Der Malort - Malen ohne Ziel und Bewertung


zwei KopffüßerMeine Töchter sind gerade vier Jahre alt geworden und sollten zu Untersuchung beim Kinderarzt eine Zeichnung von einem "schön gemalten Menschen" mitbringen. Eins meiner Mädchen - Fräulein Ordnung - malt den lieben langen Tag nichts anderes als Menschen. Große Menschen, kleine, dicke, dünne, Menschen mit Haaren und ohne, mit Bauchnabel, mit Fingern oder auch nicht, mit Kronen und Ketten und immer wieder schwangere Menschen. Die andere - Fräulein Chaos - malt eigentlich lieber Blumen oder Buchstaben und Zahlen. Ich bat sie deshalb, mir bitte für die Ärztin einen schönen Menschen zu malen, was sie auch tat. Sichtlich stolz päsentierte sie mir ihr Bild: Ein Kreis als Kopf, zwei laaaaaange Beine und Punkt, Punkt, Komma, Strich als Gesicht. Mehr nicht. Ich war, ehrlich gesagt, ein wenig schockiert. Solche Kopffüßer hatte sie doch schon mit Zweieinhalb gemalt - hatte sie sich seitdem nicht weiterentwickelt?

Am Nachmittag auf dem Hof fragte ich sie vorsichtig, ob ihr ihr mit Kreide zeigen solle, wie man einen Menschen malt. Sie bejahte und schaute mir zu. "Guck mal," sagte ich, "ein Kreis als Kopf, dann zwei Striche als Hals. Dann ein Oval als Körper. Und dann kommen daran Arme und Beine - so. Und Finger. Und Füße." Fertig war mein, sehr kindlich gezeichneter, aber gut erkennbarer Mensch. "Der sieht blöd aus! Blöd! Blöd! Blöd! Mach den weg! Sofort! Der soll weg!!!!" brach es plötzlich aus meiner Tochter heraus. Sie war völlig außer sich und fing hysterisch an zu weinen. Verwirrt kippte ich mit der Gießkanne Wasser auf mein Kunstwerk. Es verschwand, Fräulein Chaos beruhigte sich und fing an, im Hof zu spielen. Ich stand ratlos vor dem nassen Fleck auf dem Boden, der einmal meine Menschzeichnung gewesen war. Was war denn nur in sie gefahren? "Naja, entschuldige, aber sie ist ja nun nicht blöd," meinte meine bessere Hälfte, "als sie deinen Menschen gesehen hat, ist ihr aufgefallen, dass ihre Zeichnung von heute morgen, auf die sie so stolz war, völlig anders aussieht. Und das hat sie wütend gemacht. Du hast sie sozusagen beschämt". Ich seufzte. Ja, das hatte ich wohl. Malen sollte doch kreative Freude auslösen, nicht Druck erzeugen, herrje. Ich nun wieder. Seufz. Ich nahm mein Telefon in die Hand und suchte nach der Nummer, die ich schon ein gutes halbes Jahr in der Tasche mit mir rumgetragen hatte. "Malort Mitte, Sebastian Ansorge am Apparat..." meldete sich eine nette männliche Stimme. "Guten Tag, ich würde gern meine beiden Töchter zu ihnen in den Malort schicken".

Der Malort, wie er von Erfinder Arno Stern konzipiert wurde, ist ein bewertungsfreier Raum, in dem Kinder und Erwachsene zu ihrer ganz eigenen, ursprünglichen Malspur zurückfinden. Ohne Konkurrenz, ohne Vorgabe, ohne Erklärung von Techniken und ohne Besprechen des Inhalts des Bildes fließen die ureigenen Impulse unserer Kinder auf das Blatt. Es ist schwer zu erklären, was in unserem Inneren dabei passiert. Man kommt in eine Art mentale Ruhe und ohne wirklich darüber nachzudenken, entstehen Farben und Formen auf dem Blatt, die kein Ausdruck kognitiven Wollens sind. Die Kinder stellen nicht dar, sie spielen. Sie spielen mit der Farbe und den Pinseln und erlangen so innere Ausgeglichenheit und Freude, wie sie nur im echten "Flow" erreicht werden können.
"Wie kann man begreiflich machen, dass der schöpferische Akt eine Art Mechanismus in Gang setzt, der unmittelbar an den Pulsschlag des Organismus angeschlossen ist, dass die [Formulation] die Melodie der Fibern im Inneren des Wesens ist. [...] Das Ereignis ist von solcher Zauberkraft, dass man glaubt, während seiner Dauer stünde die Zeit still und die Welt draußen, die Welt der anderen, sei unwirklich geworden und dem Gesichtsfeld entglitten." [vgl. Stern, A,, ...: 28 und 35]
Um aber in diesen Mal-Flow zu geraten, braucht es einen speziellen Ort, an dem die Kinder auch wirklich die Geschwister, Eltern, ihre Sorgen und Ängste vergessen können. Einen Ort, der das alles ausblendet, damit die Kinder einen Augenblick nur eins sein können: sie selbst.
 

Der Raum


Leinwand aus dem MalortEin Malort ist immer gleich aufgebaut. Es ist ein hell erleuchteter Raum ohne Fenster. An den Wänden ist eine Lage Packpapier angebracht, welche im Laufe der Jahre durch versehentliches Über-den-Rand-Malen der Malenden immer bunter werden. In der Mitte steht eine lange Reihe von Farbtöpfen. Zu jeder Farbe gehören drei Pinsel verschiedener Dicke, die sorgfältig zu einer Mini-Pyramide gestapelt werden. Die Kinder malen im Stehen, die weißen A3 Blätter werden dafür mit Reißzwecken an die Wand angebracht. Es gibt eine Leiter für besonders große Malspuren, und mehrere kleine Hocker zum Draufsteigen. Ein dienender Erwachsener - in unserem Fall Sebastian Ansorge - sorgt dafür, dass den Kindern immer genügend Papier zur Verfügung steht. Er wischt versehentliche Farbnasen weg, versetzt die Reißzwecken, wenn das Kind am Rand des Blattes angekommen ist, aber die Spur noch weiterverfolgen möchte. Dann versetzt er das erste Blatt ein Stück nach oben und reiht direkt daran ein neues Blatt, das die Malspur wiederaufnehmen kann.

Raum im Malort
Ein Malort-Kurs dauert 90 Minuten, so dass die Malenden wirklich abtauchen können in ihre eigene Welt der Spur. Meine Kinder (wie gesagt, sie sind vier Jahre alt) halten diese 90 Minuten oft komplett durch - nicht, weil sie besonders disziplinierte oder fokussierte Kinder wären, sondern weil sie tatsächlich den Flow in sich spüren. Sie lassen sich mitreißen vom Malspiel und tauchen nach der Zeit jedes Mal (!) mit geröteten Wagen und strahlenden Augen wieder auf.

Kommen wir im Malort an, hüpfen sie wie kleine Flummibälle durch die Gegend, ist der Kurs zu Ende, rennen sie wie wild im Garten herum oder entspannen, indem sie einen Wutanfall bekommen. Doch während des Kurses sind sie ruhig. Sie sind ernst und aufmerksam bei der Sache, sie fühlen irgendwie diese Magie des Ortes. Er fordert sie dazu auf, sich hinzugeben und sie folgen seinem Ruf mit Freude. Fräulein Ordnung singt manchmal während des Malspiels im Malort - das ist bei ihr immer ein Zeichen dafür, dass sie im Flow ist und sich wohl fühlt.

In unserem Kurs sind noch andere Kinder und auch einige Erwachsene. Ab und zu braucht jemand eine Pause vom Malen, dann geht er oder sie aus dem Raum, trinkt in de Küche einen Tee oder hüpft ein paar Mal im Hof auf- und ab und ist dann bereit für die nächste Runde. Das ist ausdrücklich erlaubt, denn das Malspiel soll kein Zwang sein. Trotzdem gibt es einige Regeln, an die sich auch die Kleinsten halten. Es geht nicht "wild" zu im Raum, damit niemand gestört wird. Es wird nicht großartig geredet, oder mit dem Wasser gepanscht oder die Blätter zerknickt. Man könnte sagen, es geht relativ streng zu. Es ist kein Ort, an dem sich ausgetobt werden kann, auch, wenn das Spiel des Kindes dort an erster Stelle steht.
 

Der Gründer des Malorts


Farben im MalortArno Stern, der Erfinder des Malorts, wurde 1924 geboren. Mit 22 Jahren nahm er eine Stelle in einem Heim für Kriegswaisen an. Er sollte die Kinder beschäftigen. Er fand Bleistifte und Abfallpapier, so begann das erste Malspiel. Nach Kriegsende konnte er Farben und Pinsel kaufen und diese den Kindern anbieten. Zunächst malten die Kinder in einem Raum mit großen Fenstern, die Blätter lagen damals noch auf Tischen. Als ein Kind eines Tages eine größere Figur malen wollte, die in ihrer Gesamtheit nicht mehr auf den Tisch passte, hängte Stern das Blatt kurzerhand an die Wand. Immer mehr Kinder entschieden sich, so zu malen. Die Tische und Stühle im Raum wurden obsolet, übrig blieb nur ein schmaler Tisch in der Mitte des Raumes, auf dem die Farben standen. Da der Kurs Freude auslöste, kamen bald noch mehr Kinder hinzu und der Platz wurde knapp.

Arno Stern bedeckte das Fenster mit Brettern, so dass nun eine lückenlose Wandfläche entstand. Er merkte bald, dass dieser schützende Raum, der die Kinder nun umgab, für das Malspiel förderlich war. Nichts drang mehr von außen ein, so dass im Schutz dieser Geborgenheit die ureigenste Spur der Kinder zutage treten konnte. Das war nicht geplant gewesen, doch Stern war aufmerksam genug, zu erkennen, was die Bedingungen in seinem Raum in den Kindern auslöste. Der Malort war geboren: die vier durchgängigen Wände, der Palettentisch, die dienende Rolle des Erwachsenen.

Stern beobachtete, dass es immer wieder gleiche Zeichen und Muster waren, die im Malspiel entstanden. Er reiste durch die Welt, nach Mauretanien, Peru, Niger, Mexiko, Afghanistan, Äthiopien, Guatemala, Neu-Guinea etc. und ließ überall Kinder und Erwachsene malen. Was er sah, erstaunte ihn. Auf der ganzen Welt malen Menschen, wenn sie noch nicht durch Anleitung und Korrektur eingeengt wurden, die gleichen Zeichen und Muster. Er nannte dieses Phänomen "Formulation", die entstehenden Zeichen "Trazate".
"Die [Formulation] ist das Echo der ersten Vibrationen des Organismus. Sie wurden aufgezeichnet und bewahrt, doch keine Überlegung führt zu ihnen, unsere vernünftige Sprache kann sie nicht interpretieren. Aus dem tiefsten Urgrund des Wesens - wie aus ältesten Schichtablagerungen - tauchen, vom Bewusstsein nicht zur Kenntnis genommen, Rückstände auf und konkretisieren sich in Zügen, denen sie ihren heimlichen Inhalt aufprägen." [Stern, A. 2009: 14]
Mittlerweile 90 Jahre alt, arbeitet Stern noch immer in seinem Malort in Paris.

Farben
 
 

Die Philosophie des Malorts


Arno Stern schickte seinen Sohn André nicht zur Schule und es ist ihm wichtig, dass auch im Malort Kinder nicht belehrt oder eingeengt werden. Wenn wir unseren Kindern vorgeben, wie man etwas malt - denkt an das Beispiel mit meiner Tochter und mir - , dann nehmen wir unseren Kindern ihre ursprüngliche, schöpferische Kraft und ersetzen sie mit einer starren, formalen Bildsprache, die vielleicht den geltenden gesellschaftlichen Normen entspricht, aber dem Kind die Möglichkeit nimmt, in Ruhe seine eigene Bildsprache zu entdecken.

Das ist, als würden wir ihm andauernd versuchen beizubringen, wie man sitzt, oder krabbelt, oder läuft (was manche Eltern heutzutage ja absurderweise sogar tun). Ein Kind lernt aus eigenem Antrieb, wie es sitzen und krabbeln kann, es braucht dabei keinerlei Unterstützung. Hilfe hemmt es sogar: Es kann seine Muskeln nicht im eigenen Tempo trainieren, es lernt nicht, mit kleineren Misserfolgen umzugehen, es lernt nicht, an einer Sache "dran" zu bleiben. Das Gleiche gilt fürs Malen.

Es gibt einen universellen Weg der Mal-Spur, der in uns allen angelegt ist und den wir am besten selbst entdecken und eigenständig gehen. Dabei ist es wichtig, das Kind nicht von diesem Weg abzulenken, beispielsweise, indem man versucht, es zu verbessern, oder auch, indem man fragt, was genau es gemalt hat. Denn Kinder malen erst einmal nicht, um darzustellen.
"Geben Sie einem Kind ein Blatt Papier, es wird mehr oder weniger identifizierbare Zeichen kitzeln. Die Frage "Was hast du darstellen wollen? oder ihre Variante: "Erzähl mir, was du gezeichnet hast." (damit ich es verstehe) will besagen, Zeichnen sei das Bemühen, das Bild der Dinge wiederzugeben. Es geradewegs abzustreiten wäre irrig. Doch es bei dem Gedanken zu belassen, dass die bildliche Sprache sich auf diese einzige Funktion beschränkt und sie in dieser Richtung zu fördern, hieße [...] zu verhindern, dass Zeichnen sich über die Schulbanalität hinaus steigert." [Stern, A.; 2009:21]
"Wie gut wäre es, wenn jedermann das urwüchsige Kind vor seinem Blatt Papier sehen könnte. Es zeichnen ohne vorgefasste Idee - ohne Idee, ich sage es allen, die da glauben, man müsse wissen, was man zeichnen will - seine Hand wird von einer nicht domestizierten Kraft geführt. Es zeichnet und entdeckt mit dem Erstaunen eines Beschauers das Erzeugnis einer Fähigkeit, von der es nichts ahnte." [vgl. ebd.: 49] 
"Der Erwachsene glaubt, das Kind zeichne, um ihm etwas mitzuteilen, und es erwarte möglicherweise Lob für das gefällige Bild. Zu einer solchen Abhängigkeit sind die Kinder in unserer Gesellschaft erzogen worden. Was empfindet das Kind, wenn der Erwachsene zu ihm tritt, mit seinen Fragen und Aufforderungen: [...] "Ist das eine Blume?" Und was soll denn das hier sein?" [...] Glaubt wohl jemand, dass diese grobe Einmischung in des Kindes Spiel förderlich sei? Sie zwingt das Kind zum  Vorspielen." [Stern, A. 2012: 18]
Bild im MalortQuintessenz der Philosophie des Malortes ist, dass Malen für Kinder ein Spiel ist. Dass, was das Spielen auszeichnet, ist die Abwesenheit eines Erzeugnisses. Allein das Spiel selbst, also das Geschehen während des Spiels, ist für das Kind wichtig; es gibt kein Ziel, auf das das Spiel hinführt. Im Gegensatz dazu ist das Malen als künstlerische Schöpfung, wie wir es aus dem Kunstunterricht an der Schule kennen, darauf ausgerichtet, am Ende ein Abbild - mehr oder weniger naturgetreu -  eines Dinges oder einer Idee zu haben.

Kinder im Malort werden nicht künstlerisch tätig, sie spielen. Deshalb gibt es im Malort auch keine Konkurrenz unter den Malenden. Da das Ergebnis des Spiels nicht betrachtet oder bewertet wird, es nicht "schön" im herkömmlichen Sinn sein muss, bleiben die Malenden verschont von quälenden (manchmal selbst auferlegten) Vergleichen mit anderen und der niederschmetternden Eigendiagnose "Ich kann nicht malen". Kein Wunder, dass alle, die den Malort besuchen, das als wohltuend empfinden. Alle Bilder, die im Malort entstehen, werden dort gesammelt und gelagert. Sie werden, wie gesagt, weder besprochen, noch verglichen oder anderen Menschen gezeigt. Da sie aber trotzdem etwas Wertvolles darstellen - die sichtbare Spur des ernsthaften Spiels mit der Farbe - werden sie aufgehoben und so wertgeschätzt.
 
 

Die Formulation


GiruliDie Formulation beginnt bei jedem Kind mit zwei Gebilden, den Punktili und dem Giruli. Letztere entstehen aus einer Hin- und Herbewegung des Stiftes auf dem Papier, manchmal entsteht eine spontane Drehbewegung, so dass eine Art Wollknäuel auf dem Papier entsteht. Wir Erwachsenen nennen es gemeinhin "Krikelkrakel" und sehen nicht den Meilenstein, den unsere Kinder da erreicht haben. Manchmal macht uns die Spur unserer Kinder sogar wütend, nämlich dann, wenn Giruli aus Brei oder Spucke entstehen. Diese Versuche werden von den meisten Eltern dann leider unterbunden. Das ist schade, denn das Kind entdeckt in diesem Moment sich selbst als Schaffenden und das, was daraus entsteht ist überaus beglückend.

Ich hatte schon in einem früheren Artikel genau beschrieben, welche Glücks-Hormone ausgeschüttet werden, wenn das Hirn im Flow ist und wie sehr dieser Glücksrausch das Kind (und den Erwachsenen) dazu anregt, bei der Sache zu bleiben und es noch einmal zu versuchen. Beharrlichkeit, Selbstbewusstsein, Eigenmotivation und Durchhaltevermögen haben in diesen ersten Momenten ihren Ursprung! Werden zu viele dieser Momente von den Erwachsenen unterbrochen, weil diese die Wichtigkeit dieses Spiels nicht erkennen und lieber einen sauberen Esstisch wollen, beschneiden sie von Anfang an ebendiese Werte, die sie später bei ihrem Kind so unbedingt sehen wollen.

Aus den Giruli ensteht etwas später, wenn das Kind in der Lage ist, seine unbändige Gebärden etwas zu verfeinern, die erste Figur. Das Kann ein Kreis oder ein Tropfen sein, wichtig ist, dass sich der Anfang und das Ende der Spur treffen.
"Viele weitere Figuren werden im Laufe der folgenden Monate von diesen beiden Gebilden abstammen. Vorausgesetzt, dass sich kein Fremder in das Spiel einmischt und mit seinen Fragen und Ratschlägen den Verlauf des vorbestimmten Geschehens verunmöglicht. Lange Zeit wird das Kind mit diesen Erstfiguren spielen, die sich nacheinander seiner Hand aufdrängen und deren Bildung ihm leicht fällt. [...] Dem kleinen Kind ist eine lange Zeit der Unbeschwertheit vergönnt, in der sich viele Gebilde seinem Spiel anerbieten. Was sie auszeichnet, ist wertvoll, denn die Erstfiguren entstehen nicht aus einer Absicht, sondern aus einem inneren Bedürfnis. [...] Später wird sich die Absicht hinzugesellen; die Äußerung ist dann ein Hin und Her - oder ein Zusammenwirken - von Vernunft und innerer Regung." [vgl. Stern, A,. 2012:34f]
PunktiliWenn die Giruli zur Figur führen, was wird dann aus den Punktili? Sie führen zum Strich. Das etwa ein- zweijährige Kind klopft zuhause auf dem Maltisch mit dem Stift zunächst wild und unbändig auf das Papier, dabei entstehen Punkte (Punktili). Wird das Spiel wilder, dann passiert es aus Versehen, dass an den Punkten ein kleiner Schwanz hängt - das wird von den Kinder verzückt aufgenommen und verfeinert. Es entstehen senkrechte Striche, die einen ebensolchen Meilenstein darstellen, wie die Figur des Kreises. Das Kind wird weiter experimentieren, so dass auch waagerechte Striche hinzukommen. Sie verbinden sich zu einem Kreuz, oder einem Winkel. Auch Kreis und Striche werden miteinander auf einem Blatt kombiniert - es entsteht ein Gebilde, das wir Erwachsenen normalerweise mit "Sonne" betiteln.

An diesem Punkt startet meist das verhängnisvolle Missverständnis der Großen - sie denken, das Kind habe seine erste Sonne gemalt, sie benennen sie vor dem Kind, loben es für seine Arbeit, hängen das Bild vielleicht auch auf. Bitte versteht mich nicht falsch - ich bin nicht dagegen, sich mit dem Kind mitzufreuen über die gelungene Spur. Aber das Benennen eines Gegenstandes, den das Kind eigentlich gar nicht malen wollte, beschränkt die Malspur eben auf den rein kognitiven Charakter des Abbilden-Wollens, der das Kind in seiner Kreativität und seinem Spiel zu sehr einschränkt. Könnten wir Eltern davon absehen, in den Bildern etwas erkennen zu wollen, würden wir unseren Kindern einen großen Gefallen tun, denn dann könnte ihr Malspiel seinen naturgegebenen Weg weiter fortsetzen.
"Das kleine Kind spielt unbekümmert mit seinen Erstfiguren. Ihr Entstehen allein ist beglückend, ebenso, wie ein Spiel schon darin bestehen kann, Holzklötzchen aufzureihen oder aufzuschichten, ohne weiteren Zweck, als nur dieses Zusammenstellen. Erst beim größeren Kind kommt die Zweckdienlichkeit hinzu, und es geht ihnen darum, einen Gegenstand herzustellen, ein Tor, ein Haus, die Randsteine eines Weges o.Ä. Dem aufmerksamen Blick des kleinen Kindes fällt eine Ähnlichkeit mancher Dinge mit seinen gewohnten Erstfiguren auf. Das mag der am Körper hängende Schwanz einer Katze sein, der an den angehängten Strich einer Erstfigur erinnert. Und das geglückte Gänseblümchen ist ihm ein vertrautes Gebilde, weil den Blumenblättchen ähnliche Strahlen lange zuvor im Formulationsspiel aus einer runden Figur herausgewachsen sind. Aus diesem Vergleichen entsteht überhaupt die Lust, Dinge darzustellen und für ihre Gestaltung die entsprechenden, schon erprobten Figuren zu verwenden." [vgl. Stern, A., 2012: 41]
Ich weiß nicht, wie das bei euch war, aber ich war total verzückt von den ersten "Sonnen" meiner Kinder und begann, ihre Bilder zu erweitern, indem ich ihnen Blumen und Gras vormalte. Natürlich genossen meine Kinder das intensive Malen mit mir, und sie versuchten auch geflissentlich, meine vorgemalten Gebilde nachzumalen. Leider gelang es ihnen nicht annähernd so gut, wie mir, was sie zusehends mehr frustrierte.

gemalte Sonne

Ich redete mir den Mund fusselig, dass ihre Blumen doch super seien und jeder male doch anders und sie könnten stolz sein auf das, was sie geschafft hätten - nichts davon kam bei meinen Töchtern im Herzen an. Sie waren weiterhin frustriert und hörten auf, bestimmte Dinge zu malen. Stattdessen sollte ich malen. Sie setzen sich auf meinen Schoß und ich sollte einen Löwen malen, oder ein Haus, oder etwas anderes. Sie schauten mir interessiert zu, sie genossen unsere Zweisamkeit, doch sie malten nicht mehr gern. Sie wandten sich anderen Spielen zu. Heute weiß ich, dass ich mit meiner Einmischung das Gleiche tat, wie Eltern, die ihr Baby mit 9 Monaten schon an den Händen haltend durch den Raum schleifen, um gehen zu üben. Ich hatte den naturgegebenen Prozess unterbrochen. Die "Mal-Muskeln" meiner Kinder waren noch gar nicht bereit für Blume, Haus und Löwe. Ich hätte sie einfach weiter mit ihren Erstfiguren spielen lassen sollen, so, wie ich ihnen auch beim Laufenlernen ihre eigene Zeit zugestanden habe.

Kinderzeichnung Frau
Aus den Erstfiguren, mit denen lange, lange Zeit auf dem Papier gespielt wird, entstehen irgendwann "Bild-Dinge". Man kann zum Beispiel gut erkennen, wie die Strahlen der Erstfigur, die wir gemeinhin als Sonne bezeichnen, immer weniger werden, bis nur noch ein Kreis mit zwei Strichen die erste Mensch-Zeichnung einleitet ("Kopffüßer"). Im Malort findet sich diese "Strahlenfigur" auch oft auf der absichtsvollen Ebene als Blume, Teich oder Hand wieder. Oder die Erstform des Tropfens führt über die Figur des Dreiecks zum typischen Haus mit Spitzdach, das wir von allen Kindern dieser Welt kennen, egal, ob sie in der Großstadt mit Hochhäusern aufwachsen oder im Dorf oder im Dschungel. Alle Erstfiguren erscheinen auch in Bildern von älteren Kindern, auch, wenn diese mit der Absicht malen, etwas Bestimmtes darzustellen.

Fräulein Chaos - die, die keine Menschen malen wollte - ist seit unserem Beginn im Malort dazu über gegangen, zuhause "Prinzessinnen" zu malen. Ihre Menschzeichnung bekommt neben dem Kopf und den immer noch laaaaaangen Beinen nun auch lange Haare, die sich wie ein Torbogen um den Kopf herumlegen. Neben der Erstfigur des Strahlenkörpers (Menschzeichnung) ist nun also auch das Bogen-Trazat (Haare) im Bild erkennbar - das ist von meiner Tochter natürlich unbeabsichtigt. Die Erstformen haben sich quasi in ihr Bild "eingeschlichen", sind aber weiterhin, da sie noch immer aus ihrem tiefsten Inneneren aufsteigen und auf das Blatt fließen, für sie beglückend und ihre Entstehung befriedigend.
 
Ich könnte nun noch Stunden weiterschreiben über die Formulation und ihre Entwicklung, doch ich hatte mir vorgenommen, diesen Artikel nicht ausufern zu lassen. Wer noch mehr wissen möchte über das Phänomen, dem sei das Buch Wie man Kinderbilder nicht betrachten soll von Arno Stern ans Herz gelegt.
 
 

Fazit



Sebastian Ansorge
Sebastian Ansorge, Malort Mitte
Ich habe mit meinen Kindern aus pädagogischer Neugier schon viele Kurse besucht, einige länger, andere nur kurze Zeit. Selten sind meine Kinder so berührt von einem Kurs gewesen, wie sie vom Malort berührt werden. Er tut ihnen gut. Sie sind gern dort und freuen sich die ganze Woche auf den Termin. Sie reden oft darüber. Manchmal wundern sie sich, dass man dort nicht "benennen darf, was man malt", aber sie akzeptieren diese Eigenheit, ohne, dass es die Freude trübt. Wir sind noch nicht lange genug dort, um sagen zu können, ob sich der Malort nachhaltig auf sie auswirkt. Im Moment genießen sie diese entspannenden 90 Minuten einfach nur und erfreuen sich an dem, was auf das weiße Blatt vor ihnen fließt. Arno Stern ist sich jedoch sicher, dass die Kinder mehr aus dem Malort mitnehmen, als nur reine Freude.
"Man sehe, wie das Kind im Atelier eine weiße Fläche Papier, ein Blatt unter tausend gleichen Blättern, in ein Werk verwandelt, Ergebnis einer Bemühung seines Körpers, der Konzentration aller seiner Sinne auf eine einzige Initiative, so wie der Tänzer die Meisterung aller Funktionen seines Organismus bei der Ausführung eines Rhythmus  vollbringt. Und das Kind bewahrt, ohne ein Künstler zu werden, von diesem Training die Gewohnheit der Initiative. Durch diese Konzentration, die sich auch kreative Bemühung nennt, erwirbt es die Fähigkeit, im Leben stark zu sein. Es ist stark wie alle, die ohne Aggressivität, ohne Wettbewerb und ohne Anlehnung an ein Modell etwas realisieren." [vgl. Stern, A, 2009: 42]
Ich bin jedenfalls schwer begeistert von unserem Malort-Kurs und kann nur jedem empfehlen, auf die Suche nach einem in seiner Nähe zu gehen. Ich selbst nehme mit, dass ich mich noch weniger in die natürliche Entwicklung meiner Kinder einmischen möchte. Den in unsere Kinder genetisch einprogrammierte Glaube an den Ernst des Spiels möchte ich aufrecht erhalten und nicht durch Belehrungen, Verbesserungen oder Anregungen zunichte machen. Ich werde weiterhin dabei sein und meine Kinder aufmerksam begleiten, aber stören - stören werde ich sie hoffentlich nicht mehr.

Malorte in Berlin

Malort Mitte
Dänenstr. 3
10439 Berlin

Malort Köpenick
Malort Himmelblau
Taunusstr. 2
12161 Berlin
Tel. 03088622771

Malort Die natürliche Spur
Marina Lindner
Eberstsr. 12A
10827 Berlin
Tel: 01745357193

Lebt ihr nicht in Berlin oder könnt ihr in eurer Stadt keinen Malort finden, dann lässt sich zumindest ein Teil des Gefüges selbst zuhause nachstellen:
"Sie können mit sehr wenig Aufwand die Anfänge der Formulation ermöglichen; und wenn Sie es tun, haben Sie Wesentliches getan. Durch Durchführung benötigen Sie nur Kugelschreiber und weißes Papier - gewöhnliches Schreibpapier A4. Absolut entscheidend jedoch ist dabei die Einstellung des Erwachsenen. Seine aus der Kenntnis der Formulation entstandene Überzeugung bestimmt sein Verhalten, bei dem ein ungeschicktes Eingreifen schädlich ist, das Vorurteile, Staunen und aufdringliche Neugierde ausschließt und deshalb förderlich ist. Und noch etwas darf in der Praxis nicht fehlen: Richten Sie ein Fach ein, in dem alle Blätter mit den kostbaren Spuren aufbewahrt werden, denn kein einziges ist wertlos im Rahmen des Gesamtgeschehens. Das sorgfältige Aufbewahren ist eine Ermutigung für jedes Kind, ein Beweis dafür, dass seine Tätigkeit ernst genommen wird. Und es ist vor allem auch die Versicherung, dass niemand, kein Mitschüler, kein Besucher, kein Angehöriger des Kindes, mit seinem gut gemeinten Unwissen die vertrauensvoll entstandene Spur veruntreut." [vgl. Stern, A., 2012: 84]


gelagerte Bilder im Malort
gelagerte Bilder im Malort
© Snowqueen

Literatur


Stern, Arno: Wie man Kinderbilder nicht betrachten soll, 2012

Stern, Arno: Die Expression, 2009

Stern, Arno: Der Malort, 1998

Stern, Arno: Das Malspiel und die natürliche Spur, 2012

Stern, Andre: Mein Vater, mein Freund, 2011

26 Kommentare:

  1. Liebe Snowqueen und auch liebe Danielle,

    ich bin schon seit einem Dreivierteljahr treue Leserin eures Blog und möchte diesen Beitrag nutzen, endlich mal danke zu sagen. Ich hatte das Glück, schon kurz nach der Geburt meiner Tochter von dem Blog zu erfahren, so konnte ich viele Dinge von Anfang an umsetzen.
    Das Allermeiste, was ihr schreibt, trifft mich mitten ins Herz - anders kann ich es gerade nicht ausdrücken. Über viele Themen habe ich noch nicht nachgedacht, wenn ich darüber lese (so wie übers Malen), manchmal bin ich zu Beginn des Artikels skeptisch (so wie in diesem Fall) und dann lese ich und denke "genauso werde ich es machen!". Zum Glück gibt es in unserer Stadt einen Malort und sogar in unserer Nähe - das habe ich direkt mal gegoogelt.
    Aber um noch einmal etwas weiter auszuholen, erzähle ich kurz meine "Geschichte". Dass ich immer auf die Bedürfnisse meiner Tochter eingehen werde, war mir von Anfang an klar. Was das dann konkret bedeutet, stellte sich erst im Laufe der Zeit heraus. So praktizieren wir z.B. seit mittlerweile 7 Monaten das Familienbett (etwas, das ich mir früher nie vorstellen konnte). Aber viele Dinge würde ich wohl anders machen, wenn ich euren Blog nicht lesen würde. Unsere Tochter konnte sehr spät sitzen und wir haben sie nie selbst hingesetzt. Sie darf mit Brei und dem Rest des Essens matschen und selber mit dem Löffel essen (auch wenn viel daneben geht). Ich lese gerade das Buch von Alfie Kohn und bin begeistert. Ich habe zwar ein sehr liebevolles und ähnlich "tickendes" Umfeld in der Familie, trotzdem meinen mein Mann und meine Mutter, das könne man doch nicht vollständig durchhalten ohne Bestrafung und Belohnung. Wir werden sehen!
    Ich könnte noch viele andere Beispiele nennen, aber die "Message" ist sicher klar: Ohne euch würde mein Kind sicher anders aufwachsen.

    Liebe Grüße
    M.

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    1. Liebe M.,

      ganz lieben Dank für Deine Worte - sie haben mir richtig Gänsehaut beschert! Wir bekommen nicht sooo viel direktes Feedback, sehen aber, dass wir viel gelesen und empfohlen werden - das motiviert uns natürlich. Aber so direkt zu lesen, dass unser Blog wirklich dazu führt, dass Kinder davon beeinflusst aufwachsen ist natürlich etwas Besonderes. Daher freuen wir uns wirklich sehr über Deine Nachricht.

      Ganz liebe Grüße und alles Gute für Dich und Deine Familie!
      Danielle

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  2. toller artikel. viel wusste ich schon aber er weckt auf und rüttelt auf vorallem wenn man das erste mal davon hört. meine tochter 16monate hält nichts von malen - dafür schmecken die stifte, kreide, fingerfarben besser als alles andere und der pinsel im mudn fühlt sich auch noch großartig an. naja wir warten wohl noch bis wir darin abtauchen können ;-)

    mich würde interessieren was denn der kinderarzt dann zu den menschenzeichnungen gesagt hat?

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    1. Liebe Anonym,

      wir haben - Gott sei Dank - eine sehr entspannte Kinderärztin, die meine Töchter total liebt. Sie hat sich die Menschzeichnungen angeguckt, nicht kommentiert, und dann 'normal entwickelt' ins U-Heft gekritzelt.
      Für deine Tochter empfehle ich das Aqua-Doodle, da kann sie problemlos an dem Stift oder dem Pinsel lutschen und trotzdem eine Spur entstehen lassen.
      LG, snowqueen

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  3. Liebe Snowqueen,

    vielen Dank für diesen tollen Artikel! Zu diesem Thema habe ich bisher noch nicht so viel gelesen oder gehört. Deshalb hat es mich sehr gefreut, dass Du es an dieser Stelle aufgegriffen, so wunderbar recherchiert und zusammengefasst hast!

    In dem Buch "Mit Kindern malen" habe ich mal ansatzweise etwas dazu gelesen. Das hat mein Interesse für das Thema geweckt - Zitat: " (...) damit man die Kinder nicht ungeschickt darauf anspricht oder gar fragt, was sie da gemalt hätten. Sie malen ja noch gar nicht 'etwas', sondern leben ganz in ihren schwungvollen Bewegungen, deren Spuren sie auf dem Blatt mit Wonne verfolgen."

    Jetzt werde ich die "Kritzeleien" der Kinder aufheben und mir gespannt die weitere Entwicklung ansehen.

    Noch mal ganz herzlichen Dank für den wertvollen Input!

    Liebe Grüße
    Lena

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  4. Toller Artikel!!!
    Ich kann im Zuge dessen den Dokumentarfilm "Alphabet - Angst oder Liebe" empfehlen.

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  5. Liebe Danielle,
    ich freue mich über jeden eurer Artikel, weil er so gut recherchiert und jedes Mal zumindest Denkanstöße liefert! Vielen Dank!
    Den Malort werde ich mir auf jeden Fall vormerken, weil ich die Idee dahinter ganz toll finde. Die Kinder werden im Alltag ja sowieso viel zu sehr bewertet - egal ob positiv oder negativ.

    Nun stellt sich mir aber beim Lesen eine andere Frage: Meine Tochter (1 Jahr) spielt immer noch sehr gern mit uns und beansprucht auch bewußt unsere Hilfe, wenn sie z.B. den Ring nicht sofort in den Dosenschlitz bekommt. Ich versuche eigentlich nur daneben zu sitzen und ggf. die Dose festzuhalten, damit sie den Ring besser hineinbekommt oder ich lege den Ring in den Schlitz, damit sie ihn reinschieben kann. Mische ich mich da schon zu sehr ein? Sie fordert es aber auch sehr vehement ein, dass wir immer in ihrer unmittelbaren Nähe sind (also max. 50cm).

    Ich finde euren Blog sehr bereichernd und hätte sehr viel anders gemacht, wenn ich ihn nicht so früh entdeckt hätte. Und ich bin froh, dass ihr auch eure "Fehler" aufzeigt und nicht mit "erhobenen Finger" schreibt. Macht weiter so! Und über Erfahrungsberichte (und die kleinen Lichtblicke) zum Einschlafverhalten deines Sohnes würde ich mich sehr freuen, Danielle! :)

    Liebe Grüße
    TaoTao

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    1. Liebe TaoTao,

      ich denke, dass man Kinder ruhig unterstützen kann - wenn sie es denn einfordern. Das Problem ist ja eher, wenn wir uns ungefragt einmischen und von uns aus Hilfe anbieten, damit stören wir das Lernen. Wenn das Kind um Hilfe bittet, würde ich es erst mal ermutigen, es selbst zu tun. Aber wenn es das wirklich nicht schafft, dann frustriert es eine Verweigerung der Hilfe unnötig. Außerdem gibt es Kinder, bei denen Hilfestellung die bevorzugte Art der Aufmerksamkeit ist (siehe einen unserer letzten Artikel) - die würden es gar als Zurückweisung empfinden. In dem Alter ist es noch ganz normal, wenn Dein Kind stark Deine Nähe sucht - aber schon bald wird sie den Entdeckungsradius immer größer werden lassen.

      Mit Lichtblicken kann ich leider nicht dienen - bei uns wird noch immer einschlafbegleitet. Mein Sohn wird in 3 Wochen 3 Jahre alt... und erklärt immer, dass er noch so klein sei, dass man bei ihm schlafen müsse. Ohne Mittagsschlaf geht das auch in 5-10 Minuten - mit Mittagsschlaf auch gerne mal eine Stunde. Das Problem ist, dass er in der Kita schlafen muss. Und er ist auch dann müde - nur abends nicht. Nur leider kann ich ihn nicht einfach auflassen, weil dann die Große nicht freiwillig schlafen ginge, die den Schlaf aber braucht - auch schon um 19 Uhr. Sollte sich da je was dran ändern - ich gebe Bescheid.

      Lieben Dank auch für Deine Worte zu unserem Blog, ich habe mich sehr gefreut.
      Liebe Grüße
      Danielle

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    2. Danke für deinen Rat! Ich glaube, ich bin einfach etwas irritiert, dass sie diesen überall hochgelobten "minutenlangen Flow" nicht zeigt, sondern das meiste "mal so nebenbei" macht....

      Naja, zumindest kann dein Sohn mittags auch ohne Hilfe einschlafen. Das ist doch schon ein Fortschritt! ;) Ich habe mich ja innerlich schon auf eine sehr lange Familienbettphase eingestellt und wenn ich deine Geschichte höre, wird es wohl auch dabei bleiben. :D Das nächtliche sehr starke Saugbedürfnis kenne ich übrigens auch.

      Liebe Grüße
      TaoTao

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  6. Das Malen! Grad war bei uns Viereinhalbjährigen-Untersuchung als Vorbereitung für die Schule. Das Kind sollte einen Menschen malen. Der sah so aus wie der gelbe Mensch von Deinem Kind, ganz lange Haare, und nur ein bisschen Bauch. Das Kind schnitt schön mit der Schere, ordnete Sachen zu, merkte sich Dinge auf einem Tablett (Kim-Spiel), sprach erkennbar muttersprachlich Deutsch. Und dann am Schluss die Zusammenfassung der Lehrerin, dass alles gut sei, man aber das Malen von Menschen mit Bauch noch üben könne, so als Förderung.
    Ich hab mich so angefasst gefühlt: Mein Kind ist großartig, durchschnittlich normal entwickelt (mit drei Kindern hat man da einen gewissen Erfahrungsschatz) und jetzt kommt da jemand und will was "fördern". Mir ist schon klar, dass die Untersuchung dafür gedacht ist, Förderbedarf aufzudecken. Aber kann man nicht einfach bei einem sehr viel größeren Spektrum sagen "alles normal, alles in Ordnung"? Bin inzwischen ja fast so weit, dass ich weiß, dass das Gras nicht schneller wächst, wenn man dran zieht, aber das ist insgesamt nicht so eine akzeptierte Haltung, scheint mir

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  7. sowas tolles!!! gibts natürlich nicht hier in MG, aber im nachbarort :-) da muss der mann mal hinfahren mit den jungs!

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  8. eine frage stelle ich mir: wenn meine tochter (17 monate) jetzt oder wenn sie dann älter ist, mit einer kreativen malspur zu mir kommt, was sage ich dann ohne bewertend oder benennend zu sein? und was mache ich, wenn sie mich auffordert eine blume zu malen? soll ich dann sagen, nein, heute malen wir keine blume, heute malen wir einfach so zum spaß und kritzle darauf los? ich finde euren blog super, nur hier brauch ich ein wenig anregung zur umsetzung ;) ich war bis jetz nämlich auch eine benennende blumen- und sonnenzeichnerin ;) lg

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    1. wenn sie mit einer zeichnung zu dir kommt kannst du einfach sagen: du hast gemalt - mit einem lächeln. und warten was sie darauf tut. wenn sie älter ist kannst sie fragen wieso diese farben und zb da sind 5 vögel. oder wenn sie etwas neues macht (wie finger zeichnen) kannst sagen - die menschen haben finger (aber nicht so dass man am tonfall merkt dass du dir das jetzt immer erwartest)

      wenn sie will dass du eine sonne malst würde ich das tun. oder fragen wie sie sich die sonne wünscht.

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    2. Hey Enina, ich kann deine Unsicherheit verstehen. Sagen wir es so: Wenn deine Tochter jetzt malt, dann frag sie nicht, was sie gemalt hat. Diesen Fehler habe ich nämlich gemacht. Ich habe sie bei jedem Bild nach dem Titel gefragt ('Was ist das?') und ich weiß noch, wie irritiert sie am Anfang davon waren, denn sie hatten natürlich nichts Konkretes gemalt. Nett, wie sie sind, dachten sie sich aber extra für mich einen Titel aus. ;-)
      Wenn dein Kind dich bittet, eine Blume zu malen, dann mal sie. Es wäre ja schlimm und furchtbar dogmatisch, das jetzt nicht mehr zu tun, nur, weil irgendein Arno Stern meint, es wäre nicht gut. Genauso darfst du dich weiterhin über Bilder deiner Tochter freuen und ihr das ungekünstelt zeigen. Und wenn sie kommt und sagt: 'Guck mal, was ich für eine tolle Sonne gemalt habe.', dann sagst du: 'Hey, stimmt, eine echt tolle Sonne!' und nicht 'Kind, das ist keine Sonne, sondern das Trazat des Strahlenkörpers!' ;-) Vermeide einfach, ihre ersten Bilder interpretieren zu wollen. Die bildliche Darstellungs-Ebene kommt irgendwann (die Sonnen, Blumen und Menschen), dann kann man -zuhause- auch drüber sprechen, finde ich.

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    3. danke für eure hilfreichen und praktischen antworten und tipps :) ich freue mich aufs umsetzen und die kreativen momente meiner tochter :)

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    4. Dazu kommmt noch, laut Arno Stern sollte ein Elternteil dabei sein, wärend das Kind malt, so hätte es nicht das Bedürfnis das Bild zu zeigen, denn man war ja direkt dabei.

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  9. Habe mich inspieren lassen und meine 14 Monate alte Tochter heute zum ersten Mal malen lassen: Mit Fingerfarben, den großen Spiegelschrank mit Papier abgeklebt und ein Malpapier in die Mitte, Plastik auf den Boden, das alte "Ganzkörperlätzchen" von früher angezogen und ihr die Farben in einer Schüssel gereicht.
    Sie liebte es in die Farbe zu pantschen und brachte diese auf Aufforderung auch aufs Papier.. und war ganz erstaunt über das Resultat.
    Gedauert hat es nur 5 Minuten, dann waren andere Dinge interessanter. Aber mit Händewaschen war die Pantscherei auch wieder zu Ende. Also relativ wenig Aufwand, dafür haben wir jetzt uns erstes künstlicherisches Werk :-)

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  10. Das ist ja eieder ein interessanter Beitrag, wusste gar nicht dass es sowas wirklich gibt. Dachte das ist eher ein Zufall, denn wir haben sowas hier in Frankreich auch in der Art. Es ist unser geliebtes Malatelier. Hier gibt es keine Wertung. Catherine, die Künstlerin sagt, es ist schön wenn es aus Deinem Herzen kommt.
    http://tafjora.blogspot.fr/search/label/Kunst?m=0
    Es tut einfach gut. Ohne Wertung sind heutzutage doch leider eh die wenigsten Sachen/ leider.
    Lieben Gruss

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    1. Der Malort wurde in Frankreich von Arno Stern erfunden, dort heißt er Malatelier! Ist der Raum von Catherine auch so aufgebaut?
      LG, snowqueen

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  11. Hallo,
    ich bin grad mal wieder aus Zufall auf diesen älteren Artikel gestoßen und jetzt wollte ich mal nach deinen Langzeiterfahrungen im Malort fragen. Gehen deine Mädels noch dorthin?
    Hier ist der Malort erst für Kinder ab 4 Jahre, also hab ich noch 2 Jahre Zeit zum Überlegen. Bis dahin wird zu Hause alles bemalt, was nach Papier aussieht ;-)
    LG, Julia

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    1. Liebe Julia, dein Kommentar ist mir irgendwie durchgerutscht, entschuldige! Ja, meine Töchter gehen noch zum Malort. Sie finden es nach wie vor sehr schön dort und ich auch. Mein 1,5 Jähriger findet es gemein, dass er nicht ins Zimmer zu den schönen Farben darf, sondern nur in der Küche spielen darf. Zwischenzeitlich wollte mal die eine, mal die andere eine Malortpause, die sie natürlich auch nehmen durften. Fräulein Chaos wünscht sich nun eine 'Malortwand' in ihrem Zimmer zuhause, weil sie auch hier gern aufrecht stehend malen möchte.

      Mittlerweile habe ich schon zwei Leserinnen unseres Blogs im Malort kennengelernt. Das ist schön!

      LG, wnowqueen

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  12. Schreib gern mehr darüber! Ich finde leider alles was Arno Stern so schreibt recht wirr und habe meine Schwierigkeiten da durchzublicken, deshalb freue ich mich über Artikel die nicht von ihm geschrieben wurden!

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    1. Er schreibt wirklich sehr verschwurbelt! Ich muss mich immer sehr konzentrieren, um seine Texte zu verstehen. Aber das, was er zu sagen hat, hat Hand und Fuß! Liebe Grüße, snowqueen

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  13. Hört sich ganz gut an - aber alle 32.000 Bilder meiner Töchter aufbewahren? Nee, also wirklich nicht.
    Wahrscheinlich rede ich meinen Kindern tatsächlich zu viel rein, beim Malen, und ich glaub ich werd mal versuchen, das zu reduzieren. So schlimm kanns aber nicht sein, sie malen beide begeistert, täglich, und in großen Mengen; es hält sie also nicht davon ab.
    Eine Frage aber noch: Wie schafft so ein Malort es, dass nicht alle Farben heillos vermischt werden? Also im Topf schon? Wenn alles nur noch braun ist, haben die Kinder doch auch nicht mehr so viel Spaß? Meine kleine Tochter hat das eigentlich schon verstanden, dass sie den Pinsel immer auswaschen muss, aber im Eifer des Gefechts geht das des Öfteren schief.

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    1. Jeder Farbtopf hat im Malort drei eigene Pinsel und es ist nicht erlaubt, einen Pinsel für eine andere Farbe zu nutzen. Wenn ich mich richtig erinnere, werden die Pinsel während des Malens auch nicht mit Wasser gesäubert, sondern einfach neben den Farbtopf zurückgelegt. Erst ganz am Ende werden alle Pinsel gewaschen. Es gibt sehr klare Regeln im Malort, was Farben und Blätter angeht. Diese werden den Kindern beim ersten Mal erklärt, danach halten sie sich einfach dran.
      LG, Snowqueen

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