"Raus aus der Mental Load-Falle" - Interview mit Patricia Cammarata

In unserer aktuellen Podcastfolge haben wir mit Patricia Cammarata über das Thema Mental Load gesprochen. Die wesentlichen Inhalte möchten wir gerne hier nochmal zum Nachlesen zusammenfassen. Ihr könnt außerdem - wie im Podcast versprochen - ein Exemplar des Buches gewinnen. Wie das funktioniert, lest ihr am Ende des Beitrages.




Patricia, du hast den Bestseller „Raus aus der Mental Load-Falle“ im Beltz Verlag geschrieben. Ich sehe in den sozialen Medien extrem viele Posts über dein Buch. Alle sind restlos begeistert, manche weinen als Paar zusammen beim Lesen, viele haben das Gefühl, endlich zu verstehen, warum sie, meist seit sie Kinder haben, so extrem K.O. sind. Wie bist du denn eigentlich selbst zu dem Thema gekommen?

Tatsächlich durch das eigene Erleben. Ich war dauererschöpft und habe den Fehler bei mir gesucht, denn ich fand meine Rahmenbedingungen eigentlich optimal. Ich habe nach der Geburt unseres 3. Kindes nur 20 Stunden bei einem sehr familienfreundlichen Arbeitgeber gearbeitet, hatte die beste Kinderbetreuung, die ich mir vorstellen konnte und mein Mann hat im Haushalt geholfen und es gab sogar einen Papa-Tag in der Woche.

Bild:Marcus Richter

Erst als ich das Comic von Emma „Du hättest doch nur fragen müssen“ gelesen habe, habe ich verstanden: Das ist kein individuelles Problem und es geht um Verantwortungslast, die viele Frauen on Top auf ihre ToDos im Privaten und im Job tragen!

Das heißt, um das jetzt nochmal genauer zu definieren, Mental Load ist…

Mental Load ist die oft vergessene planerische und organisatorische Last rund um Haushalt und Kinderbetreuung. In der freien Wirtschaft sagt man dazu „Projektmanagement“. Nur dass es da ein sehr angesehener, gut bezahlter Job ist und man nicht zusätzlich das Projekt nebenher umsetzen muss.

Offenbar ist es so, dass in heterosexuellen Beziehungen vor allem Frauen den Mental Load übernehmen. Es wird argumentiert, dass der Mann ja auch 8 Stunden arbeiten geht am Tag und es daher voll okay ist, wenn sich die Frau in der Zeit dann um Haushalt und Kinder kümmert. Du hast dann im Buch eine Rechnung aufgestellt und gezeigt, dass das ein Denkfehler ist.

Das ist richtig. Hier wird ja so getan als ob die 40 (von mir aus auch 50) Stunden Erwerbsarbeit der geleisteten Care-Arbeit und dem Mental Load entsprechen. Das ist totaler Quatsch, wenn man mal nachrechnet. Zum Beispiel: 4 mal 20 min Nachtdienst weil das Baby schreit, gewickelt oder beruhigt werden muss. Dann startet der Tag um 5.30 Uhr weil ein Kind wach ist.

Setzt man dann einen 8 Stunden Tag an, ist ohne Mittagspause um 12.10 Uhr Feierabend. Danach macht die Frau Überstunden. Jeden Tag. Auch am Wochenende. Sie hat auch keine 24 Tage gesetzlichen Mindesturlaub und ihre 11 Stunden Ruhezeit nach der jeweiligen Schicht.

Mit welchem Recht hat also der Mann nach seiner Erwerbstätigkeit Feierabend und die Frau hat das nie? Und wenn man weiterdenkt: Wie soll das in der Rente aussehen? Wer kümmert sich da um den Haushalt und den Rest?

Ganz spannend fand ich, als du im Buch erklärt hat, wie man durch Mental Load in eine Art Burn-Out schlittert. Du schreibst, nicht um die To-Do streiten wir eigentlich, sondern ums Alleingelassenwerden.


Wir gehen heute aus emotionalen Gründen Beziehungen ein. Nicht wie früher aus ökonomischen. Das heißt, wir versuchen, unser menschliches Bindungsbedürfnis mit einer Beziehung zu stillen.

Wir suchen einen Partner, der für uns da ist, der eine Verbindung eingeht, auf unsere Bedürfnisse schaut und sich um uns sorgt, und umgekehrt wollen wir das für unseren Partner »leisten«. Wahrscheinlich liegt in diesem Wandel auch ein Grund, warum es so schwer ist, über Mental Load zu sprechen. Denn erst spürt man die zusätzliche Belastung durch Mental Load, und wenn der Mental Load immer mehr wächst und schlussendlich zu viel wird, rutscht man in die Überforderung und Überlastung hinein, und alles, was man denkt, ist: »Wieso sieht das mein Partner nicht? Wieso hilft er mir nicht? Wieso unterstützt er mich nicht? Wieso muss ich alles sagen? Darum bitten? Spürt er nicht, wie schlecht es mir geht?« Man fühlt sich in der Bindung, auf emotionaler Ebene betrogen und verraten. Wir diskutieren dann nicht mehr sachlich um die Verteilung von Aufgaben und Verantwortung, sondern wir machen uns gegenseitig Vorwürfe, weil wir uns nicht wertgeschätzt fühlen, weil wir uns alleingelassen und einsam fühlen.

Schaut man sich die Symptome des Burn-out-Syndroms an, findet man im fortgeschrittenen Stadium viele dieser Verletzungssymptome. Für die Betroffenen beginnt es zunächst mit dem Gefühl, einerseits unentbehrlich zu sein und damit verbunden nie ausreichend Zeit zu haben. Sie schrauben ihre eigenen Bedürfnisse immer weiter zurück. Dann wird es körperlich: Die Anfälligkeit für Infektionen steigt, es herrscht permanenter Energiemangel, trotz andauernder Erschöpfung schlafen die Betroffenen schlecht. Sie sind gleichzeitig rastlos und doch dauermüde. Schließlich kommt es zur Wende: »Das für die Einstiegsphase typische Überengagement kippt irgendwann zunehmend in eine Anspruchshaltung. Die Betroffenen erwarten, dass ihnen für ihren großen Einsatz etwas zurückgegeben wird. Werden sie enttäuscht, rutschen sie in eine starke Frustration.«

Oskar Holzberg, Paartherapeut und Brigitte-Kolumnist, hat das auf einer Veranstaltung mal in den Satz »Aus Überforderung wird Forderung« gepackt. Das fand ich sehr treffend.

Die nächste Phase von Burnout spiegelt das wider, denn:
Der persönliche Einsatz wird heruntergefahren.
Es gibt ein Gefühl mangelnder Wertschätzung.
Es gibt ein Gefühl der Ausbeutung.
Die Empathiefähigkeit schwindet.
Betroffene werden zynisch und ziehen sich emotional zurück.
Es stellen sich negative Gefühle dem Partner gegenüber ein.

Die meisten Frauen versuchen erstmal, der Belastung zu entkommen, indem sie delegieren. Also sie sagen ihrem Mann, was er tun soll. Du schreibst aber, dass das nicht wirklich hilft.

Nein, das hilft leider oft gar nicht, denn die Verantwortung bleibt ja komplett bei den Frauen. Sie machen weiter Projektmanagement und schauen sogar welche Arbeitspakete unkompliziert aus dem Gesamtpaket rausgeschält werden können und es dann mit allen Details zu übergeben, dann müssen sie den Erfüllungsgrad monitoren und ggf. nachhalten und immer mal wieder erinnern. Das macht Extra-Arbeit.

Nicht umsonst gibt es den gar nicht so lustigen Spruch: „Liebe Frauen, wenn ein Mann sagt, er repariert das, dann repariert er das. Man muss ihn nicht alle 6 Monate daran erinnern!“

Was da auch wichtig ist: In diesem System ist die Frau Bittstellerin und der Mann tut der Frau einen Gefallen. Wenn die Frau dann „rumnervt“, ist sie auch noch undankbar. Dabei geht es um gemeinsame Themen.

Aus der ersten Mental Load Falle bist du gekommen, indem du dich von deinem damaligen Mann getrennt hast. Das empfiehlst du aber nicht im Buch, du sagst, man sollte ins Gespräch gehen und auf das Problem aufmerksam machen. Das stelle ich mir nicht so leicht vor. Vor allem, wenn man schon – wie du im Buch beschrieben hast – wegen der ganzen Belastung zynisch, verkrampft und bitterfotzig geworden ist. Wie initiiert man so ein Gespräch am besten?

Also am Besten ist natürlich, wenn man grundsätzlich nicht wartet, bis alles zu viel wird, sondern wenn man ohnehin eine gute Gesprächskultur pflegt und mindestens an bestimmten neuralgischen Punkten ganz ausführlich darüber spricht, wie etwas laufen soll. Also z.B. wenn man in den Beruf einsteigt, wenn man ein Kind bekommt, wenn man wieder in den Job zurück will…

Ich empfehle sogar einmal im Monat einen festen Gesprächstermin zu machen. Da hat man dann einen festen Punkt, wo man Dinge in Ruhe ansprechen kann.

Generell hilft natürlich gewaltfreie Kommunikation und eher Ich-Botschaften zu senden und seine eigenen Gefühle zu benennen. Wie oben schon gesagt:

„Ich fühle mich alleingelassen, wenn ich den Schulstart der Kinder plane ohne dass wir uns austauschen. Gerade zu Zeiten von Corona wiegt die Verantwortung schwer und ich würde mir wünschen, dass wir sie teilen…“

Aus den Rückmeldungen zu meinen Vorträgen und Workshops weiß ich aber: die allermeisten Paare können das. So wie ich selbst nicht wusste, was Mental Load ist, wissen das ganz viele Menschen auch nicht. Das Phänomen benennen zu können, hilft ungemein. Es kommt nur extrem selten vor, dass sich Partner wirklich komplett sperren.

Wenn man es nun nicht schafft, den Partner oder die Partnerin dafür zu sensibilisieren, dass die Aufgaben und der Mental Load nicht gerecht aufgeteilt sind, sprich: Wenn der Ehemensch es trotz aller Liebe nicht schafft, sich aufzuraffen, um seinen oder ihren Teil beizusteuern und wenn Trennung keine Option ist, weil man ihn oder sie trotz alledem liebt, welche konkreten Möglichkeiten gibt es denn für den Einzelnen im Alltag, sich trotzdem zu entlasten?

Es gibt einiges, was man selbst beeinflussen kann. Dazu zählt das Aufgabenspektrum zu reduzieren, also wirklich zu schauen, was ist WIRKLICH nötig, was kann ich einfacher machen, was kann ich vielleicht weglassen.

Es hilft auch an dem Thema Perfektionismus zu arbeiten. Sich also zu fragen: Warum erwarte ich von mir selbst nach der Geburt eine saubere, immer aufgeräumte Wohnung zu haben? Kann ich nicht meine eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund stellen. So wie beim Fliegen im Notfall: Erst selbst die Maske aufsetzen und dann alle anderen versorgen.

Es hilft auch sich nicht mit anderen zu vergleichen. Vom Yoga kennt man das: Bei sich bleiben. Ein Mantra entwickeln, dass das was man leistet ausreicht und dass es völlig egal ist, dass irgendwo eine Mutter ist, die perfekt gestylt ein Baby hat, das immer fleckenlose Wäsche trägt.

Wenn die Kinder älter werden, kann man sie einbinden und ihnen beibringen für ihre Themen Verantwortung zu übernehmen.

Man kann resignative Reife entwickeln. Das klingt negativ, ist aber Langzeitbeziehungsgarant. 


Oft ist es auch so, dass behauptet wird, Männer würden die anfallenden Arbeiten einfach nicht sehen, vielleicht auch, weil ihr Anspruch an Sauberkeit nicht so hoch ist. Das ist aber Quatsch, richtig?

Jein. Ich denke schon, dass man einen gewissen Blick entwickelt, wenn man hauptverantwortlich Dinge seit langer Zeit tut und auch dass es unterschiedliche Standards gibt.

Ich erinnere mich wirklich sehr gut, dass ich als Teenager nie verstanden habe, was meine Mutter mit „Wie sieht´s denn hier aus???“ meinte. Für mich war das alles fein. Vielleicht geht es einigen Partnern auch so.

Es hängt ja auch damit zusammen, wer wieviel Zeit zuhause verbringt z. B. meine Wohnung ist seit Corona sehr viel sauberer. Solange wir hauptsächlich im Büro, in der Schule und im Hort waren, fiel es mir viel leichter krümelige Böden zu übersehen. Nach 4 Wochen Homeoffice habe ich einen Rappel bekommen und wir haben besprochen, wer wann was macht, damit sich alle wohl fühlen.

Statt aber anzuprangern muss man dann einen Modus finden Transparenz über Erwartungen zu schaffen. Wie will es der eine? Wie der andere? Welche Möglichkeiten gibt es sich in der Mitte zu treffen?

Das ist nämlich der springende Punkt! Nicht die unterschiedlichen Standards sondern das Gefühl wenn das Problem bekannt ist und ignoriert wird. Wenn mein Partner mir sagt: „Mir ist wichtig, dass abends die Spülmaschine läuft, weil es mir morgens sonst Stress macht die Sachen erst wegzuräumen…“ und ich das immer wieder ignoriere, dann ist das nicht in Ordnung.

Wir legen z.B. Mindeststandards fest, aber ich musste lernen, dass das dann auch reicht.

Es ist nicht alles gleich wichtig und mein Partner muss die Dinge nicht genauso machen, wie ich sie mache. Auch wenn ich glaube, dass ich den perfekten Weg schon gefunden habe.

Partner*innen müssen sich also aufeinander zu bewegen.

Dann lass uns jetzt mal vom positiven Fall ausgehen, die Eheleute haben beide dein Buch gelesen, haben beide verstanden, dass sie was tun müssen und sind für die Änderung bereit. Welche ersten Schritte empfiehlst du?

Als erstes ist es gut mal das Unsichtbare sichtbar zu machen und eine Liste zu erstellen, auf der man alles festhält, was so gemacht wird. Wichtig ist aber, dass da nicht nur steht was, sondern auch wer dran denkt, wer es also initiiert und wie oft das im Schnitt pro Monat vorkommt.

Das ist ganz spannend. Denn da zeigen sich ganz spannende Ungleichgewichte. Es ist nämlich nicht so, dass Männer nicht eigenverantwortlich Dinge tun, bei klassischen Rollenverteilungen kümmern sie sich z. B. um das Auto, fahren es zum TÜV, prüfen vor dem Urlaub den Reifendruck oder halten die Technik auf dem aktuellsten Stand… nur kommt das eben sehr viel seltener vor als die klassischen Frauenarbeiten wie Essen planen und kochen, Hausaufgaben betreuen oder Windeln wechseln.

Im zweiten Schritt geht man dann in eine wöchentliche Planungsroutine über. Man sucht sich einen Tag an dem man jede Woche die ganze Woche gemeinsam bespricht und dabei auch hinterlegt, was es zu essen gibt, wer wann wo ist, wer verantwortlich für welches Thema ist.

Als dritten Schritt empfehle ich regelmäßige Wochenbesprechungen zu machen, in denen man konkret plant und Verantwortung für Themen verteilt.

Es ist möglich, dass es am Anfang schwerfällt, Verantwortung abzugeben. Weil man das Gefühl hat, man könnte Dinge schneller oder besser erledigen oder die Art und Weise, wie der Partner/die Partnerin oder auch die eigenen Kinder sie erledigt, ist in unseren Augen nicht effektiv genug. Und dann sagt man: „Ach komm, ich mache das schnell…“ Das ist aber ungünstig, nicht?


Ja klar. Das Schnell-mal-Machen verwehrt dem Partner die Möglichkeit, Erfahrung und Kompetenzen aufzubauen.

Achtet deswegen darauf, das nicht zu oft zu praktizieren. Vor allem nicht dann, wenn der Partner schon angefangen hat, etwas zu tun, das ihr sonst macht. Es ist erniedrigend für den anderen, wenn man ungeduldig danebensteht und ihm schließlich die Arbeit aus der Hand reißt, weil es nicht schnell genug geht oder weil etwas nicht »richtig« ist.

So etwas regelmäßig zu machen, kann sogar sehr negative psychische Auswirkungen haben. Man nennt es »erlernte Hilflosigkeit«. Aufgrund wiederholter negativer Erfahrungen kann es passieren, dass ein Mensch zu der Überzeugung kommt, dass er nichts kann und dies auch noch selbst verschuldet hat. Das heißt also, dass dieser Mensch immer weniger motiviert sein wird, mit anzupacken, und sich immer mehr zurückzieht. Das Gegenteil von dem, was man eigentlich möchte.

Auch richtig blöd ist der Trend, Männer zu beschämen für die Art und Weise, wie sie Dinge tun. Man sieht in den Sozialen Medien manchmal Bilder von sehr bunt angezogenen Kindern mit der Unterschrift: „Hahaha, Papa hat angezogen“ oder auch Bilder von Einkaufslisten, bei denen der Mann irgendwas falsch verstanden hat. Ich befürchte, das ist nicht hilfreich, um den Partner davon zu überzeugen, weiterhin die Hälfte der anfallenden Arbeiten zu machen…

Menschen, die dabei sind etwas zu lernen, öffentlich bloß zu stellen, indem man ihre ersten Versuche zur Schau stellt, ist eine Unart. Hinter solchen Postings steckt tiefer Frust. Selbst wenn man annimmt, dass die Person, die ein ulkiges Ergebnis hervorbringt das absichtlich macht, um zukünftig nicht mehr mit der Aufgabe betraut zu sein, sollte man das lassen. Es ist vielleicht ein Ventil für die Psychohygiene soetwas zu posten, konstruktiv ist es leider nicht.

Insgesamt muss man hier abwägen: Ist das Ergebnis wirklich schlimm und hat ernstzunehmende negative Folgen oder entspricht es nicht dem eigenen Ideal. Bei letzterem muss die Person, die bislang hauptverantwortlich war, lernen sich zurück zu nehmen. Sprich beim Thema Anziehen: Wenn Hose und Shirt farblich nicht zusammenpassen, kann man das wegatmen, wenn das Kind im kalten November mit Sandalen und kurzen Hosen in die Kita gebracht wurde, sollte man darüber sprechen, dass das Kind sich erkälten kann und dass das Folgeprobleme nach sich zieht.

Nun kann es sein, dass Mütter einfach Angst vor den Konsequenzen haben, wenn sie ihren Partner einfach machen lassen. Also, sagen wir, der Partner vergisst andauernd, die Mütze vom Baby mitzunehmen und seine Frau denkt dann, das Baby wird garantiert krank und sie muss dann zuhause bleiben, weil er einen Fehler gemacht hat. Was antwortest du da?

Dass es in 90% der Fälle nicht so kommen wird. Das Kind wird nicht krank oder der Partner wird es schaffen dem Kind ein Mützchen zu organisieren, z.B. indem er sein Halstuch zur Mütze bindet, einen anderen Elternteil am Spielplatz fragt, ob er/sie noch eine Mütze hat oder umdreht und die Mütze holt, wenn er/sie merkt dass es zu kalt ist.

Generell sollte man die dahinter liegenden Ängste ansprechen. Ich hatte z.B. immer das Gefühl, dass der Alltag so vollgepackt mit Verpflichtungen ist, dass ich es immer nur gerade so hinbekomme, dass alles läuft. Wenn dann etwas nicht so gemacht wurde, wie ich es durch langes Probieren optimiert hatte, dann hat mir das Schweißausbrüche beschert. Vor allem aber, weil ich die Konsequenzen für Dinge ausbaden musste, die schief gelaufen sind. Das lag aber auch daran, dass ich nur die Aufgabe, nicht die Verantwortung delegiert habe und wenn nötig Feuerwehr gespielt habe.

Jetzt trägt mein Partner für manche Themen die Verantwortung und ich weiß, dass er sich kümmert wenn was schief geht.

Reden wir darüber, welche positiven Seiten es hat, wenn mental Load geteilt wird. Aus deinem Buch sind mir vor allem zwei Dinge hängen geblieben: Es gibt mehr Sex und Vätern werden von ihren Kindern viel stärker akzeptiert, auch wenn die Mutter in der Nähe ist.


Wenn die unendliche To-do-Liste im Kopf stoppt, ist wieder Platz für etwas anderes. All die Witze, woran Frauen beim Sex denken, sind eigentlich nicht lustig, sondern wahr. Als Mann hätte ich lieber Sex mit einer Frau, die an mich und nicht an die Einkaufsliste denkt. Und noch lieber hätte ich Sex mit einer Frau, die diesen Sex auch möchte und bei der Sex nicht ein weiterer Punkt auf der To-do-Liste ist. Tatsächlich gibt es ausreichend Studien, die genau das belegen: die Häufigkeit des Sex in einer Partnerschaft hängt damit zusammen, wie fair die Arbeitsteilung im Haushalt ist.

Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass Männer, die sich gleichwertig in die Kümmerarbeit einbringen, von ihren Kindern nicht mehr als Elternteil 2. Klasse angesehen werden. Neben einer engen Bindung sind positive Effekte u. a. auf die kognitive, soziale und emotionale Entwicklung der Kinder wissenschaftlich nachgewiesen. Kinder, deren Eltern beide im Alltag stark präsent sind, erleben sozusagen Diversität und profitieren davon, dass sie von mehrere Personen zum Vorbild haben und deswegen auf einen größeren Pool an Kompetenzen und Rollenvorbildern zurückgreifen können.