Mein Kind ist krank - Ansprüche auf Freistellung von der Arbeit


Statistisch gesehen erkranken Kita-Kinder bis zu zehn Mal im Jahr - in der Regel für mehrere Tage, an denen der Arbeitgeber dann das Gehalt kürzt. Im Folgenden möchte ich eine kurze Übersicht der derzeitigen Rechtslage bezüglich der Freistellung für die Betreuung erkrankter Kinder  und ihrer Bezahlung geben.

Kind-krank-Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch 


Es besteht grundsätzlich für jeden Arbeitnehmer ein Anspruch auf eine vorübergehende Freistellung, die sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ergibt:
§ 616 Vorübergehende Verhinderung 
Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt. 
Stetoskop und Stift

Die Rechtssprechung hat definiert, wie lang die "verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit" sein darf, nämlich pro Jahr bis zu 5 Tage. Das heißt also: Jedem - unabhängig davon, ob das Kind privat oder gesetzlich versichert ist - stehen nach dem BGB pro Jahr 5 vollbezahlte Tage zu, an denen er seine kranken Kinder betreuen kann.

Dieses Recht kann durch einen Tarifvertrag oder eine individuelle Regelung im Arbeitsvertrag ausgeschlossen werden - das sollte man also überprüfen. Für Beamte gibt es in den meisten Ländern Sonderurlaubsverordnungen, die die Freistellung regeln.

Steht im Arbeitsvertrag nichts zum § 616 BGB, dann gilt diese Regelung und man kann jährlich 5 Tage daheim bleiben, ohne dass Lohn oder Gehalt gekürzt werden.

Krankengeld für gesetzlich versicherte Kinder 


Sind die Kinder und das betreuende Elternteil gesetzlich versichert, gilt § 45 des Sozialgesetzbuches V (SGB V). Danach erhalten die Eltern Kinderkrankengeld, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Das Kind hat das 12. Lebensjahr noch nicht beendet.
  • Der Arzt bescheinigt die Notwendigkeit der Betreuung (blauer Kinderkrankenschein).
  • Eine andere im Haushalt lebende Person kann das Kind nicht betreuen.

Der Anspruch auf Kinderkrankengeld besteht für jedes Kind für maximal 10 Tage im Kalenderjahr, ist aber auf 25 Tage insgesamt begrenzt (4 Kinder bedeuten also nicht 40 Tage). Alleinerziehende haben Anspruch auf 20 Tage je Kind - maximal jedoch 50 Tage pro Jahr. "Im Kalenderjahr" bedeutet, dass auch bei Arbeitsverträgen, die beispielsweise am 1. Dezember beginnen, der Anspruch noch in voller Höhe geltend gemacht werden kann und nicht nur anteilig gewährt wird.

Der Anspruch nach § 616 BGB geht übrigens vor - das wissen und praktizieren viele Personalabteilungen nicht. Das heißt konkret: Von den 10 Krankentagen pro Kind sind die ersten 5 Tage grundsätzlich vollbezahlt - für die übrigen 5 Tage besteht dann Anspruch auf Krankengeld. Ist die BGB-Regelung vertraglich ausgeschlossen, dann erhält man für 10 Tage Krankengeld.

Der Arbeitgeber erhält eine Kopie des blauen Kinderkrankenscheines (formal "Ärztliche Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes"), das Original wird zur Krankenkasse geschickt. Diese holt sich dann die notwendigen Informationen zur Berechnung des Kinderkrankengeldes vom Arbeitgeber und überweist das Geld auf das auf der Bescheinigung angegebene Konto. 

Eine Übertragung der Tage von einem Elternteil zum anderen ist dann möglich, wenn beide Eltern einen Anspruch auf Kinderkrankengeld haben (ist der Vater bspw. privat versichert, hat er keinen Anspruch - es kann also nichts übertragen werden). Dafür ist die Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich, auf dessen Arbeitnehmer die Tage übertragen werden sollen (und ggf. eine Bescheinigung, ob und wie viele Tage bereits verbraucht wurden).

Medikamente und Geld

Die Höhe des Kinderkrankengeldes wurde zum 01.01.2015 angepasst und beträgt nun 90 % des Netto-Gehaltes. Wurde in den letzten 12 Monaten eine Prämie gezahlt, dann sogar 100 %.

Privat versicherte Kinder 


Eltern von privat versicherten Kindern haben normalerweise keine Ansprüche gegenüber ihrer privaten Krankenversicherung - sie können sich also allenfalls für die 5 Tage pro Jahr (nicht pro Kind) nach § 616 BGB freistellen lassen.

Einzelne Versicherer bieten jedoch bereits ein Kinderkrankengeld analog zu den Regeln der gesetzlichen Versicherung an (z. B. Signal Iduna). Voraussetzung ist in der Regel, dass sowohl Kind als auch Elternteil dort versichert sind.

Für Arbeitnehmer, die dem TVÖD oder BAT unterliegen, gilt: Die Freistellung ist auf vier Tage pro Jahr begrenzt - allerdings gibt es auch Tage für erkrankte Partner (einen) oder wenn der Partner krank ist und man das Kind deshalb betreuen muss (vier). Insgesamt ist die Zahl all dieser Tage auf fünf insgesamt begrenzt.

Freiwillig gesetzlich versicherte Selbständige 


Die Selbständigen, die sich freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert haben, haben zwar einen Anspruch auf Kinderkrankengeld - in der Regel jedoch erst am 43. Tag der Krankheit (wie bei eigener Erkrankung auch). Die Regelung für den Versicherten ist also maßgeblich dafür, wann für ein erkranktes Kind Krankengeld bezahlt wird. Einige Krankenkassen bieten auch Krankengeld ab dem 1. Krankheitstag - diese Information findet man in den Satzungen der Kassen.

Was passiert, wenn die Freistellungs-Tage aufgebraucht sind? 


Wenn das Kind länger oder öfter erkrankt sein sollte, bleibt einem nur noch eine unbezahlte Freistellung von der Arbeit. Diese ist auf Berufung auf
§ 275 Ausschluss der Leistungspflicht
...
(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.
möglich. Ist die Erkrankung lebensbedrohlich, ist der Bezugszeitraum für das Kinderkrankengeld im Übrigen unbegrenzt.

Wenn den Eltern durch den längeren Arbeitsausfall nachweislich der Verlust des Arbeitsplatzes droht, besteht die Möglichkeit, sich an das Jugendamt zu wenden und eine Betreuungshilfe für die sogenannte „Betreuung und Versorgung des Kindes in Notsituationen“ zu beantragen.

Übrigens: Falls das Kind im Urlaub erkrankt, ist es nicht möglich, sich den Urlaub "gutschreiben" zu lassen.

© Danielle

5 Kommentare:

  1. Hallo Danielle!

    Danke für diese Zusammenstellung!
    Einen kleinen Fehler habe ich gefunden: Du erwähnst im Zusammenhang mit abweichenden Regelungen in Tarifverträgen die Freistellung von Beamten. Diese sind aber nicht tariflich gebunden, die Freistellung für die Betreuung eines kranken Kindes ist für den Bund und die meisten Länder in Sonderurlaubsverordnungen geregelt.

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    1. Vielen Dank für Deinen Hinweis! Ich habe das entsprechend geändert.

      Herzliche Grüße
      Danielle

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  2. Hallo, vielen Dank für die tolle Zusammenfassung ;)
    Mich würde die Quelle interessieren, wo man den 11.-14. Kindkranktag als TVÖD-Angehöriger voll bezahlt bekommt.
    Ich habe auch noch nirgends gefunden, was passiert, wenn die Kindkranktage aufgebraucht sind, Urlaub genommen ist und es keine Überstunden gibt...
    Unbezahlte Freistellung? Muss das der AG gestatten? Danke schonmal, ich finde Euch toll :)
    LG, Lene

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    1. Liebe Lene,

      vielen Dank für Deinen Kommentar! Das war leider etwas missverständlich formuliert - ich habe den Text noch mal angepasst. Wenn das Kind gesetzlich versichert ist, dann hat man (nur) 10 Kinderkrankentage, ist es privat versichert, dann kann man 4 Tage freigestellt werden.

      Wenn alles aufgebraucht ist, dann bleibt nur eine unbezahlte Freistellung (nach § 275 BGB). Diese muss der Chef gewähren - da geht (zum Glück) das Kindeswohl vor.

      Herzliche Grüße
      Danielle

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    2. Aaaah! Vielen Dank! Dann waren die bisherigen Quellen doch richtig ;) und ich weiß jetzt endlich Bescheid!
      Danke nochmal:)

      PS: Ich habe leider leider leider erst nach dem 2. Geburtstag von Eurer Seite erfahren und mir wären viele Nerven, graue Haare, Selbstzweifel und Tränen erspart geblieben... Aber auch jetzt, im Trotzalter, wenn die Kurzen einen wirklich auf die Palme bringen können ;), "erdet" mich (irgendein) Artikel von Euch und ich spüre, wie ich wieder geduldig und verständnisvoll werde, weil ihr so toll die Kindersicht zeigt... Danke!
      Ihr seid Spitze! 💖
      Vielen Dank:)

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