Vom Glück des Schenkens und des Beschenkt-Werdens


"Glück ist das einzige, das sich verdoppelt, wenn man es teilt"


Ich schenke sehr gern. Nicht nur zu Weihnachten - ich schenke einfach insgesamt wirklich gern.

Es macht mich glücklich, anderen Menschen durch ein wenig Aufmerksamkeit meinerseits Freude zu bringen. Das war schon immer so, doch seit ich Kinder habe, hat sich das noch einmal vervielfacht. Mit der Geburt meiner Töchter vor fünf Jahren öffnete sich mein Herz weit und seitdem spüre ich irgendwie, was mein Gegenüber gerade braucht.

Manchmal ist es nur ein Ohr - als ich mich neben eine ältere Dame auf die Parkbank setzte und ihr eine halbe Stunde freundlich zuhörte, bevor ich meine Kinder aus dem Kindergarten abholte. Manchmal ist es nur eine Briefmarke - als ich ein wichtiges Dokument auf dem dreckigen Gehweg fand und es zuhause gesäubert in einen großen Briefumschlag steckte und an den Besitzer schickte.

Dankesbrief

Manchmal ist es ein eiskalter Kaffee - als an einem heißen Sommertag eine Bäckereifachverkäuferin meinen gerade gekauften Iced Vanilla Latte bewunderte und augenzwinkernd meinte, so einen hätte sie jetzt auch gern, ging ich noch einmal zurück in mein Lieblingscafé und kaufte und brachte ihr einen.

Manchmal ist es ein Spielzeug - als einmal in meinem Lieblingsforum eine mir bis dahin eher unbekannte, aber durchaus sympathische Userin fragte, welche Puppe wir für ihren Sohn empfehlen würden, schickte ich ihr ein Paket mit einer wunderschönen Babypuppe. Ich hatte sie ein paar Monate vorher auf dem Flohmarkt für wenig Geld gefunden und mich spontan verliebt. Meine Töchter hatten aber schon Babypuppen, also wollte ich sie eigentlich nicht kaufen. Irgendetwas in mir sagte mir aber, dass ich sie noch brauchen werde - ich nahm sie also und legte sie beiseite, für einen besonderen Anlass. Als nun diese Userin nach einer Puppe fragte, wusste ich sofort - das ist die Familie, in die der kleine Puppen-"Peter" ziehen wird.

Manchmal ist es ein Brief. Als mir vor vielen Jahren eine Kollegin erzählte, dass ihr zehnjähriger Sohn einen Brief für Professor Dumbledore auf dem Fensterbrett hinterlassen hatte, in der Hoffnung, auch in die Zauberschule Hogwarts aufgenommen zu werden, kaufte ich grüne Tinte und schrieb ihm als "Dumbledore" einen liebevollen Antwort-Brief. Zusammen mit einer rot-goldenen Phoenixfeder legte seine Mama meinen Brief in der Nacht auf das Fensterbrett. Ihr hättet seine erstaunten Augen sehen sollen!

Manchmal ist es eine kleine Notlüge, mit der ich helfe. Als ich einmal in meinem Lieblingscafé saß, bemerkte ich, dass eine hübsche Postfrau auf dem Fahrrad von einem alten Mann freundlich angesprochen wurde. Ich kannte den Mann. Er wohnt über dem Café und ist einsam. Er kommt jeden Tag herunter und schafft es mühelos, fremde Menschen in ein Gespräch zu verwickeln. Auch ich hatte schon mehrmals mit ihm geredet - er ist eloquent und unterhaltsam. Der Haken an der Sache ist, dass er kein Ende findet. Irgendwie schafft er es, Gespräche so zu gestalten, dass sein Gegenüber keinen Ausstieg findet, ohne unhöflich und abrupt zu wirken. Wirklich nicht. Ich habe es versucht. Man bleibt entweder mehrere Stunden bei ihm kleben, oder man muss sich rüde losreißen.

Jedenfalls beobachtete ich aus dem Fenster heraus, wie er die junge Postfrau anquatschte und diese freundlich antwortete. Sie war schon halb auf ihrem Rad, da fragte er sie noch etwas. Sie stieg also ab, um seine Frage zu beantworten. Ich überlegte, ob sie nicht eigentlich schnell weiter müsste, weil sie doch Briefe austragen musste, aber dann wurde ich abgelenkt und beachtete die beiden nicht mehr.

Nach einer halben Stunde schaute ich wieder aus dem Fenster - und beide standen immer noch da. Ich versuchte, anhand ihrer Körpersprache herauszufinden, ob ihr das Gespräch noch angenehm war, wurde aber nicht aus ihr schlau. Zwar lehnte sie sich mehrmals zurück und schaute auch über seine Schulter hinweg zu ihren noch bevorstehenden Arbeitsweg, dann aber beugte sie sich ihm wieder offen entgegen und schaute ihm beim Reden in die Augen. Sollte ich einschreiten, oder nicht? Ich wartete noch eine  Viertelstunde und war immer noch unsicher. Dann aber lehnte sie sich eindeutig von ihm weg und verschränkte, während er sprach, die Arme vor der Brust - das war mein Zeichen, denn diese unbewusste Geste drückt den Wunsch nach Distanz aus.

Ich ging also schnell aus dem Café heraus und auf die beiden zu. Sie sahen mich nicht kommen, weil sie ins Gespräch vertieft waren, deshalb begann schon von weitem mit der Postfrau zu zetern: "Hier bist du! Mensch! Wir warten alle schon auf dich! Weißt du wie sauer der Chef mit dir ist?! Willst du gefeuert werden, oder was? Deine Runde hättest du schon vor 30 Minuten beenden müssen!"

Wohlgemerkt, ich kannte die Postfrau gar nicht, sie war mir völlig fremd. Dementsprechend entgeistert schaute sie mich an. Ihr Blick war voller Fragezeichen. Ich neigte meinen Kopf leicht in Richtung ihres Gesprächspartners, guckte ihr bedeutungsvoll in die Augen und fragte eindringlich: "Oder willst du dieses Gespräch hier noch weiter führen?" Da fiel bei ihr der Groschen. Ich war ihr Ausweg! Schnell sagte sie zu mir "Nein, nein, ich will das Gespräch nicht beenden." und entschuldigend zu ihm: "Ich muss jetzt wirklich los, sie hören ja..." Wir verabschiedeten uns gemeinsam von ihm und liefen zusammen los. Sie bedankte sich grinsend, ich zwinkerte ihr zu, dann fuhr sie los und ich ging zurück ins Cafè. Meine kleine Intervention hatte ihr geholfen, sich freundlich von ihm loszueisen, und ihr vielleicht tatsächlich den Job gerettet. Wer weiß?

Manchmal gebe ich Geld, um zu helfen. Vor meinem Café auf einer Bank sitzen das ganze Jahr lang eine Gruppe Obdachloser, trinken und unterhalten sich. Sie sind dabei ausgesucht höflich mit ihren Mitmenschen. Ab und zu kommen sie ins Café und gehen auf die Toilette.

Nach einer Weile fingen wir an, uns zu grüßen, weil ich auch jeden Tag dort bin, an meinem Fensterplatz stehe und schreibe. Einer der Männer hatte nur einen Schuh. Das war im Sommer kein Problem, aber als es erst Herbst und dann Winter wurde, machte ich mir Sorgen um ihn. Er wickelte den schuhlosen Fuß in Zeitungspapier und saß auf der Bank und trotzte der Kälte. Ich kaufte eine Runde heißen Kaffee und brachte ihn zur Gruppe raus. Dabei kamen wir ins Gespräch, ich hörte mir die Lebensgeschichten der Männer an. Irgendwann zeigte ich auf den schuhlosen Fuß und sagte, das könne nicht so bleiben. Er zuckte mit den Schultern. Das geht schon. Danke für den heißen Kaffee! Die anderen Männer spielten verzückt mit meinem Sohn, der sich quietschend an ihrer Bank festhielt. Mir wurde kalt, ich nahm den Kleinen wieder mit hinein ins warme Café, doch der fehlende Schuh lies mir keine Ruhe. Dann fasste ich einen Entschluss- ich würde dem Mann da draußen ein Weihnachtsgeschenk machen. Nicht einmal 10 Minuten später steckte ich ihm ein Bündel Geld zu. "Kauf dir Winterstiefel!", sagte ich eindringlich.

Diese Geschichte könnte hier zu Ende sein, doch sie hielt für mich noch eine Lernaufgabe bereit. Als ich "meinem" Obdachlosen das viele Geld gab, war ich zunächst glücklich, weil ich es schön fand, sein ungläubiges Gesicht zu sehen. Dann zweifelte ich an meiner Entscheidung. Würde er das Geld wirklich für Schuhe und nicht für Alkohol ausgeben? Ich wartete jeden Tag im Café auf ihn, aber er kam für zwei Wochen nicht mehr. Ich ärgerte mich. Bestimmt hatte er das Geld versoffen und traute sich mir nicht mehr unter die Augen. Ich wurde immer wütender, dann machte es plötzlich klick. Moment mal! Was er mit dem Geld machte, war doch seine Sache! In dem Moment, in dem ich die Scheine in seine Hand drückte, hatte ich die Verantwortung dafür auf ihn übertragen. Es war jetzt sein Geld, nicht mehr meins, und was er damit machte, ging mich gar nichts mehr an. Er hatte seine Dankbarkeit schon ausgedrückt, als er mir mit Tränen  in den Augen die Hand gedrückt und "das werde ich dir nie vergessen" gemurmelt hatte.

Endlich ließ ich von meinem Besitzanspruch los. Ich entspannte wieder, stand weiter an meinen Fensterplatz und schaute ab und zu hinüber zur Bank, von der aus mir die anderen Obdachlosen zuwinkten. Am nächsten Tag war er wieder da - mit einem dicken paar Stiefel an den Füßen und sechs Dönern für seine Freunde. Er nickte mir im Vorbeigehen zu, ich zwinkerte zurück und schrieb weiter an meinem Artikel.

Wie man in den Wald hineinruft, so....


Ich schenke wirklich sehr, sehr gern. Es drückt für mich Liebe aus. Liebe für alle Menschen, egal, ob sie mir nah stehen oder ob sie mir fremd sind. Manchmal werden aus Fremden dann auch Freunde. Die Userin, deren Sohn ich die Puppe schickte, ist nun eine meiner besten Freundinnen. Der Mann, dessen Dokument ich fand und zurückschickte, schickte mir einen lieben Dankesbrief, der mir den Tag versüßte. Der Sohn, mit dem ich als Professor Dumbledore eine rege Brieffreundschaft pflegte, ist mittlerweile 25. Ich erinnere mich gern an den Zauber der Zeit, als wir uns Briefe schrieben - für mich war das ebenso beglückend, wie für ihn.

Die Bäckereifachangestellte nahm sich, als meine Töchter 3 Jahre alt waren und unbedingt allein Brötchen einkaufen gehen wollten, die Zeit, die sie brauchten, um die Bestellung aufzugeben und das Geld zu sortieren. Sie war so liebevoll bei der Sache, dass meine Kinder heute, mit 5, total gern allein einkaufen gehen und mit allen Kassiererinnen und Kassierern einen freundlichen Schwatz halten. Das ist für mich wie ein Wunder, denn ich hätte in diesem Alter vor lauter Schüchternheit einem fremden Erwachsenen nicht einmal in die Augen geschaut, geschweige denn etwas von ihm gekauft.

Die obdachlosen Männer vor meinem Lieblingscafé wiederum haben es sich zur Aufgabe gemacht, mich und meine Familie zu schützen. Sie haben immer ein Auge auf uns und wenn mal ein fremder Betrunkener uns anpöbelt, oder sich uns in den Weg stellt (das kommt öfter vor, als man sich wünscht), sind sie immer gleich deeskalierend da und übernehmen den Fall. "Mein" Obdachloser war übrigens in den zwei Wochen im Krankenhaus, wo er einen Menschen traf, der ihn an die Hand nahm und mit ihm Behördenformulare ausfüllte. Seitdem hat er eine kleine Sozialwohnung. Er sitzt immer noch tagsüber auf der Bank und er trinkt immer noch zu viel Alkohol, aber in diesem Winter hat er einen warmen Platz zum Schlafen - und seine Freunde auch.

Ich bekomme so viel Liebe zurück von den Menschen um mich herum, dass ich gar nicht anders kann, als glücklich zu sein. Es gibt natürlich auch Momente, in denen ich angenervt bin oder mich über jemanden ärgere, aber meist wird das schnell wieder ausgeglichen durch ein Lächeln oder eine freundliche Geste eines anderen. Seit ich blogge, haben sich diese freundlichen Gesten vervielfacht durch die liebevollen Kommentare, die unsere Leser|innen uns tagtäglich hinterlassen. Jeden Morgen, bevor ich mit dem Schreiben beginne, lese ich zunächst, was ihr uns am Tag zuvor sagen wolltet und lächle dabei. Wie viel Wertschätzung ihr meiner und Danielles Arbeit entgegenbringt! Ich möchte euch vor Freude umarmen und knutschen, ihr tollen, tollen Frauen und Männer!

Doch euer Dankeschön für unsere Arbeit endet nicht bei den Kommentaren. Ihr habt gefragt, wie ihr uns unterstützen könnt und seitdem tröpfelt regelmäßig eure Liebe in unsere Wohnungen. Ihr schickt Bücher und Geld, so dass wir unsere Arbeit fortführen können, obwohl wir doch eigentlich völlige Fremde für euch sind und ihr ganz sicher nicht zu viel Geld zuhause rumliegen habt. Wir danken euch von Herzen für jede eurer Spenden! Danke, dass es euch gibt. Danke, dass ihr uns lest. Danke, dass ihr uns so viel zurück gebt.

Und wenn die Spende nicht anonym kommt, können wir sogar persönlich Danke sagen:

Wir danken also ganz besonders...

Nicole Sch., Svenja L., Christine B., Fanny K., Katharina S., Frauke R., TaoTao, Thomas G., Anja K., Petra B., Miriam R., Alexandra Z., Anna R., Olga Sch., Luzie L., Monika K., Bianca H., Beatrice A. Wolfgang T., Kirsten C, Katharina S., Sarah V., Nadine G., Stephanie D., Katrin P., Alexander K., Monika F. Thomas S., Carsten N., Julia C., Julia H., Julia B., Tobias D., Merle L, Olaf H., Wiebke M., Catherina D., Gerald S., Fabian S., Silke V., Anja R., Verena G., Petra H., Renate V., Claudia Z., Chiara D., Bärbel R., Miriam K., Frauke L., Berit K., Marina R., Jana B., Corinna H.-E., Katarina S., Anke B., Kerstin V., Christina Sch., Maren T., Svenja W., Rita M., Stefanie B., Astrid Sch., Ursula M.-V., Heidi T., Katrin N., Stephanie K., Marina E., Karin D., Manuela P., Liljana P.  und diejenigen, die wir möglicherweise versehentlich an dieser Stelle vergessen haben sollten.

Jahresendpause


Dieses Jahr haben wir viel gearbeitet und gönnen uns nun unsere wohlverdiente, vierwöchige Winterpause. Auf unserer Facebook-Seite werden wir in den nächsten Wochen ein paar Highlights aus den letzen Jahren posten - vielleicht habt Ihr ja Lust, vorbei zu schauen.

Wir wünschen euch wundervolle, stressfreie Weihnachten, einen Guten Rutsch ins Jahr 2016 und jeden Tag jemanden, der euch mit einem Lächeln, einer netten Geste oder einem freundlichen Wort ein bisschen Liebe schenkt und euch glücklich macht.

Eure Snowqueen und Danielle

Basteln für Unkreative - Unser Test von Bastelsets


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Unkreativität hat definitiv einen Namen: Danielle. Offenbar scheint sich Bastellegasthenie auch noch zu vererben - meine Kinder leiden in einer etwas schwächeren, aber in meinen Augen durchaus bedrohlicheren Ausprägung: ihnen fehlt dabei etwas ganz Entscheidendes: meine Unlust und das Desinteresse. Das führt leider dazu, dass sie basteln wollen - aber nicht wirklich kreative Ideen dafür haben. Und dann ernsthaft mich (mich!) fragen, ob ich "was Schönes" mit ihnen basteln kann.

Ich hatte anfangs ernsthaft und ganz blauäugig gedacht, ein Bastelkorb mit allerlei buntem Papier, diversen Klebstoffen (sogar mit Glitzer!), zahllosen Bastelscheren (auch solche, die lustige Wellen schneiden!) und weiterem Kreativitätszubehör (Federn, Pfeifenreiniger, Bambusstäbe!) führt dazu, dass meine Kinder seelig stundenlang an trüben Herbstnachmittagen eifrig ein Kunstwerk nach dem anderen produzieren und ganz ohne meine Mithilfe ihre Kreativität vollkommen frei entfalten. Sowas soll ja angeblich manchmal tatsächlich funktionieren. Die Tochter meiner besten Freundin ist bastelbezüglich höchstbegabt - ganz allein konzipiert sie Korkmännchen oder Schafe und setzt ihre Ideen kreativ in die Tat um:


Bei meinen Kindern sehen Basteleien so aus:


Ja auch irgendwie "schön", aber oft sind meine Kinder mit den Ergebnissen nicht ganz so zufrieden. Weil mir Freestyle-Basteling so gar nicht liegt, kann ich ihnen leider nicht helfen, befriedigendere Kunstwerke zu erschaffen.

Für diesen (wahrscheinlich wieder schrecklich langen und dunklen) Winter habe ich mich auf die Suche nach "Kreativunterstützern" gemacht - offenbar geht es vielen anderen Eltern auch so wie mir, denn der Fachhandel bietet jede Menge Kreativprodukte an. Ich habe mir die neuesten, schönsten, kreativsten und ausgefallensten Bastelunterstützungsprodukte angeschaut  und mit meinen Kindern in den letzten Wochen ausprobiert. Die Sets, die uns am besten gefallen haben, möchte ich Euch im folgenden Artikel vorstellen. Einige der Sets haben uns die Hersteller auf unsere Nachfrage freundlicherweise kostenlos zur Verfügung gestellt - diese sind mit einem Stern gekennzeichnet. 

Fischer Tip* 


Feucht klebbare Maisstärkedingens kennen wahrscheinlich die meisten von Euch. Die farbigen Stücke aus Stärke kleben aneinander, wenn man sie vorher befeuchtet. Meine Tochter bekam einen Eimer Playmais zum 3. Geburtstag geschenkt - sie klebte ungefähr sieben Stücke zusammen, aß weitere drei und verteilte die übrigen 490 Playmaise im Wohnzimmer. Ich sammelte geduldig alle ein und versteckte den Eimer, in der Hoffnung, dass es ein besseres Alter dafür gäbe und holte ihn zwei Jahre später wieder hervor. Dieses Mal klebte sie hingebungsvoll eine halbe Stunde an einer Figur (während ihr kleiner Bruder genüsslich mindestens 7 Stücke verspeiste) und warf sie dann wütend in die Ecke, weil Vorlage und Endprodukt keinerlei Ähnlichkeit hatten. Während ich sie tröstete, kippte der Bruder den Eimer einmal quer durchs Zimmer, um komfortabel an die offenbar leckersten blauen Stücke heranzukommen. Ich hasse das Zeug - ehrlich! Aber dennoch bin ich vom Konzept der Kartoffel-/Maisstärke-Klebe-Elemente aber dennoch absolut überzeugt.

Um den Umgang mit dem Zeug in geordnete Bahnen zu lenken, haben wir Fischer Tip ausprobiert. Uns wurde eine Premium Box XL zur Verfügung gestellt, die etwa 1.000 sogenannte Tips aus Kartoffelstärke enthält. Außerdem finden sich darin ein Schwammtuch, um die Maisstärkeelemente zu befeuchten und sieben verschiedene Werkzeuge, um die Tipps zu bearbeiten. Außerdem ganz wichtig für mich: Klare Bastelanleitungen, die Kinder  relativ leicht umsetzen können

Mit dem enthaltenen Messer können auch Dreijährige gut die Tips schneiden - eine Verletzungsgefahr besteht nicht. Mit dem Bausteinformer lassen sich Ziegel formen, die sich zu imposanten Bauwerken (oder wackeligen Pferdeställen) verkleben lassen. Zwei Mauerschablonen helfen dabei. Dafür ist ein bisschen Feinmotorik erforderlich, aber meine 6-jährige Tochter war ganz fasziniert vom "Mauern". Mit der enthaltenen Reibe kann man Tips effektiv zerbröseln (was die Lieblingsbeschäftigung meines 3-Jährigen war) und dekorativ ergänzen.

Der Bastelnachmittag mit den Fischer-Tips hat uns großen Spaß gemacht - ich kann es wirklich empfehlen. Was mir besonders gut gefallen hat: auch Kinder verschiedenen Alters kann man damit gleichzeitig beschäftigen. Dabei kann man entweder mit verteilten Aufgaben gemeinsam bauen oder jeder baut an einem Kunstwerk mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Wenn die Tips alle sind, kann man sie nachkaufen - 1000 Stück kosten um die 13 EUR. Weil es meiner Tochter so großen Spaß gemacht hat, bekommt sie zu Weihnachten die Fashion-Box, mit der sie Kleider für Papppuppen (fünf sogar sechs P in einem Wort!) zusammenkleben kann.

Meine ersten Nähprojekte


Wie wäre es mit etwas Handarbeit? Das Set Meine ersten Nähprodukte enthält Material für 5 verschiedene Nähsets, mit denen Kinder eine kleine Tasche, einen Brustbeutel, einen Bilderrahmen, eine Notizblockhülle und ein Stiftemäppchen nähen können. Die einzelnen Teile sind schon ausgeschnitten und werden mit einer Plastiknadel und einer dicken Schnur miteinander verbunden. Die Kunstwerke können dann mit Glitzersteinen und Schmuckelementen aus Schaumstoff verziert werden. Die Nadel ist natürlich so stumpf, dass dabei nichts passieren kann. 

Schon 4-Jährige Kinder können mit dem Set ans Nähen herangeführt werden - meine 6-Jährige war mit Feuereifer dabei. Sie konnte nach kurzer Anleitung fast ganz alleine die einzelnen Projekte nähen und war so begeistert, dass ich einen Nähkoffer nachkaufen musste, mit dem sie noch weitere Dinge nähen konnte.

Mini Pop-Up Buch*


Sehr witzig fand ich die Idee, ein Mini-Pop-Up-Buch zu gestalten. Das Set enthält ein leeres Buch, verschiedene Pop-Up-Elemente, Aufkleber und ein paar Stifte. Allerdings ist man hier auch als Eltern gefordert: Eine kurze Geschichte will ausgedacht und grafisch umgesetzt sein. Da das Kleben der Pop-Up-Elemente auch nicht ganz so einfach ist, sind Pop-Up-Bücher eher etwas für Kinder ab 7 bis 8 Jahren. Zumindest wenn man sie länger sinnvoll beschäftigen möchte. Zwar fand es auch mein 4-Jähriger  sehr lustig, ein Buch zu erstellen, er war jedoch recht schnell fertig mit Sticker kleben und Undefinierbares malen. Die Sticker sind schwarz-weiß und können ausgemalt werden - sie helfen der Phantasie bei der Entwicklung einer kleinen Geschichte auf jeden Fall auf die Sprünge.

Wem das Gestalten Spaß macht, der kann auch ein umfangreichere Pop-Up-Buch-Set kaufen.

Glitzer-Schmetterlinge gießen*


Mit dem SES-Set Glitzerschmetterlinge gießen kann man verschiedene Gips-Figuren gießen und anschließend bemalen und/oder beglitzern. Der Gips ist im Set enthalten und reicht etwa für ganz viele Figuren. Man sollte also nicht sofort die komplette Packung anrühren, sondern nur einen Teil davon. Sollte er zur Neige gehen, kann man auch ganz normalen Gips aus dem Baumarkt holen - er sollte möglichst fein sein und etwas flüssiger angerührt werden, weil die Figuren doch teilweise sehr filigran sind. Das Anrühren und Abfüllen des Gipses ist natürlich eine kleine Schweinerei - aber ähnlich wie beim Backen macht das natürlich einen großen Teil des Reizes für die Kinder aus. 

Das Aushärten dauert einige Stunden, danach müssen die Figuren aus der Form gelöst werden. Ich empfehle, dass das Herauslösen von den Erwachsenen übernommen wird, weil die Figuren sonst leicht zerbrechen können (was erfahrungsgemäß zu Tränen führen kann). Anschließend kann fröhlich drauf los gemalt und beglitzert werden. Das Set enthält sowohl Farbe, als auch Glitzer. Beides lässt sich mit dem beigefügten Pinsel gut aufbringen, wenn man die Figuren jedoch ähnlich fein strukturiert bemalen will, wie auf der Packung, braucht man einen dünneren Pinsel. Da man das aber in der Regel trotzdem nicht hinbekommt, sollte man die Packung möglichst außer Sichtweise räumen, dass die Kinder nicht davon frustriert sind, dass ihre Ergebnisse nicht den abgebildeten entsprechen. 

Fazit: Der Sauereifaktor ist recht hoch, zumindest für das Gießen ist die Hilfe von Erwachsenen notwendig. Aber an den Schmetterlingen hatten meine Kinder beide großen Spaß - daher kann ich sie wirklich empfehlen.

Farben-Schleuder*


Mit einer Farbenschleuder kann man einzigartige Spritzbilder erzeugen. Dazu legt man ein Stück Papier in die Schleuder und bringt sie durch das Drücken eines Knopfes in Bewegung. Der Schleuder liegt ein Set mit drei flüssigen Farben bei. Diese kann man mit einer ebenfalls enthaltenen Pipette dann auf das Papier tropfen. Es entstehen immer neue Bilder - meinen Kindern hat das außerordentlich viel Spaß gemacht. Dem Set liegt auch eine Anleitung bei, die verschiedene Ideen und Techniken enthält. Nachdem wir alle Farben verbraucht haben, habe ich bei IKEA die MÅLA-Farben gekauft (8 Flaschen für 6,99 EUR) - die haben genauso gut funktioniert, wie die Originalfarbe.

Der Mechanismus ist manchmal etwas schwergängig oder stockt, so dass es sich empfiehlt, dass einer ausschließlich die Schleuder in Betrieb hält, damit sich der andere auf das Farbentropfen konzentrieren kann. Etwas schade fand ich, dass nur so wenige passende Blätter dabei waren, so dass man recht schnell neue zurecht schneiden muss (was durch die runde Form nicht sooo unaufwändig ist). 

Vogelhäuschen bauen* 


Meine Kinder lieben Vögel und verbringen einige Zeit an der Terrassentür, um welche zu beobachten. Besonders im Winter haben sie große Freude daran, die Vögel zu füttern (hier gibt es übrigens wichtige Tipps des Naturschutzbundes zur Fütterung). Dieses Jahr wollten sie ein eigenes Vogelhäuschen basteln und auch dafür gibt es ein Produkt für Doppeltlinkshänder - "Mein erstes Vogelhäuschen" von Kosmos.

Das Häuschen wird ganz ohne Leim, Nägel und Werkzeuge zusammengebaut, da die Teile ineinander gesteckt werden. Im Set sind 12 Wachsmalstifte enthalten, mit denen das Häuschen angemalt wird. Wie es um die Haltbarkeit bestellt ist, werde ich später berichten - noch hängt das Häuschen noch wenig von der Witterung beeinflusst in unserem Garten.

Geometrischer Schmuck*


Großen Spaß hat meiner Tochter das Set Geometrischer Schmuck von Creativity for Kids gemacht. Es enthält verschiedene Schmuckelemente aus Kunststoff (gold und silber metallic, weiß rosa, gelb und blau), farblich unterschiedliche Schnüre, einige Ketten und Armbänder aus Metall und vier Ohrring-Rohlinge. Außerdem im Set befinden sich Klebstoff und eine Schere. Dank der Bastelanleitung hat man relativ schnell heraus, wie es funktioniert und gerade Kinder, die sehr ordnungsliebend sind und es optisch harmonisch mögen, werden Gefallen an den geometrischen Formen finden. Kinder die es lieber wild und durcheinander mögen, macht dieses Set wahrscheinlich nicht ganz so viel Spaß. 

Sandbilder


Auch eine tolle Idee sind Sandbilder - wir haben beim letzten Kindergeburtstag mit Sablimage von SentoSphere tolle Bilder gestaltet. Jedes Set enthält 4 Bilder zu bestimmten Themen wie Fische und Delfine, Pferde, Tiere in Afrika, Tiermandalas, Dinosaurier, Autos oder Prinzessinnen. Die Bilder sind mit ganz vielen kleinen Klebefolien überzogen, die man farbweise abzieht. Die Sets enthalten jeweils 16 Dosen mit farbigem Sand, der dann auf die Klebeflächen gestreut wird. Überschüssiger Sand wird durch Bewegen des Bildes abgeschüttelt und wieder in die Dose gegeben. So entstehen nach und nach bunte Sandbilder. Die Kinder sind total begeistert davon und beschäftigen sich mit einem Bild durchaus auch mal eine Stunde. Die Ergebnisse sehen wirklich nett aus und werden bei uns im Kinderzimmer aufgehangen.

Origami*


Ich bin ja ein großer Fan von Japan und sehr fasziniert von Origami. Mit dem Bastelset von Creativity for Kids wollte ich meinen Kindern die Faltkunst näher bringen. Und sie waren begeistert! Das Set enthält 100 quadratische Blätter in vielen verschiedenen Designs, eine Schere, Kleber, Glitzer, Federn, aufklebbare Augen (für gefaltete Tiere), Strass,  Mizuhiki-Schnüre und eine tolle Anleitung mit ganz vielen Gestaltungsideen, die Schritt für Schritt erklärt werden. Meine Tochter und ich haben wirklich einige Stunden mit den bunten Blättern verbracht - mein kleiner Sohn fand es (noch) sterbenslangweilig.

Piraten Schiff*


Meinem Sohn gefiel am besten das Bastelset Pirate Ship von Creativity for Kids. Zwar erforderte es etwas Übung die Teile zusammen zu bauen, aber nach etwas Übung klappte es schon recht gut. Ein Fünfjähriger käme sicher alleine zurecht. Die Packung enthält einen Schiffsrohling, dem ein Segel angebaut werden muss. Dabei sind vier verschiedene Farben, mit denen das Boot noch bemalt werden kann. Besonders gut an dem Set gefällt mir, dass es komplett plastikfrei ist (bis auf die Farbtöpfe) - das Boot besteht ausschließlich aus Holz, Papier und Schnur.

Mit einem Preis von nur etwa 6 EUR ist das auch ein etwas ausgefalleneres Geschenk für Kindergeburtstage.

Seifen gießen*


Ebenfalls von SES ist das Set Glitzer-Seifen gießen. Super praktisch dabei: Das Bastelendprodukt ist verbrauchbar - ein Vorteil, den Vielbastler-Eltern sicher zu schätzen wissen. Die Packung enthält einen Seifenblock, der in der Mikrowelle erhitzt wird, bis er schmilzt. Das ist relativ geruchsintensiv, weswegen man alternativ eine Erwärmung im Wasserbad erwägen kann. Anschließend wird die Masse mit den beiden beiliegenden Farben (rosa und hellblau) mithilfe einer Pipette gefärbt und Glitzer dazu gegeben. 

Mit der beiligenden Seifenmasse kann die beiliegende Form etwa ein- bis zweimal befüllt werden. Sie enthält insgesamt neun verschiedene Motive. Das Abfüllen in die Formen können Grundschulkinder schon gut selbst schaffen - meinem kleineren Sohn habe ich dabei geholfen. Zwar ist die Form mehrfach verwendbar, aber die Qualität leidet mit jeder Verwendung, da man die Stücken herausdrückt. Mit etwas Duftöl kann man der Seife auch noch einen Geruch verleihen - (wenn man es nicht ganz so glitzerig mag, kann man auch gleich zum Set Duftseifen gießen greifen).

Fazit: Das Set macht Spaß und ist auch als kleinere Aktivität für Kindergeburtstage geeignet - viel länger als 20 Minuten kann man sich damit jedoch nicht wirklich beschäftigen. Wir haben dadurch aber tatsächlich Lust aufs Seife machen bekommen und die Kinder gießen jetzt schon eifrig, um zu Weihnachten die Verwandten zu beglücken. Wir sind aber auf Pralinenformen, ganz normale Drogerie-Seife, Bastelglitter und Lebensmittelfarbe umgestiegen - das ist langfristig deutlich effizienter. 

Bunte Silikonarmbänder*


Kennt ihr diese Armbänder, die man sie gegen das Handgelenk schlägt und die sich dann automatisch zusammenrollen? Auch solche kann man mit einem Set von Creativity for Kids selbst gestalten. Die Packung enthält fünf farblich unterschiedliche Silikon-Rohlinge, die nach Herzenslust individuell gestaltet werden können. Dazu kann man etwas schmalere und etwas breitere Gummis verwenden. Außerdem enthält das Set zehn kleine Anhänger aus Metall, die ebenfalls angebracht werden können. 

Ich persönlich fand die Idee irgenwie nicht so richtig überzeugend, aber wie das immer so ist: Meine Tochter fand das Set großartig. Sie wünscht sich nun, dass ich noch ein Set für ihren siebenten Geburtstag kaufe, damit sie mit ihren Freundinnen dann Schnapparmbänder basteln kann. 

Dieser Artikel wird immer mal wieder aktualisiert, wenn wir ein neues Produkt entdecken, das uns gut gefallen hat, werden wir dieses ergänzen. 

© Danielle

"Gelassen durch die Trotzphase" - Annette Kast-Zahn

Im August erschien eine Neuauflage des Buches Gelassen durch die Trotzphase von Annette Kast-Zahn. Frau Kast-Zahn erlangte (traurige) Berühmtheit als Autorin des wohl am meisten gehassten Erziehungsratgebers Jedes Kind kann schlafen lernen, in dem geraten wird, dass nicht allein einschlafende oder nicht durchschlafende Kinder durch gezieltes Schreien lassen bis zur Resignation frustriert werden. Ich war außerordentlich neugierig, was Frau Kast-Zahn in Bezug auf die Trotzphase empfiehlt. Der GU-Verlag hat mir freundlicherweise (und wahrscheinlich auch das letzte Mal) ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, so dass ich meine Neugier befriedigen konnte. Leider war mir eine sachliche Rezension nicht möglich - Euch erwartet vielmehr eine kritische Auseinandersetzung.

Das Buch


Das Buch ist unterteilt in Theorie- und Praxisteil. Im Theorieteil geht es zunächst um die Meilensteine der Entwicklung. Es wird kurz darauf eingegangen, dass sich Kinder in der Trotzphase (wie die Autonomiephase durchgehend genannt wird) oft sprachlich nicht ausreichend ausdrücken können und die Wut daher anders ausgedrückt werden muss. Mit der Entdeckung des eigenen "Ich" beginnt zudem eine Phase, in der Kinder immer wieder ausprobieren, welche Folgen ihre Handlungen haben. Erst wenn das Kind in der Lage ist, sich in andere einzufühlen, wird es unerwünschte Handlungen aufgrund von Einsicht unterlassen.

Unter der Überschrift "Die Kunst, dem Kind zu geben, was es braucht", wird die Wichtigkeit liebevoller Zuwendung als außerordentlich wichtig hervorgehoben. Um die Wichtigkeit zu unterstreichen gibt es den etwas seltsam anmutenden Tipp:
"Jeden Tag braucht ihr Kind mindestens einmal Ihre ungeteilte positive Aufmerksamkeit".
Ich weiß nicht, wie es Euch geht - meine Kinder brauchen durchaus eher öfter und nicht nur "einmal am Tag" ungeteilte Aufmerksamkeit - vor allem in der Autonomiephase. Zwar steht da "mindestens einmal" - aber die Formulierung suggeriert dennoch, dass (nur) "einmal" auch völlig in Ordnung wäre.

Anschließend wird erklärt, dass auch Verlässlichkeit, Schutz, Gelegenheiten zum Lernen und Spielen sowie "starke Eltern" das sind , was sich Kinder wünschen. Und Eltern, die Grenzen setzen, wenn das Kind etwas möchte, das ihm nicht gut tut. Was Kindern "nicht gut tut", wird sogleich näher erläutert: Gefährliches, Unangemessenes und Unsinniges (bspw. so vermessen zu sein, statt des blauen Bechers lieber den roten und danach dann doch den gelben haben zu wollen). Eltern müssten unbedingt Regeln aufstellen und durchsetzen. Um das genauer zu erläutern, beschreibt Frau Kast-Zahn zwei "Trotzkisten" - die "Ich will - aber ich darf nicht"-Kiste und die "Ich muss - aber ich will nicht"-Kiste. Ein etwas schwurbeliges Konzept, das umständlich erklärt, warum Kinder üblicherweise trotzen - wenn sie etwas nicht dürfen oder etwas tun müssen, worauf sie keine Lust haben

Es gibt aus Sicht der Autorin grundsätzlich nur zwei Möglichkeiten, mit einem Wutanfall umzugehen: den Anfall persönlich zu nehmen, selbst laut zu werden, zu schreien, zu schimpfen und dem Kind Vorwürfe zu machen. Das sei jedoch nicht sinnvoll, (nicht etwa, weil es entwürdigend und respektlos sei, sondern) weil das Kind dabei lerne, dass Schreien und Schimpfen in Ordnung sind.

Die andere (und damit vermeintlich einzig richtige) Möglichkeit ist, den Anfall nicht persönlich zu nehmen, ruhig und gelassen zu bleiben, aber unbedingt darauf zu bestehen, dass das Kind trotzdem tun muss was es soll oder nicht tun darf, was es will. Das ermögliche dem Kind wichtige Erfahrungen, die für seine Entwicklung hilfreich seien. So lernt es nach und nach, bestimmte Regeln und Pflichten zu akzeptieren. Belohnt man Trotzanfälle nicht mit Aufmerksamkeit, würden sie von allein immer seltener.

Generationen von Eltern können bestätigen können, dass das Ignorieren von Wutanfällen ganz sicher nicht dazu führt, dass Kinder seltener welche haben - sie werden vielmehr noch lauter und noch wütender - und selbst wenn sie aufhören zu weinen, dann doch nur aus Verzweiflung, weil ihnen ohnehin keiner zuhört oder sich gar vorsätzlich abwendet. Offenbar hat Frau Kast-Zahn ein pädagogisches Patent-Konzept für alle Lebenslagen: Man muss Kinder einfach nur bis zur Resignation ignorieren - dann werden sie ihr Verhalten schon wunschgemäß anpassen.

Das war es dann auch schon zur Theorie - den Abschluss dieses Buchteils bilden zwei Test, bei denen ich meinen Augen kaum traute. In fünf verschiedenen Bereichen soll man sein Kind einschätzen. Es werden verschiedene Sachverhalte aufgezählt - macht das Kind etwas gar nicht, dann gibt es 0 Punkte, macht es etwas sehr oft, gibt es 3 Punkte. Hier ein Auszug aus den Fragen:

Mein Kind:
  • wirkt beim Spielen zufrieden und freut sich über Erfolge
  • erzählt bereitwillig von seinen Erlebnissen
  • kann in aller Ruhe stiller Beschäftigung nachgehen
  • nimmt mit Kindern oder außerhalb der Familie Blickkontakt auf
  • kann ein Nein akzeptieren
  • kann warten ohne zu quengeln
  • erledigt Pflichten zügig und ohne zu trödeln
  • folgt bereitwillig den Anweisungen der Eltern
  • schläft ohne Probleme ein
  • bleibt beim Essen sitzen
  • akzeptiert das, was auf den Tisch kommt, ohne zu jammern

Kind verschränkt trotzig die ArmeDer Fragebogen soll dazu dienen, die positive Entwicklung des Kindes zu zeigen und "Ecken und Kanten im Verhalten" zu bestimmen. Wenn ich den Bogen für meinen dreijährigen Sohn ausfüllen müsste, würde ich wahrscheinlich geschockt sein, welche eklatante Schwächen mein Kind hat. Natürlich meckert er, wenn es abends wieder mal Brot gibt oder er Erbsen auf seinem Teller findet. Warten findet er total blöd, auf meine Frage, wie es in der Kita war, bekomme ich die Standardantwort "Schön!" und bereitwillig, zügig und ohne zu trödeln "folgt" er nur dann, wenn er eigene Interessen verfolgt. Vom allein Einschlafen träume ich seit knapp vier Jahren. Dennoch halte ich mein Kind nach wie vor für vollkommen normal entwickelt und finde es altersgerecht, wenn ein Kind in der Trotzphase eben nicht bereitwillig den Anweisungen der Eltern folgt oder bei seinen Verrichtungen trödelt.

Die Auswertung des Tests ist dann auch noch vollkommen nichtssagend - wenn das Kind wenige Punkte bei "sozialem Verhalten" hat, soll  man sein Kind bei positivem Verhalten Aufmerksamkeit schenken (warum das nicht sinnvoll ist, darüber habe ich im Artikel über das Loben ausführlich geschrieben). Hat es einen Mangel an Selbstvertrauen, soll man mit dem Kindergarten sprechen (warum, bleibt unklar). Bezüglich Schlafen/Essen/Sauberwerden heißt es lapidar "Erzwingen können Sie hier gar nichts". Ganz genau - warum soll ich also diese "Schwächenanalyse" überhaupt machen? Zurück bleibt allein ein vermeintliches Ideal-Bild vom folgsam angepassten Kind...

Der zweite Test testet meine Erziehungskompetenz. Vorab erfahre ich: bei den Themengebieten "Konsequent handeln" und "Klartext reden" bekomme ich meine Punkte nur, wenn ich freundlich und sachlich bin und meine Konsequenzen fair und durchdacht sind. Besonders viele Punkte für Erziehungskompetenz bekomme ich, wenn ich mein Kind höchstens drei mal ermahne, bevor ich eine Konsequenz folgen lasse. Oder wenn ich wenig rede, wenn ich eine Grenze setze. Oder wenn ich fest bleibe, wenn mein Kind mit mir Verbote oder Anweisungen diskutieren will. Ich muss auch sofort reagieren, wenn mein Kind sich unangemessen verhält.

Ich rätsele noch immer etwas, worin der Unterschied zwischen den folgenden Punkten besteht:
  • "Wenn mein Kind sich unangemessen verhält, reagiere ich sofort"
  • "Eine angekündigte Konsequenz setze ich auch in die Tat um" und
  • "Wenn mein Kind meinen Aufforderungen nicht nachkommt, lasse ich Taten folgen" 

Eins ist für Frau Kast-Zahn jedoch definitiv klar: Wenn ich nicht klare Ansagen mache und sofort und absolut unnachgiebig mit strengen Konsequenzen agiere, versage ich erzieherisch total und muss mich nicht über mein trotzdendes Kleinkind wundern. Aus Sicht der Autorin ist es natürlich unbedingt erforderlich, zu 100 % konsequent zu sein, denn das ist absolut unumgänglich, wenn man eine komplette Resignation sicher stellen möchte. Das Kind muss das Gefühl haben, absolut keine Chance zu haben, also völlig machtlos und ausgeliefert zu sein - dann wird es schon tun, was man von ihm verlangt.

Mich hat dieser Erziehungsfragebogen sehr wütend gemacht - suggeriert er doch, dass besondere Strenge erforderlich sei, um erziehungskompetent durch die Trotzphase zu kommen. Dabei sind viel mehr Geduld, Empathie und Zuwendung erforderlich, um Kinder liebevoll zu begleiten. Ich habe die Erfahrung gemacht: Geht man auf Kinder liebevoll ein und handelt man Kompromisse aus, dann trotzen sie deutlich weniger, als wenn ich eiskalt konsequent bin und sie ignoriere.

Der Trotz-Praxis-Teil unterscheidet nachfolgend in Trotz
  • aus Wut und Willensstärke,
  • aus Angst und
  • beim Schlafen, Essen und Sauberwerden.

Zunächst wird Trotz bei Kindern unter 3 Jahren thematisiert. Frau Kast-Zahn stellt zutreffend fest, dass die Trotzneigung sowohl typabhängig, als auch normal ist. Allerdings seien viele Eltern selbst Schuld an ausgeprägterem Trotzverhalten. Durch "vorbeugende Anpassung" würden sich Eltern dabei nämlich so verhalten, dass sie Dinge vermeiden, die Kinder wütend machen. Dabei würden Kinder jedoch lernen, dass sich die Welt vermeintlich nur um sie drehe und wenn dann mal etwas nicht nach ihrem Willen läuft, würden sie umso schlimmer trotzen. Ebenso schlimm sei es, während eines Trotzanfalls nachzugeben und unsinnige Wünsche zu erfüllen. Denn dadurch würden Kinder lernen, dass sie alles bekämen, was sie wollen.

Ich kann nicht erkennen, inwiefern es schädlich sein soll, trotzauslösende Reaktionen zu vermeiden. Eine außer Reichweite gestellte Klobürste oder ein "Ja!" zu einem Wunsch, bei dem man die Frage "Warum nicht?" nicht beantworten kann, haben schon manchen Wutausbruch verhindert. Dabei lernen Kinder nicht, dass sich die Welt um sie dreht, sondern dass sie von Erwachsenen umgeben sind, die sie gleichwertig behandeln, ihre Bedürfnisse ernst nehmen und versuchen, Kompromisse einzugehen. Es gibt schließlich noch genügend andere Gelegenheiten, bei denen wir "Nein!" sagen müssen.

Frau Kast-Zahn empfiehlt jedoch, dass man Trotzanfälle grundsätzlich aushalten muss und keinesfalls dem Willen nachgeben darf. Wichtig sei, den Anfall gelassen hinzunehmen und ihn nicht persönlich zu nehmen (wogegen nichts einzuwenden ist) - falls die Situation zu kippen droht, dann könne man eine Auszeit verordnen. Für Kinder unter drei Jahren wird empfohlen, entweder in eine andere Ecke des Raums zu gehen und das Kind zu ignorieren oder wortlos aus dem Raum zu gehen, bzw. zu sagen "Wenn du dich beruhigt hast, komme ich wieder". Schreit das Kind länger, schlägt sie "bewährte Methoden" vor: man könne alle zwei Minuten zum Kind gehen und fragen: "Kann ich dir helfen? Ist alles in Ordnung?" (Natürlich nicht - sonst würde das Kind doch nicht schreien!) Schreit es dann dennoch ganz unbeeindruckt weiter, geht man eben wieder. Nur, wenn es einem schluchzend die Arme entgegenstreckt, dann bleibt man und tröstet es.

Für die Auszeit gibt es noch Tipps:
"Wenn Ihr Kind schreiend hinter Ihnen herläuft oder sich an sie klammert, verwenden Sie möglichst ein Türgitter, um für den Abstand zu sorgen. Als Ausnahme kommt auch der Laufstall oder das Gitterbettchen in Frage. Gehen Sie dann immer wieder in kurzen Abständen zu Ihrem Kind und machen ihm klar dass die Auszeit sofort beendet ist, wenn es aufhört zu schreien: "Wenn du nicht mehr so laut weinst, kannst du wieder zu mir kommen". Wenn Ihr Kind sich beruhigt hat, ist ein kurzes Versöhnungsritual hilfreich: Nehmen Sie es in den Arm und sagen Sie etwas Aufmunterndes: "Jetzt ist alles wieder gut. Da bin ich aber froh" (S. 44).
Ich weiß nicht, wie es Euch geht - mir brechen diese Worte wirklich das Herz - das ist einfach nur unmenschlich und grausam. Wie kann man ernsthaft vorschlagen, Wutanfälle bloß nicht mit Aufmerksamkeit zu belohnen? Aber es geht noch weiter: wenn das Kind mit dem Kopf auf den Boden schlägt, empfiehlt die Autorin, man solle freundlich und sachlich bleiben und dann eine Auszeit verhängen. Frau Kast-Zahn hat dazu dann gleich noch einen weiteren Tipp: sobald sich ein Wutanfall bei Kopf-auf-den-Boden-hau-Kindern anbahnt, wird ihnen einfach ein Fahrradhelm aufgesetzt! Problem gelöst.

Und was ist, wenn sich das Kind vor Wut wegschreit (respiratorischer Affektkrampf)? Auch dem solle man bloß nicht allzu viel Aufmerksamkeit schenken - man soll in der Nähe bleiben (immerhin!), das Kind beobachten und nach dem Anfall einfach sachlich-freundlich zur Tagesordnung übergehen. Während des Anfalls kann man sich wiederholt sagen: "Es sieht schlimm aus. Aber es ist nicht schlimm". Und man solle bloß nicht durch "vorbeugendes Anpassen" das Wegschreien verhindern wollen - je mehr Wünsche wir von den Augen ablesen würden, desto mehr ist unser Kind frustriert, wenn wir mal nicht den Wunsch richtig erraten. Denn - ganz wichtig! - das Kind lernt so ja auch nur wieder, dass es durch Affektkrämpfe etwas "Angenehmes" (?!) erreicht und damit steigt dann die Häufigkeit der Wutanfälle. Welch abgrundtief gemeines Bild von Kindern hier gezeichnet wird! Die kleinen, verschlagenen Satansbraten, die uns durch ihre Garstigkeit in den Wahnsinn treiben wollen und nicht mal davor zurück schrecken, einen Affektkrampf willentlich herbeizuführen (was zwar nicht möglich ist - aber egal) - das Kind hat ganz sicher grundsätzlich böse Absichten! Mit unter drei Jahren!

Bei älteren Kindern wird es dann für uns Eltern deutlich schwieriger, schließlich können Kinder uns nun bewusst ärgern, beleidigen, sich widersetzen, stur stellen, alles verweigern. Da gilt es dann, noch stärkere Geschütze aufzufahren. Zunächst erst mal soll man nicht lange diskutieren oder erklären. Und natürlich wieder: auf keinen Fall nachgeben! Es gilt standhaft zu bleiben! Umso seltsamer mutet dann plötzlich der Tipp mitten im Text an:
"Damit Ihr Kind Sie und andere mit Respekt behandelt, müssen Sie ihm diese Haltung vorleben. Das bedeutet im Erziehungsalltag konsequent auf den Einsatz von Macht, Willkür und körperlicher Gewalt zu verzichten" (S. 51).
Ja! Ja! Ja! Ganz genau! Nur warum geht es im restlichen Buch nur darum, wie man die elterliche Macht möglichst effektiv einsetzt. Schon auf der nächsten Seite heißt es bspw.:
"Je friedfertiger Ihr Kind ist, desto häufiger wird es gute Lösungen finden. Je kampfbereiter es ist, desto häufiger müssen Sie am Ende konsequent handeln. [...] Wenn es friedlich und bereit zur Zusammenarbeit ist, hat es Vorteile. Wenn es lieber weiterkämpft, muss es mit den Konsequenzen leben" (S. 52).
Kind streckt ärgerlich die Zunge herausMan soll also seine Macht nicht missbrauchen, aber spurt das Kind nicht, dann werden Konsequenzen verhängt. Nur wenn es "friedlich" ist, hat es Vorteile - Zuckerbrot und Peitsche. Findet ein Kind in einem aufgebrachten Wutanfall keine Lösung - Ihr ahnt es - wird eine Auszeit vorgeschlagen. Aber die soll immer freundlich und gelassen verhängt werden - sonst habe das Kind das Gefühl, bestraft zu werden (wie kann man so etwas schreiben und nicht sofort den Widersinn erkennen?)

Bei der Auszeit gelten dann für die größeren Kinder modifizierte Regeln: sie müssen in einen anderen Raum. Die Tür wird geschlossen und bei Bedarf zugehalten [tatsächlich!]. Eine Minute pro Lebensjahr reicht dabei. Dann macht man ein Friedensangebot. Schreit das Kind danach immer noch, dann wird die Auszeit um ein bis zwei Minuten verlängert und anschließend wieder ein Friedensangebot gemacht [ich würde das jetzt eher Drohung nennen]: "Ist es wieder gut oder muss ich noch mal die Tür zu machen?" Wenn man unterwegs ist, kann man die Auszeit durchführen, indem man z. B. einfach fünf Minuten Zeitung liest und das Kind ignoriert. Aber auch eine Kundentoilette im Kaufhaus kommt dafür in Frage.

Natürlich werden auch logische Konsequenzen empfohlen (die nichts anderes sind, als Strafen) und Belohnungen vorgeschlagen. Zeigt das Kind das erwünschte Verhalten, kann es Belohnungen verdienen. Sollte das nicht ausreichen, um das Kind trotzfrei zu bekommen, gibt es weitere Tipps: 
"Schnell reagieren - Bei impulsiven Kindern kommt man ohne Auszeiten nicht klar, ihre heftigen Reaktionen erfordern eine zügige und wirksame Konsequenz" (S. 61).
Aha, wenn Auszeiten nicht helfen, dann soll man also noch mehr Auszeiten verhängen und noch mehr Konsequenzen. Aber auch Rollenspiele könnten helfen.
Und welche Tipps hat Frau Kast-Zahn für Kinder, die Hauen und Beißen? Ist das Kind unter drei, dann soll man mal wieder konsequent sein:
"Bei aller Gelassenheit sollten Sie das unangemessene Verhalten aber sofort beenden, wenn Ihr Kind jemanden schubst, haut, tritt oder beißt. Gehen Sie mit ihm vor die Tür. Setzen Sie eine Auszeit ein."
Ist das Kind älter als drei Jahre, dann sollte das Verhalten verschwunden sein. Wenn nicht, dann ist ganz klar:
"Alles, was Sie zum Thema Trotz [...] gelesen haben, gehört auch beim Umgang mit aggressivem Verhalten zum Handwerkszeug. Insbesondere die Auszeit ist ein wichtiges Mittel: Mit ihrer Hilfe können Sie das unerwünschte Verhalten sofort beenden" (S. 70).
Aber auch Rollenspiele könnten helfen. Und das (natürlich) konsequente Belohnen mit Aufmerksamkeit für friedliches Verhalten. Das Buch bietet in den Umschlagseiten eine Vorlage für einen Belohnungsplan. Viel Loben soll man das Kind natürlich auch unbedingt! Frau Kast-Zahns Tipp für eine effektive positive Wahrnehmung: morgens 10 Büroklammern in die rechte Hosentasche stecken und für jede Aufmerksamkeit für friedliches Verhalten wandert eine Klammer in die andere Tasche. Am Abend sollte die rechte Tasche dann leer sein. 

Sie hat auch gleich ein paar Formulierungs-Vorschläge für die positive Wahrnehmung:
"Es macht richtig Spaß, dir beim Legospielen zuzuschauen!"
"Niemand hat so tolle Ideen wie du!"
"Dein Gedächtnis ist echt eine Wucht!"
"Du siehst super aus mit deinem neuen T-Shirt!
Das kann doch nicht wirklich ihr Ernst sein?

Ein weiteres Kapitel des Buches beschäftigt sich mit Geschwisterstreitigkeiten. Es gibt ein paar allgemeine Tipps, wie man dem älteren Kind die Entthronung erleichtern kann. Erwartungsgemäß geht es über die üblichen Tipps (wie bereiten Sie das Kind vor, verlangen Sie kein vernünftiges Verhalten, lassen Sie das Kind helfen und nehmen Sie sich Zeit für das Kind) nicht hinaus.

Die Lösung für Geschwisterstreits wird mit "faire Lösungen finden" präsentiert. An sich keine schlechte Idee - aber die praktische Umsetzung lässt einen doch wieder den Kopf schütteln. Hier ein möglicher Vorschlag für den Streit um einen Hüpfball:
"Mutter (bezieht Kinder ein): "So ihr beiden, jetzt ist Schluss mit der Streiterei. Das kriegt ihr friedlich hin, da bin ich ganz sicher. Muss ich euch erst mal zum Abkühlen jeden ins ein Zimmer schicken [ah! Allheilmittel Auszeit androhen] - oder überlegen wir sofort, wie es klappen könnte?"
Luise und Lukas: "Nein! Nicht ins Zimmer! Lieber überlegen!"
[... Streitgespräch...]
Mutter (ermuntert die Kinder zu einem Vorschlag): "So kommen wir nicht weiter. Fällt Euch noch etwas Besseres ein?"
Luise: "Erst bin ich eine Stunde dran, dann Lukas. Du guckst auf die Uhr".
Mutter (nimmt den Vorschlag auf): "Das ist eine gute Idee. Aber eine Stunde ist zu lang."
Wenn eine Einigung nicht gelingt, kann die Mutter Lukas und Luise zu einer kurzen Auszeit [natürlich] in zwei verschiedene Zimmer schicken und ihnen dann noch einmal gemeinsam eine Chance geben. Klappt es wieder nicht, wird der Hüpfball für den Rest des Tages aus dem Verkehr gezogen. So einfach ist das. Und so schwer".
Drohungen, konsequente Strafandrohung und Auszeiten - mehr bietet Frau Kast-Zahn nicht zur Problemlösung.

Im Kapitel "Trotz aus Angst" geht es um kindliche Ängste - allen voran die Trennungsangst (die übrigens vor allem durch die von der Autorin empfohlene Ferber-Methode verursacht wird). Man muss aber zugestehen, dass dieser Teil des Buches recht gut erklärt, warum Kinder vor allem im Alter zwischen zwei und drei Jahren so anhänglich sind.

Es werden außerdem die Eingewöhnung in der Kita und Schüchternheit thematisiert, aber Substanzielles, Hilfreiches oder wirklich Konkretes findet sich leider gar nicht. "Kinder brauchen die Nähe der Eltern und die Sicherheit, dass jemand da ist" [übrigens auch bei Auszeiten ;-], "Jedes Kind muss lernen, neue Situationen zu meistern" und wenn das Kind weint, weil es nicht in die Kita will, dann soll man das akzeptieren, annehmen, selbst loslassen und mit der Kita zusammenarbeiten - wie gesagt, wenig Hilfreiches.

Auch dem Thema Phobien ist ein Unterkapitel gewidmet, das das Thema jedoch allenfalls am Rande streift und darauf verweist, sich bei Erfolglosigkeit aller Bekämpfungsmaßnahmen doch an den Kinderpsychotherapeuten zu wenden oder eine Verhaltenstherapie zu machen.

Im letzten Teil des Buches hat man ein bisschen das Gefühl, dass noch ein paar Seiten gefüllt werden mussten, denn der Bezug zur Trotzphase ist nicht so richtig nachvollziehbar, auch wenn die Überschrift lautet "Trotz beim Schlafen, Essen und Sauberwerden".

Im Teil über das Schlafen geht es darum, dass Kinder nicht über ihr persönliches Schlafbedürfnis hinaus schlafen können und feste Zeiten den Schlafrhythmus positiv beeinflussen können. Wenn man dann Tipps wie den folgenden liest, wundert man sich doch etwas:
"Das Bett ist zum Schlafen da! Achten Sie darauf, dass Ihr Kind nicht länger in seinem Bett liegt, als es tatsächlich schläft. Verbringt ihr Kind abends oder nachts ein bis zwei Stunden wach im Bett, streichen Sie diese von der Bettzeit. [...] So lernt ihr Kind, dass sein Bett zum Schlafen da ist" (S. 106)".
Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber keins unserer Kinder hat morgens sehr viel länger im Bett gelegen, als es geschlafen hat. Und selbst wenn sie das getan hätten - was genau nutzt es, sie in diesem Fall schnell raus zu holen, damit sie "lernen", dass ein Bett zum Schlafen da ist? Und abends ist für mich nie wirklich kalkulierbar, wie lange das Kind zum Einschlafen braucht - das können 5 Minuten sein oder 50. Ich kann unmöglich hellsehen, dass das Kind erst in einer Stunde schlafen wird und es dann entsprechend später hinlegen.

Vielleicht bin ich ja mittlerweile betriebsblind, aber Tipps wie "das Kind kann nur schlafen, wie es seinem Schlafbedürfnis entspricht", "je älter das Kind ist, desto weniger Schlaf braucht es" und "je länger der Mittagsschlaf Ihres Kindes dauert, desto weniger schläft es nachts" würden mir persönlich wenig helfen, weil das meines Erachtens jedem völlig klar sein dürfte.

Es wird pauschal von Einschlafhilfen abgeraten, da diese das Durchschlafen erschweren und das Kind dann möglicherweise ständig ins Elternbett kommen würde. Daher wird empfohlen, das Kind alleine wach zurückzulassen. Sollte das nicht funktionieren und weint das Kind, dann wird die Tür-auf-Tür-zu-Methode empfohlen:
"Bei dieser Methode lautet die Spielregel: "Bleib in deinem Bett, dann bleibt deine Tür auf. Bleibst du nicht im Bett, mache ich die Tür zu." Nach dem Gutenachtkuss verlassen Sie das Zimmer und lassen die Tür offen. Steht Ihr Kind aus seinem Bett auf und kommt hinter Ihnen her, bringen Sie es zurück. Danach verlassen Sie sofort das Zimmer, machen die Tür zu und bleiben davor stehen. Alle ein bis zwei Minuten öffnen Sie die Tür und gehen wieder nach den Spielregeln vor - bis ihr Kind endgültig in seinem Bett bleibt und die Tür offen bleiben kann" (S. 108).
Sehr ärgerliches KindDer Teil über Trotz (?) beim Essen, beginnt recht gelungen, da er den Eltern sagt: Entspannt euch und lasst die Kinder machen. Natürlich ohne Tiefe und wieder mit dem, was einigermaßen auf der Hand liegt (wenig Süßes anbieten, ausreichend Bewegung, alles immer wieder anbieten). Zum Thema Tischmanieren heißt es:
"Nicht nur das Sitzenbleiben am Tisch gehört zum guten Benehmen, auch die Tischmanieren lernt Ihr Kind beim gemeinsamen Essen. Außerdem gelten natürlich die Regeln des freundlichen Umgangs miteinander: Den anderen ausreden lassen, selbst freundlich reden, nicht schreien. Trotz und Wutanfälle während der Mahlzeiten sollten Sie nicht zulassen. Wenn Ihr Kind bei Tisch massiv stört, etwa durch Schreien oder Quengeln, kann auch eine Auszeit angebracht sein" (S. 115).
Natürlich - eine Auszeit. Andere Tipps bekommt der Leser wieder nicht.

Zum Schluss kommt noch ein kleiner Abschnitt über Trotz (?) beim Sauberwerden. Einführend wird festgestellt, dass jedes Kind sein eigenes Tempo hat. Daher solle kein Druck ausgeübt werden - so die Aussage, die allerdings sofort mit dem Vorschlag eines Belohnungssystems konterkariert wird. Aber damit nicht genug - es wird für Kinder, die eigentlich sauber sind, aber noch für das große Geschäft eine Windel verlangen tatsächlich auch noch Folgendes empfohlen:
"Ihr Kind braucht einen Anreiz, damit der Gang auf die Toilette attraktiver wird als die Windel. Dafür muss es für die unangenehmen Folgen der vollen Windel Verantwortung übernehmen. Lassen Sie ihr Kind alles tun, was es allein tun kann: die Windel anziehen, sie in die Toilette ausleeren, die Unterwäsche auswaschen, sich selber sauber machen" (S. 119).

Meine Meinung zum Buch


Dieses Buch ist einfach nur furchtbar. Es betrachtet vollkommen normales kindliches Autonomiebestreben als Verhalten, das um jeden Preis bekämpft werden muss. Dazu müssen Eltern klare Regeln aufstellen und mit vehementer Konsequenz auf deren Einhaltung pochen. Niemals darf man nachgeben! Erdreistet sich das Kind, trotzdem wütend zu sein, wird ihm eine Auszeit verordnet - egal wofür, das hilft immer.

Das Schlimme ist: Das tut es auch! Auszeiten machen Kinder gefügig, weil sie massive Ängste schüren. Kind haben von Natur aus ein starkes Bindungsbedürfnis - daher ist für sie nichts bedrohlicher, als die Verbindung zu ihren Eltern zu verlieren oder um ihre Liebe fürchten zu müssen. Das Erziehen mit Auszeiten macht sich diese grundlegenden Ängste zunutze - Kinder werden zur Kooperation quasi gezwungen. Diese erzwungene Kooperation geht jedoch zu Lasten der Eltern-Kind-Beziehung und vor allem des Selbstwertgefühles. Auszeiten setzen Kinder massiv unter Stress, der sich langfristig auf ihr Befinden und ihr Verhalten auswirkt, so dass sie häufig später nicht als Ursache dafür erkannt werden.

Für Eltern trotzdender Kinder ist dieses Buch absolut nicht empfehlenswert - die beschriebenen Ansätze und vorgeschlagenen Methoden mögen Kinder vorübergehend gefügiger machen, dies jedoch auf eine Art und Weise, die alles andere als kindgerecht ist.

In der Autonomiephase benötigen Kinder Eltern, die verstehen, was gerade in ihnen vorgeht und die wissen, was entwicklungsbedingt normal ist. Kinder brauchen Eltern, die zugewandt in Kontakt mit ihrem Kind bleiben - egal, wie wütend alle Beteiligten sind. Es ist so außerordentlich wichtig, liebevoll auf Kinder einzugehen und ihnen Wege zeigen, wie man das vollkommen normale Gefühl der Wut regulieren und in weniger zerstörerische Bahnen leiten kann. Darüber sollte es Bücher geben -  und nicht über Methoden, bei denen die Bedürfnisse von Kindern komplett ignoriert, sie entwürdigt  und dann für jede Kleinigkeit wegsperrt werden! Vielleicht sollten wir einfach mal eins schreiben?

Und das haben wir ein Jahr später tatsächlich getan - ihr findet es hier.  

© Danielle