Von Erziehung und Fremdenhass - #BloggerfuerFluechtlinge



Als ich als 14-Jährige einmal durch die Innenstadt spazierte, wurde ich von einem Mann mit Mikrofon für einen Radiosender gefragt, was wohl der Grund wäre, dass es neuerdings Brandanschläge auf Ausländerheime gebe. Warum täten das diese Neo-Nazis meiner Meinung nach? Ich antwortete mit kindlicher Spontanität: "Weil sie Angst haben, schwach zu sein."

Ich kann mich nicht mehr erinnern, was wir danach besprachen oder ob wir überhaupt noch weiter redeten, aber im Gedächtnis hängen geblieben ist mir der Blick meines Gegenübers - er war nämlich verwundert über meine Antwort. Doch auch heute noch, 25 Jahre später, stehe ich hinter dieser Antwort. Ich habe in diesen Jahren natürlich einiges über die menschliche Natur dazu gelernt. Deshalb möchte ich meine damalige Aussage heute, in einer Zeit, in der wieder Flüchtlingsunterkünfte brennen, elaborieren.

Wenn ihr denkt, das hätte nichts mit diesem Blog zu tun, in dem es ja um Babys, Kinder und Erziehung geht, dann liegt ihr falsch. Das erneute Aufflammen des Fremdenhasses und das plötzliche Auftreten von "besorgten Bürgern"  und Nazis haben alles mit diesem Blog zu tun. 

Das schlimme Erbe der Schwarzen Pädagogik 


Unsere Eltern und Großeltern - ja, selbst der größte Teil unserer Generation und leider auch noch ein Teil unserer Kinder - wuchsen und wachsen mit einer Erziehung auf, die die scheinbar "bösen", "unguten" Triebe eines Kindes unterdrückt, damit aus ihm ein anständiger Bürger wird. Einer, der sich im gesellschaftlichen System gut einpassen kann, der nicht aneckt im Kindergarten oder in der Schule. Einer, aus dem eines Tages etwas wird, der einen Beruf hat und eine Familie und Kinder.

Das sind natürlich keine schlechten Ziele! Wer will für sein Kind nicht, dass es glücklich wird und nicht aneckt? Was - ich sage es mal vorsichtig - kontraproduktiv ist, ist der Weg, der von den Erziehenden des Kindes eingeschlagen wird, um es zu erreichen.
"Also ist der Gehorsam zu pflegen, indem der Erzieher seine Macht ausübt, was durch ernsten Blick, entschiedenes Wort, eventuell mittelst physischen Zwangs, der das Böse hemmt [...] erreicht wird. [...] je nach Art oder Wiederholung des Ungehorsams sei durch Entziehen der Wohltaten und Schmälerung der Liebesbeweise [dem Kinde das Schlechte an diesem Ungehorsam] aufzuzeigen, wie denn z. B. auf das feiner geartete Kind, das streitig sein will, die Entfernung vom Schoß der Mutter, die Verweigerung der Vaterhand, des Kusses vor dem Schlafengehen usw. als empfindliche Strafe wirkt. Während also durch Erweisung der Liebe die Neigung des Kindes gewonnen wird, dient ebendiese Neigung dazu, es für die Zucht empfänglicher zu machen." [Aus: Enzyklopädie..., 1887, zit. n. KR, S. 168]
Schon 1887 also, in der Zeit der Schwarzen Pädagogik, wurde Gehorsam nicht nur durch Schläge - viele, viele Schläge -, sondern auch durch Liebesentzug durchgesetzt.

Schaut euch um - leider ist das heute noch gängige Praxis. Wer hat solche Beispiele noch nicht gesehen? Das Streichen der Gutenachtgeschichte, wenn das Kind abends zu lange bummelt, das Wegwerfen (oder zumindest das Androhen dessen) der Spielzeuge, wenn das Kind nicht aufräumt, das verärgerte, oder sogar verächtliche Abwenden vom Kind, wenn es gehauen hat.... all das sind auch heute noch Erziehungspraktiken, die ohne schlechtes Gewissen, ja, sogar mit dem guten Gefühl, etwas für das Kind getan zu haben, durchgeführt werden.

Doch was passiert mit dem Kind, das so mit Liebesentzug bestraft wird, wenn es all seine lebendigen Facetten auslebt? Wenn es laut ist, wild, aggressiv, wütend, traurig, deprimiert, jammerig - und das aber nicht darf?

Die Psychoanalytiker dieser Welt haben darauf schon lange eine Antwort: Die ungewollten Facetten des tatsächlichen Ichs werden von diesem Kind abgespalten und tief im Inneren seines Seins vergraben. Je früher dies geschieht, desto stärker die Verdrängung. Ein Kind, das als Neugeborenes beispielsweise in die Küche geschoben wird, damit es durch sein nächtliches Schreien nicht so sehr stört, verstummt irgendwann und schläft durch. Weil es keine andere Wahl hat. Es wird seine Angst, seinen Hunger, sein Bedürfnis nach Nähe "abschalten" und nicht mehr zeigen (nicht bewusst, nein, es ist eine Überlebensstrategie der menschlichen Psyche). Was im Inneren des Kindes übrig bleibt, ist ein unbestimmtes Gefühl der Angst - es erlebt den Fakt, dass es sich nicht auf bedingungslose Liebe und Versorgung verlassen kann, als Terror. Dieser Terror vermindert oder verhindert die Ausbildung eines stabilen inneren Gerüstes - die Ausbildung des Urvertrauens.

Kinder, die kein stabiles inneren Gerüst aufbauen konnten - auch das weiß die Wissenschaft bereits - suchen sich äußere "Prothesen", um zumindest von dieser Seite aus Stabilität zu erhalten, und das auch noch als Erwachsene. Solche Prothesen könnten ein geregelter Tagesablauf sein, oder auch soziale und gesellschaftliche Regeln, an die sie und andere sich halten können: Moral und die Pflichterfüllung. (Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass alle Kinder, die Regeln und Geregeltes mögen kein Urvertrauen haben - so einfach ist das nicht!) Stabilität verleiht auch das Wissen darum, dass der eigene Staat ein Rechtstaat ist, in dem "die Bösen" bestraft werden, während "die Guten" nichts zu befürchten haben. Auch eine feste Arbeit und ein Einkommen verleihen die benötigte äußere Sicherheit. Das "Festhalten" an materiellen Dingen und das Anhäufen von Konsumartikeln ist Teil dieser äußeren Prothese.

"Wer glücklich ist, kauft nicht", behauptet Gerald Hüther, Professor für Neurobiologie. Er sagt: 
"Unser Gehirn ist daran interessiert, einen Zustand herzustellen, den ich Kohärenz nenne. In diesem Zustand verbraucht es wenig Energie. Erfahrungen von Ausgrenzung oder Bestrafung regen Regionen im Hirn an, die auch aktiviert werden, wenn ein Mensch körperlichen Schmerz empfindet. Das Gehirn gerät in Inkohärenz. Niemand kann körperlichen Schmerz lange aushalten, der Zustand verbraucht einfach zu viel Energie. Also muss schnell ein Ersatz her, damit Ruhe einkehrt."
Das Kaufen von Dingen dient heutzutage oft als ein solcher Ersatz. Denn dabei werden glücklich machende Hormone im Gehirn freigesetzt und der Mensch fühlt sich für eine kurze Zeit sehr wohl. Im Prinzip kaschiert das Kaufen und Anhäufen von weltlichen Gütern aber nur, dass ein grundlegendes Bedürfnis dieses Menschen nicht erfüllt ist. Da dieses Bedürfnis aber vor langer, langer Zeit nicht erfüllt wurde und deshalb im Inneren weggeschlossen wurde, bleibt der wahre Grund für die immerwährende latente Unzufriedenheit meist unbeachtet.

Was, wenn die Prothesen wegfallen?


Ein Mensch kann sehr, sehr lange wunderbar mit diesen äußeren Prothesen funktionieren. Er ist ein völlig unauffälliger, unbescholtener, freundlicher Bürger, der montags die Tonnen für die Müllabfuhr rausstellt, seine Mitmenschen grüßt und in der Bahn älteren Menschen seinen Platz anbietet. Ein (relativ gesehen) glücklicher Mensch in einem (relativ) glücklichen Leben.

Doch was, wenn die Prothesen wegfallen? Wenn der Staat wackelt und die Arbeitslosigkeit steigt? Wenn tagtäglich Verfehlungen der Politiker in den Nachrichten zu hören sind, der Wert des eigenen Geldes verfällt und immer mehr Menschen in Armut leben? Wenn vielleicht sogar der Staat stirbt, in dem man aufgewachsen war, und man holterdipolter in ein neues System geworfen wird - egal, wie erwünscht dieser Wandel war?

Fallen die äußeren stabilen Strukturen weg, dann brechen die Menschen auch innerlich zusammen, d. h. die alte, als Baby oder Kleinkind weggesperrte Angst bricht durch. Der undefinierbare innere Terror kommt wieder hoch und wird als neu erlebt, denn die Erinnerungen daran sind mit der Kleinkindphase längst verschwunden. Der Mensch will diese Angst jedoch nicht spüren, sie ist im wahrsten Sinne des Wortes unerträglich. So wird sie in Wut umgewandelt. Wut ist besser, denn Wut lässt sich lenken - auf andere. Wut kann man ausleben, auf andere übertragen, dann geht sie, zumindest kurzzeitig, weg.  
"Viele Menschen haben diesen Hass gegen die Schwäche in sich, aber der Hass schläft mehr oder weniger, solange die Welt in ihren Fugen zu sein scheint, solange sie Arbeit haben, solange alles in Ordnung ist. Doch in dem Moment, wo Dinge auseinanderfallen, weil gesellschaftliche, finanzielle, wirtschaftliche Verhältnisse und Status-Beziehungen sich ändern, erwacht der Hass. Man fühlt sich bedroht, so dass das Opfer in einem, das ist ja der "Fremde", sich wieder regt. [...] Das Fremde ist zum Opfer geworden, als die Eltern es nicht akzeptieren konnten, dass wir so sind, wie wir sind. In Zeiten der Veränderung, bei wirtschaftlichem Umschwung, wenn die Situation gesellschaftlich brenzlig wird, erwacht dann das alte Opfer, der alter Hass, den wir gegen uns hegen, und dieser Hass gegen den Fremden [in uns] veräußert sich in einen allgemeinen Hass gegen alles Fremde außerhalb von uns. Das ist der Grund, warum in Zeiten der Unsicherheit der latente Hass gewalttätiger wird." [Gruen, A. Hass in der Seele, 2001: 56]
Das ist der Punkt, an dem wir uns heute befinden. Wir leben in einem Sozialstaat, uns geht es relativ gut. Doch tagtäglich hören wir, welcher Politiker mal wieder gelogen und betrogen hat, um sich selbst zu bereichern. Auf der anderen Seite gibt es noch immer fast 2 Millionen Arbeitslose in diesem Land. Wer kein Abitur aufweisen kann, für den wird es immer schwieriger, eine feste Arbeit zu bekommen. Manche Gehälter reichen nicht aus, um davon zu leben, geschweige denn, eine ganze Familie zu ernähren. Die Mieten steigen, die Preise für Essen und Kleidung auch. Der Wert des Geldes dagegen verfällt.

Und dann kommen auch noch Flüchtlinge zu uns! Tausende Flüchtlinge, die wir aufnehmen sollen, obwohl es dem "kleinen Mann" in unserem Staat doch sowieso schon schlecht geht - so denken die Menschen da draußen auf der Straße, die gerade in Heidenau und anderswo gegen die Fremden demonstrieren.

Hier, genau hier, ist der Punkt, an dem aus einem friedlichen Bürger ein besorgter Bürger wird. Mancher wird gar zum Wutbürger. Hier ist der Ausgangspunkt der neuen fremdenfeindlichen Bewegung in Deutschland. Der Hass, der den Flüchtlingen nun entgegenschlägt, ist ein Symptom für die alte kindliche Verletzung, die eine auf der schwarzen Pädagogik basierende Erziehung in uns allen ausgelöst hat.

Das Problem daran ist, dass das den Menschen da draußen auf der Straße, die mit Böllern gegen Flüchtlingsheime demonstrieren, nicht klar ist und sie das auch nicht glauben würden, wenn man es ihnen sagte. Der Prozess des Verstehens ist ein langwieriger und steiniger, der nur gegangen werden kann, wenn man selbst unter seinen Hassgefühlen leidet und ihren Ursprung verstehen möchte.

Noch ist Hoffnung


Und doch ist nicht alles verloren. Die Menschen da draußen, die Besorgten und die Wütenden, sie sind nicht "böse". Sie sind wie du und ich. In ihnen steckt noch immer Mitgefühl, es ist nur verschüttet. Man kann sie noch erreichen - noch sind sie keine Nazis. Sie könnten aber welche werden.

Wenn ihnen jetzt nicht zugehört wird, wenn ihre Ängste nicht ernst genommen werden, dann erreicht man sie nicht. Man drängt sie nur weiter in die Ecke des Fremdenhasses. Mit jedem Fingerzeig auf sie, mit jedem negativen Artikel über sie, mit jedem Lächerlich-Machen ihrer Argumente gegen die Fremden verfestigen wir ihren Trotz und drängen sie an den rechten Rand.

Schlimmer noch - wir tun dann dasselbe wie sie: Wir suchen uns einen Sündenbock, auf den wir entrüstet zeigen können und der unser neues Feindbild darstellt. Jemand, der ohne Mitgefühl den besorgten Bürgern "die Schuld" zuschiebt, handelt genauso wie sie, wenn sie "den Fremden" die Schuld zuweisen. In beiden Fällen wird der eigene Schmerz in Wut auf "den anderen" umgewandelt.

Wir müssen zuhören! 


Ich sage: "Stoppt das Lächerlich-Machen der Wutbürger!" Denn wie ein kleiner Junge, der auf dem Spielplatz die anderen Kinder triezt und schlägt, wollen auch die besorgten Bürger nur (unbewusst) auf ihren Schmerz aufmerksam machen. Und ja - natürlich müssen sowohl der schlagende Junge, als auch die Wutbürger davon abgehalten werden, anderen Schaden zuzufügen! Doch gleichzeitig muss man ihnen zuhören. Man muss hinter ihr Verhalten schauen und sie verstehen. Erst dann, erst, wenn wir ihnen Verständnis und Mitgefühl entgegenbringen, werden sie offen sein für die Veränderung ihres Verhaltens.

Verständnis aufzubringen, sich in einen besorgten Bürger einzufühlen, bedeutet nicht, gutzuheißen, was er da auf der Straße tut. Es bedeutet, ihn als Menschen mit Ängsten ernst zu nehmen und für diese Ängste Verständnis aufzubringen, auch, wenn klar ist, dass die daraus resultierenden Taten, wenn sie Recht brechen, bestraft werden müssen.

Eigentlich sollten die Politiker dieses Landes den besorgten Bürgern zuhören. Eigentlich sollten die Politiker dieses Landes den besorgten Bürgern Mitgefühl und Verständnis für ihre Situation und ihre Ängste entgegenbringen. Eigentlich.

Doch schaut in Richtung Politik. Das Schweigen der Oberen ist so laut, dass mir die Ohren weh tun. Sie sitzen auf ihrem Regierungsthron und haben selber Angst. Sie wissen nicht, wie sie dieser Welle des Hasses begegnen sollen. Sie haben nie gelernt, empathisch zuzuhören. Das ehrliche Mitgefühl, das ehrliche Trösten ist ihre Sache nicht.

Deshalb müssen wir das übernehmen. Irgendjemand muss zuhören! Es ist wichtig, diesen Punkt nicht zu verpassen. Noch sind die Besorgten und die Wütenden keine Nazis, doch es ist kein weiter Weg dorthin. Steht auf, sage ich, steht auf und öffnet eure Ohren! Hört zu, was sie sagen und versucht mit offenem Herzen zu hören, was sie ängstigt und bewegt.

Die Fremden nehmen uns alles weg


"Die Fremden wollen uns Weihnachten weg nehmen, in Berlin gibt es schon keinen Weihnachtsmarkt mehr", "Das Sankt-Martins-Fest in einem Kindergarten wurde nun in Sonne-Mond-und-Sterne-Fest umbenannt!", "Die Männer kommen nur her, um unsere Frauen und Kinder zu schänden!", "Die Asylanten haben alle fette Smartphones und die haben sie von unseren Steuergeldern bekommen!", "Die kommen gar nicht her, weil sie aus dem Krieg flüchten, sondern weil sie hier mal richtig Urlaub auf unsere Kosten machen wollen!"... Natürlich sind das lächerliche Argumente. Doch der Mangel an Validität ihrer Behauptungen zeigt nur den starken Grad der Angst an, mit der sie zu kämpfen haben. 


Was passiert denn, wenn "unser Weihnachten" wegfällt, oder "unser Sankt-Martis-Fest" nicht mehr so genannt werden darf? Die äußeren Strukturen fallen weg, das passiert. Das Bekannte, das Sicherheitgebende, das Schon-Immer-Da-Gewesene würde wegfallen und mit ihm der äußere Halt. Was passiert, wenn andere "auf unsere Kosten und von unseren Steuergeldern" leben? Genau - uns fehlt das Geld, um uns glücklich zu kaufen. Die besorgten Bürger sehen all ihre Prothesen bedroht und sie schlagen um sich, weil es leicht ist (und menschlich), den Grund für ihre Angst dafür in anderen zu suchen. Es sind ganz und gar irrationale Ängste, ja, aber das bedeutet nicht, dass sie weniger beängstigend  sind.

Wir müssen ihnen also zuhören und ihre Ängste anerkennen, denn für sie selbst sind sie real. Erst, wenn sie sich in ihrer Angst angenommen fühlen, wird diese so weit zurückgehen, dass sie wieder offen werden für unsere Erklärungen und Argumente. Und dann, erst dann, können wir ihr Mitgefühl wecken für die Anderen, die Fremden, die zu uns kommen und gar keine Bedrohung darstellen.

Das empathische Zuhören funktioniert übrigens nur im realen Leben. Verschwendet eure Zeit nicht auf Facebook und Co - die Menschen dort sind nicht offen für eure Empathie. Sie werden sie nicht spüren, das gibt das Medium Internet einfach nicht her. Was ich meine ist, euren Nachbarn zuzuhören. Den anderen Eltern auf dem Spielplatz, der Frau in der Aldi-Schlange, dem Mann auf der Parkbank. Im direkten Kontakt nur kann man wirklich zuhören und mitfühlen und nur dann spürt es eurer Gegenüber auch. Und nur, wenn sie eurer Verständnis für ihre Ängste spüren, lindert das ihre Wut.

Nicht in allen Fällen hilft das Zuhören


Reden wir über Nazis. Über die, die nicht nur demonstrieren, sondern anzünden und totschlagen. Wie stoppt man diese Menschen?

Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir einen kleinen Exkurs in die Hirnforschung machen. Menschen, die autoritär erzogen wurden (also quasi alle heute erwachsenen Menschen) sind aufgewachsen mit Strafen oder Konsequenzen, wenn sie "etwas Böses" gemacht haben.

Stellen wir uns einen Jungen vor, der aus Quatsch einem anderen Kind das Spielzeug wegnimmt und damit johlend umherläuft, während das andere Kind weinend oder jammernd hinterherläuft. Wie würden die Eltern heute reagieren? Wie haben sie damals reagiert? Ganz klar, der Junge würde sicherlich das Spielzeug von einem Erwachsenen entrissen bekommen, und dieser würde dann das Spielzeug dem ursprünglichen Besitzer zurückgeben. Vielleicht würde der Erwachsene zusätzlich mit dem Wegnehmer zur Strafe nach Hause gehen, weil er so "ungezogen" war, einen anderen zu ärgern.

Was passiert in dieser Situation im Gehirn oder auch: Was hätte im Gehirn passieren können? Hier wäre eine gute Situation gewesen, Mitgefühl und Selbstkontrolle zu erlernen. Hätte der wegnehmende Junge die Zeit bekommen, zu erkennen, dass dem anderen Kind das Spiel nicht gefiel; hätte er sehen können, dass das andere Kind weint; hätte er von selbst stoppen dürfen und nach eigener Einschätzung der Situation ("Wie würde ich mich fühlen?") das Spielzeug allein zurückgegeben - dann hätten sich wichtige komplexe Nervenbahnen gebildet, die ihm später helfen würden, Situationen aus dem Blickwinkel eines anderen empathisch zu betrachten. Er würde dann mühelos erkennen, dass ein Flüchtling seine Hilfe und Unterstützung braucht und keine Bedrohung darstellt.

Doch indem die Erwachsenen die Lösung der Situation in ihre Hände nahmen, verhinderten sie die Ausbildung der Selbstkontrolle und der Empathie. Im Gehirn bildeten sich stattdessen Nervenbahnen, die nur aktiviert werden, wenn eine "Machtinstanz" eine Strafe androht. Für das Gehirn macht es einen gewaltigen Unterschied, ob Selbstkontrolle erlernt wurde, weil der Mensch die Not des anderen erkannte ("Ich gebe das Spielzeug zurück, weil ich sehe, dass der andere Junge weint.") oder weil ein Erwachsener es verlangte ("Gib es zurück, oder wir gehen sofort nach Hause!") Die Nervenbahnen, die im zweiten Fall gebildet werden haben nichts mit Selbstkontrolle und Empathie zu tun, sondern sind Nervenbahnen des Gehorsams. Sie werden nur dann aktiviert, wenn eine Strafe im Hintergrund droht und diese Strafe wirklich als bedrohlich anerkannt wird.

Selbstkontrolle versus Gehorsam 


Von außen gesehen ist Selbstkontrolle und Gehorsam gar nicht so leicht zu unterscheiden. Erst, wenn die Androhung einer Strafe wegfällt bzw. die Machtinstanz nicht mehr anerkannt wird (beispielsweise, wenn der schlagende Vater vom 16-jährigen Sohn nicht mehr als bedrohlich empfunden wird, weil er nun stärker ist und zurückschlagen kann) erkennt man den Unterschied.

Ein Jugendlicher, der als Kind durch "logische Konsequenzen" davon abgehalten wurde, seine Füße in der Straßenbahn auf den Sitz zu stellen ("Füße runter, oder wir steigen aus und du kannst den Weg laufen!"), wird vermutlich seine Füße extra auf den Sitz legen - weil er es kann. Weil es niemanden gibt, der ihn in diesem Alter mehr strafen kann und weil er Genugtuung darüber empfindet. Ein Kind dagegen, das selbst einmal eine dreckige Hose durch einen verschmutzten Sitz bekommen hat bzw. die Gelegenheit erhielt, sich selbst dafür zu entscheiden, nicht die Füße auf den Sitz zu legen, weil es verstanden hat, dass das andere Menschen ärgert oder ihnen Schaden zufügt, wird auch als Jugendlicher nicht den Drang verspüren, die Füße auf den Sitz zu legen, ganz unabhängig von Strafe. Weil seine Nervenbahnen für Selbstkontrolle und Empathie ausgebildet sind und ihn diese in diesem Augenblick davon abhalten, den Sitz zu beschmutzen.

 

Empathielose und zum Gehorsam erzogene Menschen


Leider sind wir fast alle (unsere Eltern und Großeltern erst recht) zum Gehorsam erzogen worden - unsere Nervenbahnen sind also eher darauf ausgerichtet, etwas nicht zu tun, weil wir Konsequenzen vermeiden wollen. Wir fahren zum Beispiel innerhalb des Tempolimits, wenn wir wissen, das an einer bestimmten Stelle ein Blitzer steht, fahren jedoch schneller, wenn wir vermutlich nicht erwischt werden.

Kommt dieser Fakt zusammen mit einer sehr frühen Abspaltung von von den Eltern ungeliebten Teilen unseres Selbst (indem wir Schreien gelassen wurden, nach Uhr gefüttert wurden, uns bei Schmerz gesagt wurde "Ist nicht schlimm!" etc.), dann kann es sein, dass ein unheilvolles Gemisch entsteht, aus denen Nazis, Mörder und U-Bahnhof-Totschläger entstehen.

Und dann haben wir als Nation ein Problem, denn diese Nazis, die nicht davor zurückschrecken, Flüchtlingsheime anzuzünden, auf Kinder in U-Bahnen zu urinieren oder dunkelhäutige Menschen wie im Rausch zu Tode zu treten, können nicht mehr nur durch Reden und unser Verständnis für ihre Ängste gestoppt werden. Die Empathie, mit der sie geboren wurden, ist so tief unter seelischer Verletzung vergraben, dass es schon einen Profi braucht, um sie auszugraben. (Es gibt auch Hoffnung noch für diese Menschen, aber zuerst müssen sie lernen, ihren eigenen Schmerz zu fühlen, bevor sie den Schmerz von anderen fühlen können und dazu bedarf es einfach tiefenpsychologischer Behandlung, die auch noch selbst gewollt sein muss.)

Es gibt trotzdem etwas, das wir tun können. Denkt an ihre Nervenbahnen - sie reagieren auf den Stopp-Ruf eines machtvollen Gegenübers. Jemand, der sehr viel Macht innehat und Strafen verteilen kann, kann ihnen Einhalt gebieten.

Auch hier wären wieder die Politiker gefragt, nicht wahr? Ja, hier umso mehr! Doch können wir uns auf ihr Einschreiten verlassen? Nein - sonst hätten sie es längst getan. Die Flüchtlingsheime brennen nur, weil die Nazis da draußen das Gefühl haben, dass es keinen gibt, der sie stoppen kann. Wie die Teenager, die sich in der Gruppe trauen, ihre Füße auf die Sitzpolster der öffentlichen Verkehrsmittel zu stellen, weil sie das Schimpfen der umstehenden Erwachsenen nicht mehr fürchten, trauen sich Nazis nun viel, viel schlimmere Dinge - weil sie Politiker, Polizei und Richter nicht mehr fürchten. Und je bewegungsloser und stummer diese Staatsmächte weiterhin reagieren, desto mehr werden sich die Nazis unserer Zeit trauen.


Deshalb müssen wir mächtig werden und uns ihnen entgegenstellen. Wir werden mächtig als große Gruppe. Wenn wir viele sind und uns gemeinsam aufstellen um zu sagen: "Stopp! Das dürft ihr nicht tun! Wir lassen es nicht zu!", erreichen wir etwas. Es muss einen neuen Aufstand der Anständigen geben, wir haben keine andere Wahl. Als einzelne sind wir angreifbar und wir bilden auch keine Machtinstanz, die den Mob stoppen könnte. Als Gruppe sind wir stark. Stark genug, um dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten.  
"[...] Massenkundgebungen sind sehr wichtig, denn viele Leute sind sehr stark von Autorität zu beeindrucken, und die orientieren sich daran, wenn so viele Menschen so offen Stellung beziehen für Mitgefühl und gegen Hass. Das ist wichtig, weil das denen zu denken gibt. Sogar, wenn sie es noch nicht fühlen." [Gruen, A., Hass in der Seele, 2001: 1309]

Dann wären wir ja alle Nazis!


Nun mögt ihr beim Lesen meines Textes gedacht haben: "Das kann ja gar nicht sein. Wir sind doch alle so erzogen worden - dann wären wir ja alle Nazis und sind es aber nicht." Das stimmt - wir sind es nicht. Wir haben Glück gehabt, dass die Faktoren in unserem Leben trotz ähnlicher Voraussetzungen anders zusammengewirkt haben. Vielleicht gab es in unserem Leben eine herzensgute Oma, die uns zuhörte? Oder den Lehrer, dem man seinen Schmerz anvertrauen konnte? Vielleicht hatten wir einfach auch mehr Resilienz als andere?
"Es gibt keine objektiven Kriterien, die uns erlauben würden, die eine Kindheit als "besonders schlimm" und die andere als "weniger schlimm" zu bezeichnen. Wie ein Kind sein Schicksal erlebt, hängt auch von seiner Sensibilität ab, und die ist von Mensch zu Mensch verschieden. Außerdem gibt es in jeder Kindheit winzige rettende wie auch vernichtende Umstände, die sich einem Beobachter von außen entziehen können. Diese schicksalhaften Faktoren lassen sich kaum beeinflussen. [...] Wenn man aus der analytischen Praxis weiß, mit welchen Staudämmen und Aggressionen und um welchen Preis an Gesundheit gut funktionierende und unauffällige Menschen leben müssen, dann könnte man denken, dass es jedes mal ein Glück, aber keine Selbstverständlichkeit war, wenn einer nicht zum [...] Verbrecher wurde." [Miller, A., Am Anfang war Erziehung, 1983, 234ff].
Wir alle sitzen auf einem Pulverfass narzisstischer Kränkung, denn wir hatten alle leider eine von der Schwarzen Pädagogik geprägte Erziehung. Du und ich, wir tragen das gleiche Potential in uns. Wir haben nur andere Möglichkeiten gefunden, damit zu leben. Psychose, Drogensucht, Anpassung, Depression, Delegation der Staudämme aufs eigene Kind, Kaufsucht, Alkoholismus.... die Liste ist lang und die Grade der Ausprägung verschieden. Es ist ein Glück, aber keine Selbstverständlichkeit, dass wir nicht alle zu Nazis geworden sind.

Was können wir für zukünftige Generationen tun?


"Wir bewundern Menschen, die in totalitären Staaten Widerstand leisten, und denken: die haben Mut oder eine "feste Moral" oder sind "ihren Prinzipien treu" geblieben oder ähnlich. Wir können sie auch als naiv belächeln und finden: "Merken die nicht, dass ihre Worte gegen diese erdrückende Macht gar nichts nützen werden? Dass sie ihr Aufbegehren teuer werden büßen müssen?" Aber möglicherweise sehen beide, sowohl der Bewundernde als auch der Verachtende, am Eigentlichen vorbei: Der Einzelne, der seine Anpassung im totalitären Regime verweigert, tut dies kaum aus Pflichtbewusstsein oder Naivität, sondern weil er nicht anders kann, als sich treu zu bleiben. [...] Ein Mensch mit lebendigen Gefühlen kann nur er selber sein. Er hat keine andere Wahl, will er sich nicht selbst verlieren. Die Ablehnung, die Ausstoßung, der Liebesverlust und die Schmähungen lassen ihn nicht gleichgültig, er wird unter ihnen leiden und sich vor ihnen fürchten, aber er wird sein Selbst nicht verlieren wollen, wenn er es einmal hat. Und wenn er spürt, dass etwas von ihm verlangt wird, zu dem sein ganzes Wesen "nein" sagt, dann kann er es nicht tun. Er kann es einfach nicht. So geht es Menschen, die das Glück hatten, der Liebe ihrer Eltern sicher zu sein [...]." [Miller, Alice, Am Anfang war Erziehung, 1983, 105f] 
Was wir also tun können?  Unsere Kinder bedingungslos lieben. Und statt auf Erziehung zu pochen, lieber Beziehung leben. Dann wird es in Deutschland kein Viertes Reich geben und die Menschen werden keinen hohlen Phrasen mehr glauben schenken. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Wir haben schon angefangen, ihn zu gehen. Ich wünsche mir, dass noch mehr Eltern sich dazu entscheiden, uns zu begleiten.

© Snowqueen

Literatur


Die schlauen Gedanken dieses Textes sind natürlich nicht auf meinem eigenen Mist gewachsen, ich habe sie aus verschiedenen Büchern zusammengetragen und vielleicht ein wenig leichter verständlich gemacht. Wer daran interessiert ist, tiefer in die Materie einzudringen, kann das hier tun:









22 Kommentare:

  1. Eine interessante Sichtweise auf ein leider sehr aktuelles Problem. Ich danke euch dafür. Es ermöglicht mir "diese" Menschen anders wahrzunehmen und ihre Angst zu erkennen.
    Wir sind schon ganz schön oft blind: das was für Erwachsene gilt können wir oft nur schlecht auf Kinder transferieren ( Respektvoller Umgang, ausreden lassen und zuhören, trösten, die Wut der Freundin, die ihren doofen Ex mit voodoo verzaubern möchte, verstehen wir gut, aber die des Kleinkindes, das sich vor lauter Wut auf den Boden wirft?) Und umgekehrt genauso: tobt ein Kind weil es wütend ist, erkennen wir die Wut. Wütet ein Erwachsener, verurteilen wir schnell. Fürchtet sich ein Kind, nehmen wir es an die Hand und wollen es beschützen. Gibt ein Erwachsener in der Öffentlichkeit zu, angst zu haben, wird er belächelt... ganz schön erbärmlich wie ich finde

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  2. Danke für diesen tollen Artikel.
    So oft habe ich in letzter Zeit schon einen Kommentar gegen sogenannte "Wutbürger" verfasst-und ihn dann doch wieder gelöscht, weil meine wütenden Worte mir falsch vorkamen. Nun weiß ich warum.
    Umdenken, zuhören und handeln ist angesagt.
    Und daran zu denken, dass jeder noch seine eigene Kindheit in sich trägt und lernen muss, dieses Kind an die Hand zu nehmen und es zu lieben.

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  3. Ein wunderbarer Artikel!
    Was ich aber anmerken will: Die "Schwarze Pädagogik" gibt es nicht nur in Deutschland, sondern in sehr vielen Ländern. Je unauffälliger ein Mensch innerhalb der Gemeinschaft werden soll, desto schlimmer... Ein "kleiner Klaps" ist in Asien auch in unserer Generation noch ganz normal. Davon wird berichtet, wie über einen kleinen Einkauf auf dem Markt. In Vietnam feuern sich die Mütter unserer Generation an, hart zu bleiben und das Kind nicht zu verwöhnen (die Oma mache das ja schon zur Genüge): Also z.B. abends und nachts das Kind schreien zu lassen.

    Liebe Grüße
    TaoTao

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    1. Liebe TaoTao, dass stimmt leider - die Ideen der Schwarzen Pädagogik haben sich weltweit verbreitet. Das ist erschreckend, wenn man weiß, was für Auswirkungen sie haben können und wie schwer es ist, wieder zurück zu einem bedürfnisorientierten Umgang zu kommen. Es wird Generationen dauern, bis wir dieses "Erbe" abgelegt haben.
      Liebe Grüße, snowqueen

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  4. Die Ärzte haben das auf den Punkt gebracht:" Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe! Deine Springerstiefel sehnen sich nach Zärtlichkeit. Du hast nie gelernt, dich zu artikulieren, denn deine Eltern hatten niemals für dich Zeit..."

    Ein toller Artikel, den viel mehr Menschen lesen müssten.

    LG Steffi

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    1. Liebe Steffi,

      genau an dieses Lied habe ich beim Schreiben des Textes gedacht! Bela und Farin sind schon ziemlich schlau - und machen gute Musik!
      LG, snowqueen

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  5. Danke für diesen Artikel ! Wunderbar, mutig und zutreffend. Mir stoßen die Meme auf FB und Co jetzt schon länger übel auf - und das, was dahinter steht.
    LG
    Lena

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  6. Hallo Snowqueen,

    mal wieder ein wunderbarer Artikel, der mir (ebenfalls mal wieder) ein bisschen mehr die Augen geöffnet hat! Ich danke euch von Herzen für die Arbeit, die ihr euch mit jedem Artikel macht!

    Alles Liebe,
    Nadine

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  7. Danke! Sehr sehr bewegend und aufwühlend. Danke für eure Leidenschaft,die viele Arbeit und der respektvolle Umgang mit sensiblen Themen.
    Durch eure Artikel habt ihr wesentlich die Erziehung meiner Kinder beeinflusst und mehr und mehr helft ihr mir, meine eigene Kindheit und die daraus entstanden Resultate zu verstehen und aufzuarbeiten.
    Macht weiter so, vielleicht können wir so Stück für Stück die Welt ein bisschen besser machen.
    Liebe Grüße

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  8. Danke an dieser Stelle auch erstmals von mir; ich kann mich dem vorigen Kommentar nur anschließen: Durch Euch lerne ich viel über mich und mache bei meiner Tochter bisher sooo vieles anders als man es mit mir machte... In der Hoffnung, sie weiterhin glücklich zu sehen. Dieser Artikel ist großartig und so wahr.
    Zu der weiten Verbreitung schwarzer Pädagogik ein kleines Beispiel, das mir in meiner Schwangerschaft "passierte" und mich auch ohne diese Lektüre hier schon zweifeln ließ: Ich war damals bei einer Kosmetikerin, gebürtig aus Russland, die mir dann viele ungefragte Tipps zur Kindererziehung gab. Ein besonders markanter: Wenn das Kind unartig ist, wird es ignoriert und weggeschickt, bis es wieder spurt und lieb ist. Sie drückte es viel drastischer aus, und ich spürte: Oh je, Deine armen Kinder...
    Es ist so ein weiter Weg, aber ich trage meinen Teil dazu liebend gern bei!! Liebesentzug habe ich so sehr gehasst und doch ständig erfahren, das wünsche ich keinem Kind!

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  9. Immer wieder Danke für Eure Texte. Besonders für diesen hier.

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  10. Auch von mir ein großen Dankeschön für diesen und auch für eure vielen anderen Artikel, die immer so in sich schlüssig, tiefgehend recherchiert und vor allem so wunderbar verständlich herübergebracht sind. Danke für eure Arbeit! Ich hoffe sehr, ihr werdet eure Artikel bald einmal in einem Buch sammeln und aufbereiten. Aus meiner Sicht wäre das ein großer und so dringend notwendiger Beitrag auf dem Weg, das Erbe der schwarzen Pädagogik abzulegen. Ihr habt wirklich ein ausgesprochenes Talent dafür, komplexe Themen aufzubereiten und für jeden verständlich zu machen. Ich würde euer Buch sofort kaufen und auch mehrfach verschenken. Gibt es Pläne in dieser Richtung??? :)

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    1. Vielen Dank für Deinen Kommentar! Bisher gibt es ein paar zaghafte Überlegungen in die Richtung, aber noch keine konkreten Pläne :-).

      Viele Grüße!

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    2. Oh, dann muss ich euch gleich noch ein bisschen zusprechen, damit aus den zaghaften Überlegungen möglichst bald ein handfestes Projekt wird. Ich habe euren Blog erst vor einigen Monaten entdeckt und bin absolut begeistert! Ich verfolge eine lange Liste an Blogs zum Thema Elternschaft (sowohl auf Deutsch als auch Englisch), von denen viele auch wirklich toll sind. Aber aus meiner Sicht habt ihr ein Alleinstellungsmerkmal, was eure Fähigkeit betrifft, sensible (und für manch einen unangenehme) Themen der Elternschaft und "Erziehung" für die Allgemeinheit aufzubereiten.

      Was mich so fasziniert und was ich so einzigartig finde, ist, dass ihr einen Weg gefunden habt, zu jedem behandelten Thema den von euch als richtig erachteten Ansatz klar und deutlich aufzuzeigen, ohne relativieren zu müssen, aber auch ohne dabei die Menschen vor den Kopf zu stoßen und in die Abwehrhaltung zu bringen, die diesen Ansatz bisher nicht verfolgt haben. Damit habt ihr die -- in der Tat seltene -- Gelegenheit, Menschen tatsächlich zum Umdenken zu bringen. Auch wenn jemand den von euch beschriebenen Ansatz bisher nicht angewendet hat und sich möglicherweise sogar in den aufgezeigten Gegenbeispielen wiederfindet, so ist er -- dank eurer Texte -- trotzdem bereit, den vorgeschlagenen Ansatz anzunehmen und die bisherige Verhaltensweise zu überdenken und anzupassen. Vielleicht liegt es daran, dass ihr so offen von euren eigenen Erfahrungen als Kinder und euren gelegentlichen Verfehlungen als Eltern erzählt. Oder an der Tatsache, dass ihr wirklich alles, was ihr schreibt, ausgiebig recherchiert und belegt, sodass eure Texte extrem fundiert wirken und sind.

      All das um darzulegen, dass ich glaube, dass ihr einen großen Beitrag leisten und auch Erfolg haben würdet, wenn ihr eure Ideen in einem Buch zusammenfassen und in einer logischen Abfolge aufbereiten würdet. Aus meiner Sicht gibt es bislang noch kein Buch, das in einer zugänglichen Art und Weise die theoretischen Hintergründe mit konkreten Beispielen und Handlungsempfehlungen verbindet und auch noch den Bogen zu unserer eigenen Kindheit schlägt und darstellt, warum wir manchmal unseren Kindern gegenüber so handeln, wie wir es tun. Ich wünsche mir auch ein Buch, dass junge Eltern ihren eigenen Eltern zum Lesen geben können, um zu erklären, warum sie einige Dinge so ganz und gar anders mit ihren Kindern machen wollen, als sie es damals erlebt haben.

      Ach bitte, schreibt solch ein Buch! Einen großen Grundstock dafür habt ihr bereits in eurem Blog-Archiv. Ich würde es sofort vorbestellen!

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    3. Liebe BerlinBound,

      ich habe jetzt tatsächlich ein paar Tranchen in den Augen, weil Dein Kommentar wirklich so herzlich ist. Wir freuen uns riesig zu lesen, dass wir genau das schaffen, was wir uns vorgenommen haben - ohne belehrend zu wirken darzulegen, warum wir unseren Weg gehen.

      Wenn wir mal etwas mehr Zeit haben (momentan mangelt es da mit unseren fünf Kindern gerade etwas), werden wir uns vielleicht mal mit dem einen oder anderen Verlag in Verbindung setzen :-).

      Wirklich herzlichen Dank für Deinen Kommentar - solches Feedback motiviert und freut uns wirklich immer außerordentlich!

      Liebe Grüße
      Danielle

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    4. Dann unterschreibe ich BerlinBounds Kommentar direkt einmal. Die Art und Weise wie ihr schreibt, ist ziemlich einzigartig, glaube ich. Oft verlinke ich euch einfach, weil ihr so treffend und trotzdem ohne Verurteilung schreibt :)

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  11. Normalerweise lese ich euren Blog sehr gern; auch dieser Artikel ist von den Ansätzen her gut nachvollziehbar.
    Aber bei dem, was aktuell in Deutschland geschieht, kann das doch nicht euer Ernst sein? Wo bleiben euer Realitätssinn und Weitblick?
    Da ich nicht sicher bin, ob ihr auch kritische Kommentare veröffentlicht, mache ich mir jetzt erstmal nicht die Mühe, einen langen Text zu verfassen, aber ich möchte einen Link hier lassen, in dem meiner Meinung nach sehr gut und übersichtlich auf die momentan bestehenden Probleme hingewiesen wird:

    https://helmutmueller.wordpress.com/2015/09/14/offener-brief-von-generalmajor-gerd-schultze-rhonhof-an-angela-merkel/

    Liebe Autoren dieses Blogs - nicht jeder, der sich kritisch äußert, ist übrigens automatisch rechtradikal und Fremdenhasser etc.
    Lasst euch doch nicht so von den Politikern und Medien blenden...

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    1. Ich verstehe deine Kritik an meinem Text nicht ganz. Ich erkläre nur, woher der Hass auf "die Fremden" kommt bzw. die latente Angst in der breiten Bevölkerung. Mit keinem Wort erwähne ich, dass jemand, der sich kritisch äußert, automatisch rechtsradikal und Fremdenhasser ist. Im Gegenteil - ich plädiere in dem Artikel dafür, den besorgen Bürgern zuzuhören, statt sie zu verhöhnen.

      Dieser Artikel geht auch überhaupt nicht konkret auf die Probleme und oder Vorteile, die die neuzeitliche Völkerwanderung haben könnte, ein. Deshalb kann ich nicht nachvollziehen, wie du auf der Grundlage des Textes meinen Realtitätssinn und meinen Weitblick infrage stellen kannst.

      Vielleicht habe ich mich im Text nicht klar genug positioniert? Ich möchte deshalb deinen Kommentar nutzen, um das nachzuholen: NAZIS RAUS!

      Ich danke dir für deinen Anstoß dazu!

      Snowqueen


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    2. Ich stimme meinem Vorredner voll und ganz zu.
      Und möchte noch folgendes anmerken: Mit dem Satz "Doch der Mangel an Validität ihrer Behauptungen zeigt nur den starken Grad der Angst an, mit der sie zu kämpfen haben" zeigst du leider auf, dass du dich nicht wirklich bemüht hast diesen Leuten zuzuhören, sonst müsstest du eigentlich wissen, dass es kein Mangel an Validität besteht.(Ich spreche von Leuten, welche ihre Kritk adäquat äussern). Ich bin selbst eine Frau mit einem Migrationshintergrund (deshalb ist es schwierig gegen mich die Nazikeule zu verwenden - he he) und ich sehe wie die Flüchtlingsproblematik mein Stadtteil verändert (z.B.Mädels dürfen in die Schule keine Röcke mehr anziehen *Aushang in der Schule*, es gibt so viele Diebstähle wie noch nie zuvor *Polizei kommt nicht nach - Aussage von den Polizisten selbst, persönlich gehört*...). Ich möchte hier die ganze Thematik gar nicht so sehr vertiefen, dafür gibt es andere Plätze und sicherlich habe ich nichts dagegen den Hilfebedürfigen aus Kriegsgebieten zu helfen, aber nachdem was ich mit eigenen Augen gesehen habe im Flüchtlingsheim (war da, um meine Hilfe anzubieten), kann ich nur sagen, dass hier irgendwas ganz gewaltig schief läuft. Macht doch euch selbst ein Bild bzw. hört doch den Kritikern mal ernsthaft zu, ohne zu denken "Oh, du armes Würstchen, das denkst du dir alles nur aus bzw. übertreibst, weil du Ängste hast, weil deine Mama dich so schlecht behandelt hat".

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  12. Liebe anonyme Frau mit Migrationshintergrund,
    leider schützt diese Tatsache nicht vor fremden- und flüchtlingsfeindlichkeit. In meinem eigenen Umfeld sind es ganz viele Leute mit Migrationshintergrund, die selbst oft nicht mal gutes Deutsch reden, die sich da besonders hervortun. Abgrenzen gegenüber den muslimischen Ausländern, denen, die sich nicht integrieren, die auf unsere Kosten Hartz 4 beziehen, den muslimischen Ausländern, den Ausländern, die Ansprüche stellen und natürlich den Flüchtlingen. Das geht wunderbar als Mensch mit Migrationshintergrund. Ausserdem hätte ich von dir gerne eine Quelle. In welcher Schule dürfen die Mädchen keinen Rock mehr tragen und mit welcher Begründung?

    Liebe Snowqueen,
    wie kann es sein, dass so ein Kommentar stehen gelassen wird ohne dazu etwas zu schreiben? Ihr könnt doch nicht auf einen neue Generation bindungsorientierter Kinder setzen und gleichzeitig wird hier in eurem Blog gezündelt.
    Ich finde auch nicht, dass da Verständnis oder ein Dialog angebracht ist. Da muss Haltung gezeigt werden. Punkt.

    Ich bin Altenpflegerin und erlebe in meinem Umfeld, wie bei einigen Leuten plötzlich alles, was falsch läuft auf die Flüchtlinge oder wahlweise Hartz4-Empfänger, Kindergeldempfänger aus dem Ostblog oder ähnliches geschoben wird. Ich erlebe auch, wie es neuen Kollegen aus dem Ausland von Personalseite immer schwerer gemacht wird, wenn sie hier neu anfangen und Fuß fassen wollen. Anstatt sich gegen die Umstände und die Politik zu wehren, wird nach unten getreten. Das scheint einfacher zu sein.
    Und in dieser Umgebung habe ich folgendes gelernt: Lasst es diesen Leuten in Eurer Anwesenheit kein einziges Mal durchgehen, dass sie sich fremdenfeindlich äußern. Lasst sie nicht lästern, legt euch mit diesen Leuten an. Ich bin einmal so richtig unprofessionell ausgeflippt. Danach hatte ich aber plötzlich Unterstützung. Und einige Leute halten plötzlich ihren Mund.

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  13. Vielen Dank,
    das sehe ich recht ähnlich. Diese Worte sind für mich auch sehr gut übertragbar auf andere extremistische Gruppierung oder gewalttätige Einzeltäter. Für mich wäre es wichtig geschlossen gegen Gewalt aufzustehen, egal aus welcher politischen oder religiösen Richtung sie kommt. Das ist es was mir in dieser Zeit, in Deutschland fehlt.

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