Warum Kinder auch im Buggy rückwärts fahren sollten



Auch im Buggy sollten Kinder rückwärtsgerichtet fahren 


In den ersten Monaten ist es selbstverständlich, dass Eltern ständigen Blickkontakt mit ihrem Kind haben, wenn sie es im Kinderwagen umher fahren. Sobald das Kind frei sitzen kann, wechseln viele Eltern auf den Buggy, weil diese kleiner und leichter sind. Die meisten Buggys sind so konzipiert, dass die Kinder darin grundsätzlich nach vorne schauen. Nur wenige Modelle bieten die Möglichkeit, die Sitz- oder die Schieberrichtung zu variieren.

Viele Eltern sind der Überzeugung, dass es vorteilhaft ist, die Kinder mit dem Blick nach vorne zu schieben, weil sie ein großes Interesse daran haben, ihre Umgebung intensiv und neugierig zu betrachten. Der nachfolgende zeigt sehr eindrucksvoll eine Buggy-Fahrt aus der Perspektive eines Kindes. Ohne es beeinflussen zu können, wird das Kind hin- und hergeschoben, Wendungen oder Richtungswechsel sind oft unvorhersehbar. Unvermittelt tauchen Autos, Hunde, Werbung und Menschen auf. Von letzteren hat das Kind häufig den Po oder die Geschlechtsteile im Gesichtsfeld. Unbekannte Geräuschquellen verwirren zusätzlich.

 
 Norland College buggy ride from National Literacy Trust on Vimeo.

Durch diesen Film bekommt man einen recht guten Eindruck davon, wie diese vielen ungefilterten und abrupt wechselnden Sinneseindrücke Kinder überfordern können. Wir Erwachsenen haben uns an dichten Verkehr, laute Baustellen und viele Menschen gewöhnt - für unsere Kinder ist diese hektische Welt jedoch noch weitestgehend unbekannt - vor allem, wenn sie in den letzten Monaten hauptsächlich liegend im Kinderwagen transportiert wurden. Viele Dinge, die sie sehen und hören sind ihnen unbekannt und machen ihnen Angst - je jünger ein Kind ist, um so empfindlicher ist es bezüglich einer Reizüberflutung. Es gibt auch Kinder, denen fällt es ganz besonders schwer, Reize zu verarbeiten. Sie schreien schon als Neugeborene in den ersten Wochen oft stundenlang in den Abendstunden, weil sie sehr müde sind, aber nicht abschalten können. 


Stressabbau durch Blickkontakt 


Wenn Kinder Angst haben oder verunsichert sind, brauchen sie die Rückversicherung ihrer die Eltern. Diese können sie mit Worten oder einem Lächeln beruhigen und signalisieren: "Es ist alles in Ordnung - du musst dich nicht sorgen". Dieser beruhigende Blickkontakt ist in einem nach vorne gerichteten Buggy nicht möglich. Die fehlende Rückversicherung kann dazu führen, dass Kinder sich in sich zurückziehen und beginnen, der Welt grundsätzlich skeptisch gegenüber zu treten.

Kind vorwärtsgerichtet im Buggy
Entgegen der Blickrichtung geschoben ist kein intensiver Blickkontakt möglich

Vor allem in der Fremdelphase, die um den achten Monat (manchmal früher, manchmal auch etwas später beginnt), haben Kinder üblicherweise stärkere Ängste. Diese Ängste sollen dafür sorgen, dass sie sich nicht allzu weit weg von ihren Bezugspersonen entfernen. Manche Kinder wollen in dieser Phase am liebsten 24 Stunden am Tag an Mama oder Papa festgeklebt sein - jeder Annäherungsversuch oft auch vertrauter Personen wird sehr kritisch beäugt. In dieser Phase reagieren Kinder also überaus empfindlich auf fremde Menschen. Sitzen sie vorwärts in einem Buggy, blicken sie unentwegt in fremde Gesichter, die sie ängstigen. Experten empfehlen daher, erst gegen Ende des zweiten Lebensjahres die Blickrichtig zu wechseln, vor allem vor dem Hintergrund, dass Kleinkinder teilweise bis zu zwei Stunden am Tag im Buggy verbringen. 

Natürlich gilt auch hier wieder: jedes Kind ist anders. Manche Kinder verlangen schon relativ früh, dass sie mit Blick nach vorne fahren können. Sie meckern und versuchen sich so zu positionieren, dass sie sehen, was in Fahrtrichtung passiert. In diesem Fall spricht natürlich nichts dagegen, dem Verlangen des Kindes zu entsprechen. Man sollte jedoch im Hinterkopf behalten, welche Verhaltensweisen auf Stress hindeuten können. Denn dann kann man durch eine genaue Beobachtung des Kindes schnell herausfinden, ob es tatsächlich interessiert die Umgebung betrachtet oder mit einer Reizüberflutung kämpft.

Wissenschaftliche Untersuchung zur Blickrichtung im Kinderwagen


Die Entwicklungspsychologin Dr. ­Suzanne Zeedyk von der Universität von Dundee in Schottland untersuchte und analysierte in einer Studie das Verhalten von über 2.700 Eltern-Kind-Paaren während diese mit dem Kinderwagen unterwegs waren. Sie fand heraus, dass Kinder, die rückwärts gerichtet fuhren, öfter lachten und seltener weinten. Sie schliefen auch häufiger ein, weil sie offenbar leichter entspannen konnten. Fuhren die Kinder mit Blickrichtung nach vorne, hatten sie eine erhöhte Herzfrequenz, was auf Stress hindeutet. Ein dauerhaft erhöhter Stresslevel kann sich auf die langfristige Entwicklung des Kindes auswirken. 

Insgesamt wurden bei dieser Untersuchung etwa 62% der Kinder mit dem Blick nach vorne geschoben - bei den ein- bis zweijährigen waren es sogar 86 %. Nur etwa 11 % dieser Kinder wurden während der Fahr angesprochen. Bei denjenigen, die Blickkontakt mit den Eltern hatten, waren es 25 %. Noch deutlicher war der Unterschied beim Lachen - 50 % der Kinder, die ihre  Eltern sahen, lachten - bei denen, die keinen Blickkontakt hatten, war es nur ein einziges Kind.

Anzeichen für gestresste Kinder


Kleine Kinder verfügen bereits über Selbstschutztechniken. Gerät ein Baby bspw. in Panik, weil auf sein Weinen niemand reagiert, kann es passieren, dass der Körper das Notfallprogramm "Abschalten" aktiviert und das Kind auf der Stelle ruhig wird oder sogar einschläft. Dieses Programm hat Babys jahrtausendelang geschützt - sollte ein Kind tatsächlich einmal schutzlos irgendwo herum gelegen haben, war sein Überleben wahrscheinlicher, wenn es nicht durch anhaltendes Schreien auf sich aufmerksam gemacht hat. Einfach einzuschlafen erhöhte die Überlebenswahrscheinlichkeit in solchen Fällen sehr. Aber auch ältere Kinder nutzen das Abschalten, wenn sie Gefühle wie Panik, Angst oder Schmerzen nicht mehr selbst regulieren können.

Stress äußern Kinder durch verschiedene Symptome: sie saugen ausdauernd und heftig an ihren Schnullern oder Trinkflaschen. Manche Kinder beginnen zu quengeln oder zu weinen - andere werden auffallend ruhig, was häufig als Faszination oder großes Interesse an der Umwelt fehlgedeutet wird. Durch den fehlenden Blickontakt finden auch der übliche Informationsausstausch über das Befinden des Kindes nicht statt. Normalerweise reagieren Eltern sehr feinfühlig auf kleinste Signale des Kindes. Wenn dieses jedoch mit dem Rücken zu ihnen im Kinderwagen sitzt, ist diese nonverbale Kommunikation unterbrochen. Das Kind ist auch bspw. durch das Angeschnalltsein nicht oder nur schwer in der Lage, einen Blickkontakt herzustellen.


Mit welchen Buggys kann man auch rückwärts gerichtet fahren?


Leider kann man bei den meisten Buggys und Sportwagen auf dem Markt weder die Richtung der Sitzeinheit noch des Schiebers wechseln. Daher ist es meist sinnvoll und vor allem nachhaltig, weiterhin den Kombikinderwagen zu nutzen, auch wenn sie sperriger und schwerer sind. Denn bei Kombimodellen ist es bei fast allen Modellen möglich, die Kinder rückwärts gerichtet zu transportieren.

Will man einen bezüglich der Blickrichtung variablen Buggy kaufen, ist das schwierig. Schon im Jahr 2013 gab es einen offenen Brief der Stiftungsinitiative "Für Kinder" an die Kinderwagenhersteller. Darin heißt es: 
"Zunehmend sind Kinderwagen bzw. Buggys, die heute ja oft auch für den Transport von Säuglingen verwendet werden, nach vorn ausgerichtet. Immer öfter werden damit schon Babys weg von den Eltern oder Betreuungspersonen hinein in die Welt geschoben – und damit überfordert. Die Eltern glauben, damit ihrem kleinen Kind möglichst viel zu bieten - viel Anregung, viel Stoff für das schnell wachsende Gehirn und die Intelligenzentwicklung.

Vergessen wird dabei das Grundbedürfnis von Babys nach „Rückversicherung“ mit der vertrauten, den Wagen schiebenden Bezugsperson. Ohne diesen direkten Augenkontakt und das so immer wieder gesuchte und versicherte Grundvertrauen können Kinder in denprägenden ersten beiden Lebensjahren die Eindrücke aus der Umwelt jedoch nicht angemessen aufnehmen und verarbeiten. Sie sind überfordert, verunsichert und unnötigangestrengt. Nicht „Erweiterung“ wird gefördert, sondern ängstliches Zurückweichen.


Wir wenden uns daher an alle Hersteller von Kinderwagen und Buggys mit der Aufforderung, ihre technisch so ausgereiften Produkte nun auch kindgerecht zu optimieren und die Blickrichtung des Kindes auf seine vertraute Bindungsperson möglich zu machen".
Leider hat sich in den letzten Jahren dennoch nicht sehr viel getan. Wir haben für Euch recherchiert, welche Buggymodelle aktuell einen Richtungswechsel ermöglichen - hier ist die Liste der Buggys mit schwenkbarer Sitzeinheit oder Schwenkschieber (Kombikinderwagen sind nicht aufgeführt):
Wenn ihr noch weitere Buggys kennt, bei denen die Sitzrichtung variiert werden kann, freuen wir uns über einen Kommentar!

© Danielle  

*Diese Modelle haben rückwärtsgerichtet eine beschränkt einstellbare Rückenlehne (die manche Kinder zu flach empfinden). 

Quellen




Drei Jahre "Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten" - wir feiern Geburtstag


Snowqueen: Heute vor drei Jahren haben wir unseren ersten Beitrag veröffentlicht und wir sind jedes Mal wieder erstaunt, wie schnell so ein Jahr vergeht. Wir haben doch gerade erst unseren zweiten Geburtstag gefeiert! 

Danielle: Das erste, was unseren Lesern heute auffallen wird, ist, dass wir unser Blogdesign geändert haben. 

Snowqueen: Es ist wirklich schön geworden, oder? Da haben wir uns selbst ein hübsches Geburtstagsgeschenk gemacht.

Danielle: Ja, es sieht wirkich viel schöner aus. Im Moment kämpfe ich noch etwas mit den Feinheiten - wundert Euch also bitte nicht, wenn es hier und da noch hakt. Ich bedanke mich sehr für die bisherige Unterstützung von so vielen Seiten! Wer Fehler findet oder mir gerne ein paar Tipps geben möchte: SEHR gerne! Meine HTML-Kenntnisse beschränken sich leider auf sehr langsames Learning by Trying...

Eigentlich hatten wir ja vor nicht allzu langer Zeit schon einen Designwechsel. Unser Logo-Mädchen mit der Zwille war unser erster Versuch, unseren Blog ein bisschen zu professionalisieren.


Snowqueen: Leider kam das Design bei den Lesern überhaupt nicht gut an!

Danielle: *lach* Nee. Ich glaube, "langweilig" war noch die netteste Formulierung. Vor allem die Farbe fanden die meisten doof. Glücklicherweise wurden wir trotzdem fleißig weiter gelesen.

Snowqueen: Das alte Logo war von einem wirklich tollen Künstler - Roberto von GrafGrafik - entworfen worden. Ich sag dir, der hatte vielleicht mit mir zu tun! Ich hatte ganz genaue Vorstellungen, aber dann auch wieder nicht. Ich wäre an seiner Stelle an mir verzweifelt, aber er blieb ganz cool und unterbreitete einen Vorschlag nach dem anderen.

Danielle: Du wolltest im Logo unbedingt den Gegensatz zwischen "gewünschtestes Wunschkind" und "treibt die Eltern in den Wahnsinn" heraus zu stellen. Das ist ja auch eine ziemliche Herausforderung.

Snowqueen: Genau, das war gar nicht so leicht. Aber Roberto hatte echt immer wieder neue Ideen und letzten Endes sind wir eben bei dem Mädchen mit der Zwille gelandet.

Danielle: Das Mädchen ist geblieben, nur ist es ein bisschen erwachsener geworden.

Snowqueen: Stimmt. Das Logo an sich finde ich immer noch genial. Aber es sprach ja, wie gesagt, die Leser nicht so an. Und dann lief mir bei Twitter diese Künstlerin über den Weg. Denise alias Nezzysaur. Ich war gleich in ihre Bilder verliebt. Ich schrieb sie an und fragte sie, ob sie unser Logo in ihren Stil umarbeiten will. Obwohl sie eigentlich viel zu tun hatte und unseren Blog gar nicht kannte, sagte sie spontan zu. Und weil sie ein unglaubliches Gespür für Farben und Formen hat, half sie uns gleich auch noch bei der Auswahl des neuen Blogdesigns. Ich bin so froh, dass wir sie gefunden haben! Mir gefällt der neue Look nämlich ausgesprochen gut. Ich hoffe, den Lesern auch.

Danielle: Richtig cool finde ich ja, dass aus dem Sprung in der Fensterscheibe aus unserem alten Logo nun kaputtgeschossene Buchstaben geworden sind.

Snowqueen: Das liebe ich auch. Sie sind allerdings sehr zart. Ob das den LeserInnen überhaupt auffällt? Wenn man ganz genau hinguckt, sieht man, dass unser Mädchen drei Mal auf den zweiten Satz geschossen hat. "treibt", "mich" und "Wahnsinn" sind kaputt.


Danielle: Ach, manchmal sieht man ja als Außenstehender auch nicht wirklich, dass ein Elternteil gerade am Rande des Wahnsinns steht.  Es ist eben einen vielschichtige Aussage, die da hinter unserem Logo steckt.

Snowqueen: Sag mal, hatten wir nicht an unserem zweiten Geburtstag angekündigt, ein Kinderbuch schreiben zu wollen?

Danielle: Ja - und das haben wir tatsächlich auch getan. Wir fanden, dass in der Wieso Weshalb Warum-Reihe von Ravensburger das Buch "Tod" fehlt. Nicht nur wir finden das, wir sind schon sehr oft von Müttern von 4-6-Jährigen angesprochen worden, warum es dazu innerhalb der Serie kein Buch gäbe. Denn die Kinder interessieren sich ja nun einmal in diesem Altern für das Thema. Die brauchen dann auch kein Trauerbuch, sondern wirklich eins, das ganz neutral erklärt, wie das mit dem Tod, mit Beerdigungen usw. so ist. Leider ist unser Manuskript vom Verlag abgelehnt worden.

Snowqueen: Ja - Ravensburger war das Thema zu heikel. Sie schrieben uns als Begründung für die Ablehnung, dass sie das Thema Tod nicht geeignet für ein Sachbuch für 4-7 Jährige Kinder halten. Es solle lieber feinfühliger im Fließtext verarbeitet werden.

Danielle: Ach, das ist wirklich schade. Ich glaube, der Verlag weiß gar nicht, dass sich durchaus ganz viele Eltern ein neutrales Buch dazu wünschen... hier könnte man übrigens ganz unkompliziert diesen Wunsch äußern :-).

Snowqueen: Na, vielleicht ist die Zeit dafür ja doch irgendwann mal reif. Sag mal, wir hatten damals auch angekündigt, ein Buch über die Autonomiephase schreiben zu wollen...

Danielle: Ja - und auch das haben wir auch getan. Und wir freuen uns riesig darüber,  dass wir Euch heute verraten dürfen, dass der großartige Beltz-Verlag dieses Buch verlegen wird!
 

Snowqueen: Ich sehe gerade einige unserer LeserInnen vor Freude die Arme hochreißen und "Jaaaa!" rufen, du auch? Wollen wir eine  La-Ola-Welle starten? Wartet. Achtung: 3-2-1

La O La! La O La! La O La!

Danielle: Hihi, das hat Spaß gemacht.

Snowqueen: Kicher, ja. Puh, jetzt ist mir heiß.

Danielle: Ja, also unser Buch. Es wird tatsächlich erscheinen. Im April müssen wir das Manuskript fertig haben, im Oktober steht es frisch gedruckt in den Buchläden. Du bist gerade eifrig am Schreiben, richtig, Snowqueen?

Snowqueen: Oh ja, ich schreibe jeden Tag dran. Ich bin ganz aufgeregt, weil ich das Gefühl habe, es wird etwas ganz, ganz Besonderes. Es gibt zwar schon viele Bücher über die Trotzphase, aber keins davon ist wie unseres. So ein spezielles Buch über die Autonomiephase gibt es wirklich noch nicht. Es wird, hoffentlich, vielen Eltern helfen, die Perspektive zu wechseln.

Danielle: Kannst du schon verraten, was genau daran so besonderes ist? Es gibt ja, wie du selbst sagst, etliche Ratgeber zur Trotzphase. Der schrecklichste ist und bleibt der von Frau Kast-Zahn.

Snowqueen: Nun, ich will nicht die Überraschung verderben. Sagen wir es so: Es geht in dem Buch gar nicht so vorrangig um trotzende Kinder. Wir beleuchten sehr stark auch die trotzenden Eltern.

Danielle: Die meisten gehen vermutlich davon aus, dass wir schon vorhandene Texte aus dem Blog nehmen und als Buch zusammenbinden...

Snowqueen: Oh, das machen wir auch teilweise. Es wird etliche Blog-Texte im Buch geben. Viele haben wir nochmal überarbeitet, aber unsere Leser werden sie sicherlich wiedererkennen. Die Kooperationsserie ist zum Beispiel mit drin. Damit es sich aber eben auch für unsere treuesten Fans lohnt, das Buch zu kaufen, haben wir auch eine Menge Neues geschrieben. 

Danielle: Was passierte denn sonst noch im vergangenen Jahr? Da war doch dieser eine Moment.....

Snowqueen: ...  in dem wir herausfanden, dass es um unsere Leserzahlen ganz anders steht, als wir das eigentlich dachten. Bei einer Diskussion
über die Absprungrate auf Twitter vor ein paar Wochen warf Sarah von Mamaskind ein, dass unser Wert nicht stimmen könne. Er stammt aus Google Analytics - einer Software, die eigentlich recht zuverlässig aufzeichnet, wann wie viele Besucher auf unserer Seite vorbei schauen. Ich kenne mich mit den ganzen Zahlen ja gar nicht aus, weil es mich so gar nicht interessiert...

Danielle: Also, manche Dinge ändern sich einfach nie. Dabei ist das wirklich spannend! Im Rahmen der Diskussion über die Absprungrate stellte sich heraus, dass der Zählcode von Google Analytics bei uns doppelt integriert war (für die jetzige und unsere allererste Blogspot-Domain). Nachdem ich den veralteten Zähler raus geworfen hatte, wurde dann auch tatsächlich ein realistischer Wert für die Absprungrate angezeigt.

Snowqueen: Aber nicht nur das - plötzlich wurden auch 60 % weniger Zugriffe angezeigt. Uff - ich sehe uns noch ganz bedröppelt in meiner Küche sitzen. Irgendwie erschien das durchaus logisch - wenn der Zähler doppelt drin war, hat er möglicherweise auch jeden Zugriff falsch doppelt gezählt? Bis dahin waren wir davon ausgegangen, dass zwischen 200.000 und 250.000 Mal im Monat auf unsere Seite geklickt wird. Und darüber haben wir uns riesig gefreut, weil es uns so irrsinig viel erschien.

Danielle: Natürlich wären auch 100.000 Klicks pro Monat wirklich toll, nur der Gedanke, dass auf unserer Über-uns-Seite seit Monaten völlig falsche Klickzahlen standen, war mir wirklich unangenehm. Mir hat das keine Ruhe gelassen - vor allem, weil der Zähler unserer Blogger-Software eigentlich immer sogar doppelt so hohe Zahlen, wie Google ursprünglich anzeigte. Während der Blogger-Zähler an dem Tag, als wir in der Küche saßen, 21.019 Zugriffe registrierte, zeigte mir Analytics an, dass gerade mal 6.200 mal auf unsere Seite geklickt wurde. Da  konnte doch was nicht stimmen! Also habe ich alles rausgeworfen und neu installiert. Der Code sah plötzlich ganz anders aus. Und auch die Empfehlungen, wo genau auf der Seite er platziert werden soll, hatte sich in den letzten Jahren geändert.
Snowqueen: Am nächsten Morgen hast Du mir dann eine WhatsApp-Nachricht geschickt, in der stand, dass unsere Zahlen bisher wirklich völlig falsch gezählt wurden. Unser Blog war jedoch noch viel erfolgreicher, als wir bisher gedacht hatten!

Danielle: Plötzlich wurden uns tatsächlich doppelt so hohe Zahlen angezeigt - ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Das würde ja bedeuten, dass wir im Monat nicht 200.000 bis 250.000 mal auf unsere Seite geklickt wird, sondern etwa 450.000 mal. Im letzten Jahr hatten wir insgesamt 3,85 Mio Zugriffe auf unsere Seite - eine für uns wirklich schwindelerregende Zahl!

Snowqueen: Das ist schon ein tolles Gefühl! Na, komm, du willst doch sicherlich noch resümieren, welche die am meisten gelesenen Artikel im vergangenen Jahr waren. Schieß los, ich höre einfach weg und trinke in der Zwischenzeit meinen Kaffee.

Danielle: Ts - Du und Deine Statistik-Phobie! Ich lass mich davon überhaupt nicht beirren. Auf Facebook teilen wir jeden Freitag ältere Artikel und viele Leser schreiben uns, dass sie diese teilweise noch gar nicht kannten. Daher stelle ich unsere meistgelesenen Artikel immer wieder gerne vor. 

Im letzten Jahr war der Artikel darüber, warum man Kinder immer trösten sollte, mit etwa 190.000 Zugriffen der erfolgreichste. Aber auch unser Text zum Thema warum man Babys nicht schreien lassen sollte ist immer noch ein absoluter Dauerbrenner - er wurde im letzten Jahr wieder 100.000 angeklickt. Noch  etwas erfolgreicher war mit 120.000 Klicks unser Beitrag über alles, was für Kinder lebensgefährlich, gesundheitsgefährdend und ungesund ist.

Über Google kommen auch viele Leser auf etwas unspektakulärere Artikel zu uns - wie man Knete, Salzteig, Zaubersand und Fingerfarben selber macht, wollten 120.000 Leser wissen und Ideen für Kindergeburtstage für Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren suchten weitere 100.000 Nutzer. Glücklicherweise stehen wir aber auch bei ernsten Themen offenbar ganz oben auf den Trefferlisten - 130.000 Eltern lasen Snowqueens Artikel zu den Aggressionen bei den Drei- bis Sechsjährigen. 

Snowqueen: Im vergangenen Jahr haben wir uns auch viel in den sozialen Netzwerken herumgetrieben. Danielle, du bist ja hauptsächlich auf Facebook unterwegs. Wir freuen uns riesig darüber, die Zahl unserer Follower bei Facebook innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt zu haben. Jede Woche kommen etwa 100 neue Leser dazu - Ihr empfehlt uns offenbar durch Euer Teilen und Liken fleißig weiter! 

Meine Leidenschaft ist ja eher Twitter - dort haben wir unsere Follower-Zahl sogar Vervierfachen können. Twitter ist toll, weil ich da sehr hautnah mitbekomme, was die anderen Bloggerinnen so beschäftigt und ich dort auch 1:1 direkt mit unseren Leserinnen ins Gespräch komme.

Danielle: Im letzten Jahr haben wir übrigens auch unsere aller-, allererste Beschimpfungsmail bekommen.

Snowqueen: Ja, man mag es kaum glauben, aber wir haben in den vergangenen drei Jahren nur Dankesmails erhalten. Selbst von Trollen sind wir verschont geblieben. Diese Mail war jetzt auch nicht unbedingt unterste Schublade. Es gab einfach eine Erzieherin in Berlin, die einen unserer Artikel in den falschen Hals bekommen hat und sich und ihre Arbeit herabgewürdigt sah und ihrer Wut darüber doch recht unhöflich Luft machte. Ich habe ihr sehr liebenswürdig geantwortet, und deutlich gesagt, dass wir große Fans von guten Erzieherinnen sind und wir keineswegs gegen frühe Fremdbetreuuung sind. Sie hatte mir sogar ein Praktikum in ihrem Kindergarten angeboten, damit ich sehen  kann, was für herausragende Arbeit sie leistet, und ich habe dieses Angebot angenommen. Leider hat sie sich daraufhin nie wieder gemeldet. Ich nehme an, so dringend wollte sie von mir dann doch nicht begutachtet werden.

Danielle: Wir können nur vermuten, was die Dame so auf die Palme brachte - möglicherweise war es Dein Artikel über mögliche Probleme in der Kita.

Snowqueen: Ja, das ist auch meine Vermutung. Man kann diesen Artikel natürlich kritisch lesen, das stimmt schon. Aber er soll eben eine Hilfestellung für die Eltern darstellen, die sich vielleicht nicht sicher sind, ob es an ihrer Kita gut läuft.

Danielle: Glücklicherweise bekommen wir aber sonst nur ganz, ganz viele Mails und Kommentare mit positivem Feedback - wir freuen uns wirklich über jede einzelnene Rückmeldung.

Liebe Leserinnen, liebe Leser - wir bedanken uns wirklich ganz herzlich bei Euch, dass Ihr immer wieder bei uns vorbei schaut, uns so fleißig empfehlt, liked und teilt. Euch ist es zu verdanken, dass wir mittlerweile eine solche hohe Reichweite haben und wir es so schaffen, dass Eltern ihren Kinder durch mehr Verständnis etwas näher kommen.

Snowqueen: Wir freuen uns schon riesig auf ein viertes Jahr gemeinsam mit Euch!

"Leitwölfe sein - Liebevolle Führung in der Familie" - Jesper Juul

Heute erscheint das neue Buch von Jesper Juul: "Leitwölfe sein - Liebevolle Führung in der Familie". Dank des BELTZ-Verlages, der uns freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte, können wir es Euch heute schon vorstellen.


Das Buch


In der Einleitung fasst Juul den Inhalt des Buches wie folgt zusammen:

"Es geht darum, seine Kinder kennenzulernen, ihre persönlichen Grenzen kennenzulernen, sich diesen gegenüber respektvoll zu verhalten und mit seinen Kindern so authentisch wie möglich umzugehen".

1 Kinder wollen Erwachsene, die die Führung übernehmen


Kinder benötigen Führung, um fruchtbare und tragfähige Beziehungen aufzubauen. Führung heißt jedoch nicht, dass man ihnen sagt, was sie tun sollen, sondern dass man sie begleitet und ihren Mangel an eigenen Erfahrungen ausgleicht. Damit alle Familienmitglieder möglichst viel von dem bekommen, was sie für die bestmögliche Qualität ihres Lebens benötigen, ist es notwendig, ein Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen der einzelnen zu schaffen.

Dazu brauchen Eltern persönliche Autorität und müssen persönliche Verantwortung übernehmen (sich also nicht von Mutter oder Nachbarn beirren lassen, die vermeintlich alles besser wissen). Damit sind sie in der Lage, ihren Kindern klar zu signalisieren, was sie wollen und was sie nicht mögen. Wenn sie sich außerdem bemühen, herauszufinden, was ihre Kinder wollen und mögen, wird das ihr eigenes Selbstwertgefühl und das der Kinder steigern. So ist ein gewinnbringendes Lernen voneinander möglich.

Zu Machtkämpfen kommt es immer dann, wenn Kinder sich in ihrer persönlichen Integrität verletzt fühlen und versuchen, ihre Würde zu schützen. Mit einer zugewandten Führung schafft man es, dass Kinder darauf vertrauen, dass Eltern wissen, was sie tun und dass sie es zum Wohl der Gemeinschaft tun.


2 Sie können ihrem Kind vertrauen


Anders, als früher angenommen, sind Kinder keine primitiven, unkooperativen, unsozialen und unempathischen Wesen. Sie sind vielmehr darum bemüht, mit ihren Eltern zu kooperieren. Leider tun sie das nicht immer in der Form, die Eltern sich wünschen und oft wird das Kooperationsbemühen als solches auch nicht erkannt. Ein Dreijähriger, der seiner kleinen Schwester ständig an den Haaren zieht, versucht auf die für ihn am besten möglichen Weise zu zeigen, dass er ein Problem hat, weil er sich nicht mehr ausreichend gesehen und wertgeschätzt fühlt.

Selbst Lügen ist eine Form der Kooperation - Kinder versuchen häufig damit, Eltern vor negativen Empfindungen zu schützen. Für Kinder ist es wichtig, dass ihre Eltern ihnen achtsam begegnen und darauf vertrauen, dass sie stets in guter Absicht handeln.

3 Der Leitwolf und das innere Kind


Im dritten Kapitel des Buches stellt Jesper Juul die These auf, dass die meisten von uns noch keine ausgereiften Persönlichkeiten sind, wenn sie Kinder bekommen. Problematisch ist vor allem, dass wir selbst häufig in einem Umfeld aufwuchsen, das weniger liebevoll war, als wir es uns gewünscht hätten. Wenig Interesse und Aufmerksamkeit der Eltern, Gewalt, Strafen, Alkoholismus - wir sind daran nicht zerbrochen, weil wir uns irgendwie angepasst haben.

Wenn wir heute mit bestimmten Verhaltensweisen unserer Kinder konfrontiert werden, dann fällt es uns schwer, darauf liebevoll zu reagieren, wenn wir selbst früher in solchen Situationen hörten: "Nun stell dich nicht so an!" Es ist die größte Herausforderung der Elternschaft, die eigene Kindheit so aufzuarbeiten, dass man in der Lage ist, für sein Kind das zu tun, wozu die eigenen Eltern nicht in der Lage waren.

4 Weibliche und männliche Führung


Anders als früher, spielt der Vater in Familien eine große Rolle. Untersuchungen haben gezeigt, dass Kinder - wenn sie gleichermaßen Zugang zu Mutter und Vater haben - keinen der beiden bevorzugen. Die Geschlechter haben verschiedene Arten zu führen - doch das verwirrt Kinder nicht, sondern bereichert sie. Vätern fällt es zudem oft leichter, ein Nein fest und bestimmt auszusprechen.



5. Frau und Mutter sein


Frauen tun sich generell schwerer damit, die Position des Leitwolfes zu übernehmen - auch in Unternehmen ist die Frauenquote in den Führungspositionen sehr niedrig. Durch die noch immer weit verbreitete Abwesenheit der Väter in den Familien, entsteht eine sehr enge Beziehung zwischen Müttern und Kindern. Das führt häufig dazu, dass sie ihre Bedürfnisse als Frau zurückstecken (müssen).

Wegen der Angst, als egozentrisch betrachtet zu werden, gelingt vielen Frauen die Loslösung von der vollkommenen Aufopferung, die sie üblicherweise bei der Betreuung der Kinder in den ersten 18 Monaten zeigen, nicht. Dadurch vereinsamen sie zunehmend, was auch zu Unzufriedenheit in der Partnerschaft führt.

Juul stellt fest, dass viele Frauen stark davon beeinflusst sind, zu braven, angenehmen, funktionierenden Wesen erzogen worden zu sein und daher Schwierigkeiten haben, ihre persönlichen Grenzen deutlich zu machen. Er ermutigt Frauen dazu, das Bedürfnis nach Bewertung abzulegen und das Selbstwertgefühl dadurch zu stärken, indem sie Verbindung zu sich selbst aufnehmen. Ziel sollte es sein, sich selbst zu mögen und zufrieden zu sein - nur so ist es möglich, eine erfolgreiche Führung zu übernehmen.

6. Wo sind die Männer und Väter?


Väter hatten in den letzten Jahrhunderten als Familienoberhaupt die Aufgabe, die Familie zu versorgen. Etwa 90 % der wachen Zeit der Kinder waren sie dabei abwesend. Das ändert sich zwar nach und nach, aber die meisten Frauen haben noch immer das Gefühl, dass sie quasi allein erziehend sind, weil ihnen letztendlich fast alle Entscheidungen obliegen und sie damit die komplette Verantwortung tragen. Das zu ändern lohnt sich jedoch.

7. Wollen wir wirklich starke und gesunde Kinder?


In den letzten Jahrzehnten ist es uns gelungen, das Leben von Kindern in vielen Belangen zu verbessern. Sie leben hierzulande größtenteils nicht mehr in Angst und Sorge und sie werden mehr und mehr gehört. Körperliche Bestrafungen gehören weitestgehend der Vergangenheit an. Die Eltern von heute wollen anders sein, als ihre eigenen Eltern.

Dennoch möchte ein Großteil der Eltern, Erzieher und Lehrer noch immer das selbe, wie ihre Eltern - nette, wohlerzogene und gehorsame Kinder, die sich anpassen und fügen. Sie versuchen zwar, das auf einem freundlichen, weniger gewaltvollen Weg zu erreichen, aber es ist dennoch das Hauptziel der meisten und es wird immer noch versucht, mit Macht zu erreichen.

8. Was hat Macht mit Führung zu tun?   


Der Gebrauch von Macht und Gewalt ist in den letzten 50 Jahren deutlich zurück gegangen. Dennoch findet man sie nach Juul noch immer in etwa 50 % aller Familien. Eltern, die sich als Kinder nicht geliebt und wertvoll gefühlt haben, fällt es schwer, andere Verhaltensweisen als die ihnen gegenüber vorgelebten, zu zeigen. Kinder kommen zur Welt und lieben ihre Eltern vollkommen bedingungslos. Doch bald schon beginnen diese, mit Macht und Manipulation das Verhalten der Kinder zu beeinflussen. Das Selbstwertgefühl - einer der wesentlichen Faktoren, im Leben wirklich glücklich zu sein - leidet sehr darunter. Daher sollten wir genau überlegen, wie wir unsere Führung ausüben. Kinder müssen nicht herumkommandiert werden - sie lernen ganz allein durch Ausprobieren und Nachahmen.

9. Die Zukunft Ihres Kindes ist jetzt


Wir wünschen uns für unsere Kinder physisches Wohlbefinden und dass sie über gute psychosoziale Kompetenzen verfügen. Sie sollen in ihrem Leben mit sich und anderen gut zurechtkommen. Man sollte meinen, dass das heute leichter zu erreichen ist, als jemals zuvor, doch die Gesellschaft leidet unter zunehmenden psychischen Erkrankungen, Missbrauch und Abhängigkeit - mit weiter steigender Tendenz. Dem können wir entgegensteuern, indem wir das Selbstwertgefühl unserer Kinder stärken und sie sich frei entfalten lassen.

Zu hohe Ansprüche an die Kinder und eine hohe Erwartungshaltung führen dazu, dass Kinder sich nicht okay fühlen, so wie sie sind. Sich nicht dafür zu interessieren, was Kinder denken und fühlen, führt dazu, dass diese oppositionelles Verhalten zeigen. Als Lösungen schlägt Juul vor, mehr Zeit mit Kindern zu verbringen, ohne sie zu belehren oder erziehen zu wollen und Langeweile zuzulassen, ohne sich genötigt zu fühlen, Unterhaltung anzubieten. Beim Ins-Bett-Bringen kann man Kindern von seinem Tag erzählen - sie werden es einem gleichtun. Beim Spielen sollte die Initiative stets vom Kind ausgehen und Pausen können einfach angenommen werden, ohne das Bedürfnis zu haben, sie füllen zu müssen. All das führt dazu, mit dem Kind stärker in Beziehung zu sein. 

10. Werte, die Führung schaffen


In diesem Kapitel wird angeregt, sich klar zu machen, welche Werte in der Familie wichtig sind. Für Kinder und die persönliche Autorität ist es wichtig, diese Werte konsequent zu vertreten. Einen Wandel unserer Werte nehmen wir oft nicht wahr - erst begegnen wir unserem Kind auf Augenhöhe - wenn es dann jedoch nicht tut, was wir sagen, reagieren wir häufig im Rahmen eines ganz anderen Wertesystems und drohen, erpressen oder werden unfreundlich.

Juul hält (mindestens) vier Werte für eine "gesunde" Familie erforderlich: Gleichwürdigkeit, Authentizität, Integrität und Verantwortung, auf die auch kurz eingegangen wird (ganz ausführlich dazu hat er in seinem Buch "4 Werte die Kinder ein Leben lang tragen" geschrieben). Da es keine allgemeingültigen Erziehungstipps gibt, die für jedes Kind und jede Situation passen, helfen die Werte einem dabei, Entscheidungen zu treffen. 

11. Erfolg durch Anpassung: unsere kollektive Illusion 


Kinder wollen kooperieren und sie passen sich an - das ist von unserer Elterngeneration dafür genutzt worden, Kinder gefügig zu machen. Das Selbstwertgefühl blieb dabei jedoch auf der Stelle. Das hat dazu geführt, dass die psychosoziale Gesundheit der Gesellschaft in einem erbärmlichen Zustand ist. 

In den letzten Jahren begegnet man zunehmend Kindern mit einem aufgeblähtem Ego das durch Verwöhnen (im Sinne von ausnahmslos jeden Wunsch erfüllen) oder überflüssiges Lob entstanden ist. Die Gesellschaft fördert zudem egiostisches Verhalten. Diese Kinder sind Egozentriker ohne Selbstwertgefühl. Geliebte und wertgeschätzte Kinder missachten andere nicht und fühlen sich weder minderwertig noch überlegen. 

12. Fallgruben für Leitwölfe


Alle Erziehungsmethoden haben negative Auswirkungen auf die Qualität der Beziehungen zwischen Eltern und Kindern, weil sie das Kind formen wollen. Es ist sinnvoller, möglichst viel über das eigene Kind und das eigene innere Kind herauszufinden. Authentizität ist dabei der Schlüssel - denn damit ist man in der Lage, durch das eigene Auftreten dem anderen zu zeigen, wer man ist und was man möchte. Die meisten Eltern - so Juul - spielen hingegen eine Rolle. Sie versuchen nett und vernünftig zu sein - doch die Kinder sind auf der Suche danach, wer ihre Eltern wirklich hinter der Fassade sind. Das häufig "Grenzen testen" genannte Verhalten, ist Zeichen dieser Suche.

Abschließend geht es um fünf Fallstricke, die das Familienleben heutzutage erschweren: Harmoniedrang ohne negative Gefühle zuzulassen, Curling-Elternschaft, bei der die Eltern alle negativen Gefühle vor dem Kind wegwischen, den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, das ständige Kontrollieren und Überwachen (Helikopter-Eltern) oder das Kind zu einem Projekt zu machen.

13. Führung light: Teenagerzeit und das Kind als Erwachsener


In den letzten Jahrzehnten hat sich die Beziehung zwischen Eltern und Teenagern deutlich verbessert - es wird mehr denn je gewinnbringend miteinander geredet. Manche Eltern neigen jedoch dazu, bei den ersten pubertätsbedingten Problemen einen "Turbo" bei der Erziehung einzulegen, um kurz vor Schluss noch das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Als Folge davon, entfremden sich die Beteiligten - es kommt zu Machtkämpfen, Regelbrüchen und unangemessenem Verhalten.

Als Teenager brauchen Kinder jedoch niemanden, der ihnen weiter vorschreibt, was sie zu tun haben - sie brauchen  nur eins: Vertrauen. Und dass Eltern erkennen, dass sie nicht mehr an vorderster Front gebraucht werden, sondern als Sicherheitsnetz im Hintergrund.

Meine Meinung zum Buch


Eltern sollen Kinder also "führen" - das heißt: klare Signale aussenden und klar sagen, was sie wollen (und was nicht). Es ist für mich etwas schwierig nachzuvollziehen, dass es diesbezüglich weit verbreitete Defizite geben soll. Ich sehe vielmehr täglich Eltern, die sehr genau wissen, was sie wollen (viele davon vor allem ihre Ruhe) und das auch deutlich (in meinen Augen oft zu deutlich) kommunizieren. 

Etwas verwirrt haben mich die immer wieder an den Kapitelenden eingetreuten "Frag Jesper Juul"-Blöcke, weil sie nicht auf den ersten Blick erkennbar etwas mit dem vorherigen Text zu tun hatten. Das hat meinen Gedankenfluss etwas gestört - ebenso wie immer wieder sehr schwurbelige Ausdrucksweisen.

Dennoch enthält das Buch viele Gedankenanstöße und interessante Informationen - es ist schon sehr tröstlich, wenn Juul schreibt, dass die allerbesten Eltern, die er kennt, etwa 20 Fehler am Tag machen. Es macht auch nachdenklich zu lesen, dass statistisch nur 30 % dessen, was wir als Eltern tun oder sagen, tatsächlich dem Kindeswohl dient.

Das Buch ist kurzweilig und interessant zu lesen, konzentriert sich jedoch auf Eltern (bzw. vornehmlich Mütter), die ihre Führungsrolle, mangels Selbstwertgefühl, nicht ausreichend wahrnehmen. Ich entspreche nicht unbedingt der Zielgruppe, finde mich jedoch in den Schilderungen zum "inneren Kind", das sich für seine Kinder eine andere Beziehung als damals zu den eigenen Eltern wünscht. Auch der kurze Abschnitt zu den Teenagern hat mich außerordentlich hell erleuchtet.Alles in allem kann ich eine durchaus eine Leseempfehlung aussprechen - wer Juul mag, wird dieses Buch sehr wahrscheinlich mögen und wer noch nichts von ihm gelesen hat, wird mit zahlreichen neuen Gedanken in Berührung kommen, die das Familienleben bereichern werden.


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