. Zunächst gehen die Untersucher davon aus, dass man 47 Stoffwindeln braucht. Tatsächlich braucht man aber nur 24. Somit benötigt man sehr viel weniger Rohstoffe und Energie bei der Herstellung der Stoffwindeln, als in der Studie angesetzt wurde. Des weiteren gingen die Untersucher davon aus, dass Stoffwindeln wie zu Großmutters Zeiten gekocht werden müssen bzw. bei 95 Grad in der Waschmaschine gewaschen werden müssen. Dem ist nicht so - die Windeln benötigen mit den heutigen Waschmitteln nur 40 - 60 Grad. Es wurde außerdem davon ausgegangen, dass die Windeln im Trockner getrocknet werden - was natürlich viele Negativpunkte beim Stromverbrauch einbrachte. Die allermeisten Stoffwindelmütter trocknen aber ihre Windeln auf der Leine.
Ein Update der Studie aus dem Jahr 2008 ("An updated lifecycle assessment study for disposable and reusable nappies") ergab dann, dass Stoffwindeln unter folgenden Voraussetzung sehr wohl ökologischer sind als Wegwerfwindeln:
  • Waschen bei maximal 60° Grad
  • keine Benutzung eines Wäschetrockners
  • Benutzung einer energiesparenden Waschmaschine
  • Nutzen der Stoffwindeln für mehr als 1 Kind
Leider ging dieses Update der Studie nicht durch die Presse, wie die vorangegangenen Negativ-Publikationen. So ist bei den meisten Menschen die Falschinformation hängen geblieben, dass es sich aus umwelttechnischen Gründen nicht lohnt, Stoffwindeln zu benutzen. Das tut es aber, auch, wenn der Unterschied nicht so gravierend ist, wie wir Stoffwindelmütter uns das vielleicht wünschen.

Baum in zerbrochener Glaskugel

Doch allein schon der Fakt, dass eine Wegwerfwindel etwa 200 Jahre braucht, um zu verrotten, sollte allen gehörig zu denken geben. Natürlich werden die Windeln, da sie in der schwarzen Tonne landen, bei uns in Deutschland am Ende in der Müllverbrennungsanlage entsorgt. Trotzdem wachsen die Müllberge Jahr um Jahr. Schon jetzt liegt laut BUND der Anteil von Windeln am Müllaufkommen in manchen Städten bei 10%! Kein Wunder, denn jedes Kind muss gut 5000 Mal gewickelt werden, bis es endlich trocken wird. Bei 660.000 Neugeborenen pro Jahr in Deutschland werden so ca. vier Millionen Windeln pro Tag benötigt.  Nimmt man alle Wickelkinder zusammen, sind es täglich mehr als acht Millionen Wegwerfwindeln, die benutzt und in der Restmülltonne entsorgt werden. Uff!

Als Stoffwindelmutter hat man wenigstens ein bisschen im Griff, wie viel oder wenig Auswirkung wir und unsere Kinder auf die Umwelt haben: Ich kann mich dazu entscheiden, die Windeln neu oder gebraucht zu kaufen, ich kann Windeln aus Ökobaumwolle nehmen, oder nicht,  ich kann sie allein in der Waschmaschine waschen, oder andere Wäsche dazugeben, ich kann sie auf die Leine aufhängen, oder im Trockner trocknen, ich kann sie nach Trocken werden meiner Kinder verschenken, verkaufen oder wegwerfen - egal, was ich davon tue, immer habe ich selbst in der Hand, wie groß mein ökologischer Fußabdruck ist. Und selbst wenn ich mich für alle weniger umweltfreundlichen Alternativen entscheide, ist die Ökobilanz meines Haushaltes immer noch genauso wie der einer Mama, die mit Wegwerfwindeln wickelt - der einzige Unterschied ist, dass mein Kind dann eine bunte Windel umhat, und ihres nicht.
 

Gesamtfazit


Ich nutze Stoffwindeln nun seit etwa drei Monaten. Lohnt sich die Anschaffung? Ja. Diese Frage kann ich wirklich klar und deutlich positiv beantworten. Es gibt einige Punkte, die ich ungünstig oder nervig finde, aber im Großen und Ganzen überwiegen für mich die Pluspunkte.

Ich möchte ehrlich sein - es ist nicht so, dass die Nutzung von Stoffwindeln genauso wenig Arbeit macht, wie Wegwerfwindeln. Klar, Pampers muss man erst einmal einkaufen gehen und große Windelpakete durch die Gegend schleppen. Dafür muss man Stoffwindeln waschen und trocknen, manchmal muss man Flecken extra in der Sonne bleichen oder sie brauchen eine besondere Behandlung, weil sie plötzlich anfangen, zu stinken. In jedem Fall muss man sie wieder einsatzbereit machen, indem man Einlagen einknöpft oder einlegt. Das alles nimmt Zeit in Anspruch - mehr, als bei Wegwerfwindeln.

Auch mögen Stoffwindeln auf lange Sicht weniger kosten, als Wegwerfwindeln, doch am Anfang muss man einen ziemlichen Batzen an Geld investieren, um einen Grundstock an Windeln, Einlagen, Waschmitteln und Wetbags zu kaufen. Ich habe ungefähr 500 Euro ausgegeben und das hat mein Budget schon ganz schön belastet - bei Wegwerfwindeln gibt man jede Woche eben immer nur einen relativ kleinen Betrag aus. Erst auf die gesamten drei Wickeljahre gesehen lohnt sich die Investition in Stoffwindeln, dann aber richtig. Clever wäre es gewesen, meine Kollegen, Verwandten und Bekannten zu bitten, mir Gutscheine für die bekannten Windelshops im Internet oder auch für den Berliner Stoffwindelladen Hug & Grow zu schenken. Leider ist mir das zu spät eingefallen. Wenn jeder Besucher statt des hundertsten Kuscheltiers eine All-in-One-Windel, eine Einlage oder eine Überhose schenken würde, dann wäre frischgebackenen Stoffwindel-Eltern wirklich geholfen. 

verschiedene Krabbelhosen
Achtet beim Hosenkauf auf den Windelhosen-Schnitt!
 
Zu den Negativpunkten kommt hinzu, dass man womöglich andere Hosen braucht, weil das Windelpaket am Po größer ist, als mit einer Wegwerfwindel. Es kann auch sein, dass plötzlich Bodys im Schritt zu kurz sind, weil dort mehr Windel ist als sonst. Das heißt, man braucht entweder größere Bodys, oder solche, die mitwachsen (wie die von Jako-O), oder man kauft Bodyverlängerungen und umgeht so das Problem. Man kommt außerdem viel stärker in Kontakt mit den Ausscheidungen des eigenen Nachwuchses - das ist vielleicht nicht jedermanns Sache. Ab und zu stößt man auch auf Ablehnung, z. B. wenn die Erzieherinnen der Kita sich weigern, mit Stoffis zu wickeln und das Argument "ist nicht hygienisch" vorschieben.

Ich merke gerade, dass ich nicht so klinge, als wäre ich von meinen Stoffwindeln übermäßig begeistert ;-). Doch, doch, das bin ich! Mir ist nur wirklich wichtig, euch auch die (vermeintlichen) Nachteile des Systems aufzuzählen, damit euch, bevor ihr 500 Euro ausgebt, auch wirklich bewusst ist, worauf ihr euch da einlasst. Es ist eine echte Umstellung, die erst einmal mit Mehrarbeit verbunden ist, welche sich dann aber mit eingetretener Routine relativiert. Vielleicht ist es vergleichbar mit einer Ernährungsumstellung. Zunächst kommt einen das gesunde Kochen aufwändig und schwer vor und man braucht ständig das Kochbuch, um ja nichts falsch zu machen. Nach ein paar Wochen aber ist einem das Ganze in Fleisch und Blut übergegangen und man wundert sich, warum man sich so lange davor gesträubt hat...

Also, einfacher ist es mit Stoffwindeln erst einmal wirklich nicht. Doch wenn man erst einmal seine Routine gefunden hat, dann ist es auch nicht wesentlich komplizierter, als mit Wegwerfwindeln. Irgendwann fängt es sogar an, Spaß zu machen. Man erfreut sich an dem kleinen, bunten Hummelpo, der da vor einem auf der Krabbeldecke liegt und an den vielen hübschen Designs der Windeln.

Das für mich schwerwiegendste Argument für Stoffwindeln ist eindeutig die Müllvermeidung. Ich habe deshalb gern auf Stoffwindeln umgestellt und ärgere mich, dass ich bei meinen großen Mädchen noch nicht auf die Idee gekommen bin. Ich verurteile jedoch niemanden, der lieber weiterhin mit Wegwerfwindeln wickeln möchte - wer bin ich,  da urteilen zu dürfen?

Ganz wichtig ist mir persönlich, dass ich mit der Nutzung von Stoffwindeln viel stärker auf Plastik verzichten kann, als bei Wegwerfwindeln. Nicht wegen des Urban Myth, dass Wegwerfwindeln die Hoden meines Sohnes zu sehr erhitzen, sondern weil ich es allgemein bedenklich finde, welche Menge an Plastikmüll auf unserer Welt herumschwirrt und wie viel davon schon in unserem Blut nachgewiesen werden kann. Ich möchte ganz einfach bewusster, nachhaltiger Leben und Stoffwindeln gehören da ebenso für mich dazu, wie der Verzicht auf Plastiktüten und die Nutzung von Ökostrom.

Positiv finde ich auch, dass mein Sohn scheinbar besser erkennt, wenn er gepieselt hat - es wird erst warm und feucht, dann kälter. Er wird dann richtig unruhig und zeigt mir an, dass er das "Klo am Po" nun gern loswerden möchte. Ich denke, dass er dadurch eher einen Zusammenhang erkennen wird zwischen dem Druck auf seiner Blase, dem Loslassen des Muskels und dem feuchten Gefühl zwischen den Beinen. Natürlich ist es wichtig, ihn dann gleich zu wickeln - sonst verliert sich der Effekt wieder.
 
Ich habe bei etwa 50 Stoffwindelmamas nachgefragt, ob ihre Kinder schneller trocken wurden, als Kinder, die üblicherweise mit Wegwerfwindeln gewickelt wurden. Die Antwort tendierte eher in Richtung "Nein". Auch Stoffwindelkinder werden zwischen dem 2. und 3. Geburtstag trocken. Ich denke, das liegt daran, dass eben nicht alle Stoffwindelmütter gleich nach dem ersten Pullern wechseln, sondern einen Intervall von 2-3 Stunden bevorzugen. Nur Kinder, die zumindest teilweise abgehalten wurden (Windelfrei) und die ihre Windel sofort nach einem Mal Pipi gewechselt bekamen, wurden in der Regel schneller trocken, nämlich zwischen 1,5 Jahren und 2 Jahren - allerdings auch nicht alle.

© Snowqueen

Bildnachweis

Vielen Dank an die Seite http://www.windelwissen.de/ für einige der Bilder dieses Artikels und Franzi von Einfach klein!