Fragt man das Internet, was von Folgemilch - also 2er, 3er oder Kindermilch - zu halten ist, ist der Tenor ziemlich einhellig: "Unsinn" rufen die einen, "ungesund" oder "Geldmacherei" die anderen. Auf jeden Fall seien Folgemilchen vollkommen unnötig - so das vernichtende Urteil. Als Gründe werden genannt: Zu viel Zucker, unnötige Aromen und Zusätze.
Zunächst noch eine Anmerkung vorab: Folgemilchen sind für die Ernährung eines Kleinkindes grundsätzlich nicht erforderlich - man kann und sollte während der kompletten Fläschchenzeit Pre-Nahrung oder 1er Milch füttern - diese sind der Muttermilch am ähnlichsten. So lange also die Anfangsmilch ausreichend sättigt, sollte sie immer die erste Wahl sein!
Manche Kinder scheinen jedoch irgendwann nicht mehr ausreichend satt zu werden und verlangen mit 6 bis 12 Monaten oder im zweiten Lebensjahr nachts mehrere Flaschen - teilweise bis zu sechs insgesamt. Da die Zubereitung vonm Flaschennahrung die Schlafqualität wesentlich stärker beeinflusst, als nächtliches Stillen, kann man erwägen (frühestens ab dem siebenten Lebensmonat), eine sättigendere Folgemilch zu füttern.
Ob diese tatsächlich so schlecht ist wie ihr Ruf, wollte ich mal genauer wissen.
Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zur Kindermilch
"Im Handel werden Milchgetränke für Kleinkinder angeboten, die als Kleinkindermilch oder Kindermilch bezeichnet werden. Die Hersteller dieser Produkte werben häufig damit, dass die Produkte in ihrer Zusammensetzung – im Gegensatz zu Kuhmilch – auf den Nährstoffbedarf von Kleinkindern abgestimmt seien. Sie beziehen sich dabei neben dem Proteingehalt auf die Mikronährstoffe (Vitamine und Mineralstoffe). Die Gehalte an Vitaminen und Mineralstoffen in Kleinkindermilchgetränken unterscheiden sich teilweise deutlich von denen in Kuhmilch.
Aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sollten die für Kuhmilch charakteristischen Mikronährstoffe (Vitamine und Mineralstoffe) in Kleinkindermilch grundsätzlich in vergleichbaren Mengen enthalten sein. Grund: Ist ein Mikronährstoff in Kleinkindermilch in geringerer Menge als in Kuhmilch vorhanden, würde die notwendige Zufuhr ungünstigerweise verringert. Ist er hingegen in höheren Mengen enthalten, führt dies zu einer ebenso ungünstigen unkontrollierten Zufuhr. Selbst bei Natrium, das Kleinkinder üblicherweise in sehr hohen Mengen mit der Nahrung aufnehmen, und bei dem eine geringere Zufuhr durchaus wünschenswert wäre, wird durch den Austausch von Kuhmilch durch natriumärmere Kleinkindermilch keine bedeutende Reduzierung der Gesamtzufuhr und somit kein gesundheitlicher Nutzen erzielt.
Nach Auffassung des BfR werden in einer ausgewogenen Kinderernährung keine besonderen Milchprodukte für Kleinkinder benötigt. Auch wenn manche Gruppen von Kleinkindern mit einigen Mikronährstoffen nicht optimal versorgt sind, kann dies nicht durch den Ersatz von Kuhmilch durch Kleinkindermilch ausgeglichen werden, deren Verzehr nicht steuerbar ist."
Um es festzuhalten, die Kernfeststellungen sind also: Der Gehalt an Mineralstoffen und Vitaminen in der Kindermilch unterscheidet sich deutlich von denen der Kuhmilch. So weit, so nachvollziehbar. Es wird empfohlen, dass der Gehalt dieser Nährstoffe in Kindermilch sich an dem der Kuhmilch orientieren sollte. Weil: Wäre in Kindermilch weniger, wird die "notwendige Zufuhr ungünstigerweise verringert", ist der Nährstoff in höheren Mengen enthalten, führt dies zu einer "unkontrollierten Zufuhr". Weil der Verzehr der Kleinkindermilch "nicht steuerbar" sei (verwirrt nur mich das?)
Leider wird bei der Betrachtung des BfR eines vollkommen ignoriert: Milch - sei es von der Kuh, dem Menschen oder vom Nashorn - ist immer optimal auf die Bedürfnisse des Kälbchens, des Säuglings oder des Nashornbabys abgestimmt - die Zusammensetzungen unterscheiden sich gravierend nach den Erfordernissen der Babys.
Wer also sagt, dass KUHmilch (an der sich die Kindermilch doch bitte laut BfR idealerweise orientieren sollte) ideal für MENSCHENkinder ist? Sollte man nicht meinen, dass als Vergleichsmaßstab doch MENSCHENmilch dienen sollte? Erst wird in einem aufwändigen Prozess Kuhmilch bei den Anfangsmilchen Pre und 1 der Muttermilch angeglichen und bei den Folgemilchen moniert das BfR, dass sie der Kuhmilch nicht ähnlich genug sind?
Schauen wir uns doch mal die Zusammensetzung der einzelnen Milcharten an:
In Bezug auf den Kalorien-, Eiweiß- und den Kohlenhydrategehalt ist die Kindermilch der Muttermilch ähnlicher, als Kuhmilch, ebenso bei allen Mineralstoffen und bei 10 von 14 Vitaminen. Bei den Spurenelementen hingegen ist Kuhmilch der Muttermilch ähnlicher - hier ist die Bioverfügbarkeit z. T. schlechter, so dass sie der Kindermilch in höheren Mengen zugesetzt werden. Zu einigen der Nährstoffe ein paar genauere Ausführungen:
Eiweiß
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) empfiehlt eine maximale Eiweißzufuhr bei Kindern zwischen 1 und 4 Jahren von 1 g je Kilogramm Körpergewicht. Das Durchschnittsbaby wiegt mit einem Jahr etwa 10 Kilogramm - das bedeutet, dass es pro Tag ungefähr max. 10 g Eiweiß verzehren soll. Die Empfehlungen für den Verzehr von Milchprodukten in diesem Alter lautet: maximal 350 ml /g pro Tag. Trinkt das Kind diese 350 ml allein als Kuhmilch, dann nimmt es dadurch 11,55 g Eiweiß zu sich - liegt also allein damit in der Regel schon über der maximal empfohlenen Menge
Gibt es nicht nur Milch sondern auch Milchprodukte, wird es noch kritischer - Joghurt enthält bis zu 4,8 g Eiweiß je 100g, Quark bis zu 13 g, ein Ei 13 g, Käse bis zu 30 g, Wurst bis zu 24 g - ebenso wie Fleisch. Selbst Brot hat einen Eiweißgehalt von 5 - 10 g je 100 g, dazu kommt Butter, Frischkäse... etc.
Schaut man sich Kuh- und Kindermilch an, stellt man fest, dass Kuhmilch 3,3 g Eiweiß/100 ml enthält, Kindermilch jedoch nur 1,5 g. Ergibt bei 350 g entweder 11,55 g Eiweiß oder nur 5,25 g - ein für mich deutlicher und wesentlicher - wenn nicht gar der entscheidende - Unterschied.
In der Stellungnahme des BfR heißt es dazu:
"Ob ein reduzierter Proteingehalt in Kleinkindermilch im Vergleich zu Kuhmilch im Rahmen der Gesamternährung zu einer signifikanten Reduzierung der Proteinzufuhr pro Tag führt, ist zu bezweifeln. Ferner liegern zurzeit keine hinreichenden wissenschaftlichen Beweise dafür vor, dass eine Verringerung der Proteinzufuhr im Kleinkindalter zu einer Reduzierung des Risikos für Übergewicht und Adipositas im späteren Kindesalter führt."
Nun - das scheinen andere - unter anderem die DGE anders zu sehen - zum Beispiel hier.
Natrium
"Mit Blick auf die Frage, ob es Mineralstoffe gibt, bei denen ein im Vergleich zu Kuhmilch verringerte Gehalt sinnvoll erscheint, ist festzustellen, dass eine Reduzierung der Zufuhr von Natrium grundsätzlich zu begrüßen ist, weil Kleinkinder eine Natriumzufuhr weit über den Referenzwerten aufweisen. Kuhmilch leistet jedoch einen vergleichsweise geringen Beitrag zur Natriumzufuhr. Durch den Austausch von Kuhmilch durch natriumärmere Kleinkindermilch würde daher keine bedeutende Reduzierung der Gesamtnatriumzufuhr pro Tag erzielt werden."
Kuhmilch enthält 48 mg Natrium pro 100 ml, Kindermilch nur knapp die Hälfte mit 26 mg - wenn also 350 ml Milch verzehrt werden, wären das mal eben durch die Kindermilch 66 mg Natrium weniger (pro Tag werden von der DGE max. 300 mg Natrium empfohlen). Mit der Milchmenge statt 56% des Tagesgrenzwertes an Natrium nur 30% zu erreichen, finde ich persönlich nicht so unerheblich.
Das BfR rechnet einfach ein bisschen anders - Kinder nehmen ohnehin etwa 1000 mg Natrium zu sich (also schon mehr als das Dreifache der Empfehlung) - davon sind die 168 g durch die Kuhmilch dann ja nur 12%. Interessante Betrachtungsweise. Um es ganz eindeutig zu sagen: In Bezug auf den Natriumgehalt ist Kindermilch der Kuhmilch ohne jeden Zweifel überlegen - wenn auch das BfR das scheinbar nur widerstrebend zugeben will.
Calcium
Kuhmilch - das hebt das BfR besonders hervor - enthält mit 120 mg überdurchschnittlich viel Calcium. Das ist bei kleinen Kälbern und dem schnellen Wachstum des Knochengerüstes auch essentiell wichtig: ein Kalb verdoppelt sein Gewicht in 45 Tagen - Menschen brauchen 6-8 Monate dazu. Beim Menschen ist die Milchzusammensetzung eher für das Wachstum des Gehirns (was bei Kälbchen nicht vorrangig zum Überleben wichtig ist) ausgelegt. Wäre ein hoher Calciumgehalt erforderlich, wäre er auch in der menschlichen Muttermilch entsprechend hoch. Ist er mit knapp 32 mg/100 ml aber nicht.
Der Tagesbedarf an Calcium liegt für Kinder von 1 - 4 Jahren bei 600 mg pro Tag - werden 350 ml Kuhmilch getrunken, nimmt das Kind 420 mg zu sich (die Bioverfügbarkeit liegt bei etwa 30% - tatsächlich verfügbar sind also 126 g) - bei Kindermilch sind es "nur" 300 mg (davon bioverfügbar sind 90 g). Es "fehlen" also bei Kindermilch bioverfügbare 36 g - insgesamt gerade mal 6 % des Gesamttagesbedarfes. Die Bioverfügbarkeit von Calcium bei Gemüse ist mit 50 - 60 % deutlich höher als bei Milch - um also die angeblich der Kindermilch "fehlende" Menge ersetzen wollen, würden 200 ml Orangensaft oder 10 g Sesam oder 70 g Spinat oder Brokkoli ausreichen. Darüber hinaus gibt es Mineralwässer, die bis zu 400 mg/l Calcium enthalten.
Warum überhaupt "viel Calcium"? Calcium soll Osteoporose verhindern - Studien ergeben jedoch: Je höher der Milchkonsum in einem Land, desto höher die Osteoproserate. Und: Wichtig ist nicht viel Calcium, sondern vor allem die gleichzeitige Zufuhr von Vitamin D. Untersuchungen ergaben außerdem, dass das tierische Eiweiß dazu führt, dass mehr Calcium mit dem Urin ausgeschieden wird, als aufgenommen wird (was den vorgenannten Zusammenhang erklärt) - daher scheidet man mit der Kuhmilch unter Umständen mehr Calzium aus, als man zu sich nimmt. Kuhmilch als DEN unersetzlichen Calciumlieferanten zu preisen und damit zu belegen, dass sie der Kindermilch deutlich überlegen ist, ist also offenbar nicht wirklich angebracht.
Vorwurf: Zu viel Zucker in Kindermilch
Mich hat interessiert, wie viel "böser" Zucker in Folgemilchen nun tatsächlich enthalten ist. Ich habe die Kohlenhydratezusammensetzung aller gängigen Folgemilchen/ Kindermilchen verglichen und war erstaunt.
Zucker unterscheidet man in Einfachzucker, Zweifachzucker und Vielfachzucker. Wie die Namen schon sagen, bestehen Einfachzucker aus einfachen, nicht weiter aufspaltbaren Kohlenhydraten (Glucose, Fructose, Galaktose), Zweifachzucker aus zwei Molekülen (Laktose, Saccharose und Maltose) und Mehrfachzuckeraus Aneinanderreihungen vieler Einfachzucker (Stärke, Dextrine, etc.). Einfachzucker gelangen am schnellsten ins Blut, Mehrfachzucker werden erst nach und nach im Verdauungsprozess aufgespalten, weshalb sie länger sättigen. Man kann also vereinfacht sagen: Je längerkettiger das Zuckergebilde, desto länger dauert der Abbau, desto länger bleibt der Blutzuckerspiegel konstant, desto weniger schnell werden neue Nahrungsmittel aufgenommen (ein gesundes Sättigungsgefühl vorausgesetzt).
Die Folgemilchen bestehen vor allem aus Laktose (Milchzucker), Stärke (lange Ketten aus Einfachzuckern), Maltodextrin (Abbauprodukt von Stärke, kürzere Ketten aus Einfachzuckern) und zum Teil Glucose (Einfachzuckern). Kuhmilch enthält normalerweise nur Laktose - die Stärke und das Maltodextrin dienen dazu, die Milch sämiger und damit sättigender zu machen. Das, was Folgemilchen an Stärke/Maltodextrin zugesetzt wird, wird an Laktose verringert, so dass der Gesamtkohlenhydrategehalt in etwa gleich bleibt. Grundsätzlich kann man also zwar sagen: Folgemilchen enthalten mit 7,9 g bis 9,3 g pro 100 ml durchaus mehr Kohlenhydrate als Pre (7 g und 7,8 g pro 100 ml), aber diese bestehen in der Regel aus Stärke und ihrem Abbauprodukt Maltodextrin. Stärke ist vollkommen geschmacksneutral, Maltodextrin nahezu.
Da Folgemilchen genau so viele Kalorien enthalten, wie Kuhmilch kann man also sagen: Bei gleicher Energiezufuhr sättigen sie schneller und länger, ohne dass sie ihnen süßende Stoffe zugesetzt sind.
Hier eine Übersicht über die Kohlenhydratezusammensetzung der Folgemilchen:
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Vergleich Kohlenhydratezusammensetzung der Folgemilchen |
Zusätzlich - und damit tatsächlich zusätzlich "Zucker", also Glucose, enthalten
- die Bebivita 2 und 3 (nicht jedoch die Bebivita Kindermilch!),
- Humana 2 und 3 (aus Zuckersirup) und
- Milasan 3 und Alete 3 (dort aus Früchten).
Bei allen Sorten von Aptamil und Milumil sind ebenfalls geringe Mengen Glucose enthalten - diese sind Bestandteil der prebiotischen Ballasstoffe und auch in der Pre-Milch enthalten.
Keinen zusätzlichen Zucker enthalten alle Sorten von Beba und Hipp.
Ich habe bei Hipp mal nachgefragt, was genau die Kohlenhydrate sind, die auf ihren Packungen nicht deklariert sind (es bleibt oft eine kleinere Differenz zwischen Kohlenhydrate, Laktose und Stärke) - die Antwort dazu:
"Diese Differenz stammt von freien Kohlenhydraten. Während dem Herstellungsprozess werden der Milchnahrung verschiedene Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt. Aus technologischen Gründen wird hierzu als Trägerstoff eine geringe Menge an Kohlenhydraten benötigt."
Im den meisten Fällen enthalten Folgemilchen also gar keinen zusätzlichen Zucker. Im schlechtesten Falle (also bei der Fütterung von Humana) nimmt das Kind beim Verzehr der 350 ml am Tag also genau 1,05 g MEHR reinen Zucker auf, als bei Kuhmilch. Mal zum Vergleich: Ein 190-g-Gläschen Obstbrei/GOB hat etwa 19 Gramm (Frucht)-Zucker. Alleine die Mittagsmenü-Gläser enthalten bis zu 5,5 g (Gläser ab dem 6. Monat) und 6,2 g Zucker (ab 8. Monat). Im MGB (pur) sind auch 12 g Zucker. Füttert man also diese Mahlzeiten in Glasform, hat man schon ca. 37 Gramm reinen Zucker. Ob es da auf das eine Gramm maßgeblich ankommt?
Vorwurf: Übervitaminisierung
Schaut man sich die Folgemilchen grundsätzlich an, stellt man fest: Die Zusammensetzung ist weitestgehend ähnlich der muttermilchähnlichen Pre-Milch, wobei die Nährstoffdichte zum Teil leicht erhöht ist. Das ist für mich auch nachvollziehbar - ein Baby wird mit durchschnittlich 3.500 g geboren - mit 6-8 Monaten hat sich das Gewicht in der Regel mehr als verdoppelt. Entsprechend wächst auch der Nährstoffbedarf (dies erkennt man auch an den Referenzwerten der DGE für die Nährstoffzufuhr sehr gut - ab einem Alter von 4 Monaten ist der Bedarf oft deutlich höher, als in den ersten Monaten).
Das Bundesinstitut für Risikobewertuung stellt in der oben genannten Stellungnahme zwei Tatsachen fest:
Kindermilch wurden Vitamine zugesetzt (was auch auf Pre-Milch zutrifft) - nach Ansicht des BfR seien das zu viele. Das Verhältnis in der Kuhmilch (die noch immer für Kälber, nicht für Kinder optimiert ist) sei "erstrebenswerter" (warum konkret, wird nicht gesagt).
Die zweite Tatsache ist: Milchprodukte sollten 30% der täglichen Nahrungsmenge ausmachen.
Übervitaminisiert wäre die Kindermilch also dann, wenn sie mehr als 30% der empfohlenen Tagesmenge an Vitaminen enthielte. Ich habe das mal nachgerechnet - hier eine Übersicht dazu:
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Deckung des Tagesbedarfs an Vitaminen durch Kindermilch |
Die Kindermilch ist in Bezug auf die empfohlenen täglichen Mengen also überdosiert in Bezug auf
Calcium
Das BfR bemängelt trotz der "Überdosierung" dass in Kindermilch vermeintlich dennoch zu wenig Calcium enthalten sei (siehe oben).
Eisen
Eisen aus Milch hat eine vergleichsweise Bioverfügbarkeit - eine Überdosierung ist daher sinnvoll, da nicht die gesamte Menge vom Körper aufgenommen wird. Eisen aus Kuhmilch wird gerade mal zu 10% verwertet - Kuhmilch enthält also in 350 ml gerade mal 0,2 % des Tagesbedarfs an bioverfügbarem Eisen.
Zink
Die Bioverfügbarkeit von Zink ist mit 30% auch eher gering - daher entspricht die tatsächlich verwertbare Menge 31,5% des Tagesbedarfes und liegt damit in der Norm.
Jod
Der höhere Jodgehalt wird vom BfR nicht als kritisch gesehen, 20% der Kinder sind mit Jod unterversorgt.
Vitamin C
Überschüssiges Vitamin C wird ohne gesundheitliche Folgen ausgeschieden.
Vitamin E
Durch die Kindermilch werden 3,85 mg pro Tag aufgenommen - nachgewiesen unschädlich ist eine Menge von dauerhaft 25 mg pro Kilogramm Körpergewicht - also bei 10 Kilogramm 250 mg pro Tag.
Vitamin B12
Bezüglich dieses Vitamins bemängelt das BfR gar die (zu) geringe Menge im Vergleich zu Kuhmilch - es sollte also besser wie dort - zu 140% des Tagesbedarfes gedeckt werden.
Vitamin K
Dieses ist auch in hohen Dosen nicht toxisch - wird nach der Geburt absichtlich überdosiert verabreicht. Kuhmilch enthält 93,3% des Tagesbedarfes - dort ist Vitamin K dann ebenfalls "überdosiert".
Biotin
Es gibt keine Beobachtungen, dass eine Überdosierung schadet - eine Unterdosierung hat jedoch fatale Folgen. Kuhmilch enthält mehr als doppelt so viel Biotin, wie Kindermilch und damit 98% des Tagesbedarfes.
Im Vergleich zur Muttermilch, hat Kuhmilch außerdem zum Teil gravierend weniger oder mehr Nährstoffe - größere Abweichungen gibt es insbesondere bei Natrium, Calcium, Kupfer, Jod, Mangan, Vitamin A, B2, Niacin und Taurin.
Zusammenfassend kann man also sagen:
Die Vitamine, die der Kindermilch in etwas höheren Mengen zugesetzt wurden, sind bei einer Überdosierung nachgewiesen nicht schädlich, bei einem Mangel sehr wohl. Gibt man also Kindermilch im empfohlenen Umfang von 350 ml, ist von keiner gesundheitsgefährdenden Überdosierung an Vitaminen und Nährstoffen auszugehen.
Die Verbraucherzentrale stellt fest: Kindermilch ist überteuert
Auch immer wieder gerne als "Quelle" für die Unsinnigkeit von Kindermilchen zitiert ist die "Untersuchung" der Verbraucherzentrale Hamburg. Ganz innovativ stellte diese fest: Kindermilch sei im Vergleich zur Kuhmilch "überteuert". Wenn man mal schauen möchte, wie professionell und umfassend das gemacht wurde: Klick. Die Verbraucherzentrale stellt also (eigentlich nur) fest: Pulver, das in einem aufwändigen Prozess gewonnen und angepasst wurde, ist teurer als das Ursprungsprodukt. Wirklich sehr überraschend.
Dank Evas Hinweis (danke für den Kommentar!) habe ich mal nachgerechnet - der Preis für Bebivita Kindermilch liegt bei 0,81 EUR pro Liter, Milumil ist mit 1,55 EUR teurer, ebenso wie HIPP mit 1,78 EUR. Die Bio-Frisch-Milch kostet bei uns 0,89 EUR - bei einem Verzehr von knapp 2,5 Litern pro Woche, macht das also einen Mehrpreis je Sorte von bis zu 2,22 EUR - oder eine Ersparnis von 0,20 EUR bei Bebivita. Ob das nun Dimensionen sind, die einen empörten Aufschrei rechtfertigen? Die Fertigmilch im Tetrapak wird sicher teurer sein, aber da muss ja jeder selbst entscheiden, ob er das für die Bequemlichkeit in Kauf nehmen möchte. Man kann also allenfalls feststellen - Kindermilch ist (in der Regel) (etwas) teurer - aber wiegen die Vorteile diesen Mehrpreis denn auf?
Fazit
Diese Frage muss jeder für sich ganz individuell beantworten. Kuhmilch ist im Vergleich durchaus billiger - aber eben auch nicht optimal oder gar besser als Kindermilch. Sicher schadet man seinem Kind nicht, wenn man ihm Kuhmilch in Maßen zu trinken gibt, aber eine pauschale Verurteilung der Folgemilchen ist einfach nicht richtig - sie ähneln eher der Muttermilch, als der Kuhmilch und enthalten deutlich weniger unnütze Zusätze, als das gemeinhin angenommen wird. Im Vergleich zur Anfangsmilch sind allenfalls Aromen in einigen wenigen Sorten zu finden.
Um die ursprüngliche Frage zu beantworten: Nein, Kindermilchen sind weder überflüssig noch überzuckert noch enthalten sie zu viele Vitamine. Sie enthalten aber weniger Eiweiß, weniger Natrium und ihre Zusammensetzung ähnelt eher der Muttermilch, als die der Kuhmilch. Insofern ist es eine individuelle Entscheidung, welche Milch man seinen Kindern zum trinken gibt - Folgemilch ist jedoch viel besser, als ihr Ruf und für mich persönlich das geeignetere Lebensmittel für Kinder.
© Danielle