Folgemilch - sind 2er, 3er und Kindermilch ungesund?

Fragt man das Internet, was von Folgemilch - also 2er, 3er oder Kindermilch - zu halten ist, ist der Tenor ziemlich einhellig: "Unsinn" rufen die einen, "ungesund" oder  "Geldmacherei" die anderen. Auf jeden Fall seien Folgemilchen vollkommen unnötig - so das vernichtende Urteil. Als Gründe werden genannt: Zu viel Zucker, unnötige Aromen und Zusätze. 

Zunächst noch eine Anmerkung vorab: Folgemilchen sind für die Ernährung eines Kleinkindes grundsätzlich nicht erforderlich - man kann und sollte während der kompletten Fläschchenzeit Pre-Nahrung oder 1er Milch füttern - diese sind der Muttermilch am ähnlichsten. So lange also die Anfangsmilch ausreichend sättigt, sollte sie immer die erste Wahl sein! 

Manche Kinder scheinen jedoch irgendwann nicht mehr ausreichend satt zu werden und verlangen mit 6 bis 12 Monaten oder im zweiten Lebensjahr nachts mehrere Flaschen - teilweise bis zu sechs insgesamt. Da die Zubereitung vonm Flaschennahrung die Schlafqualität wesentlich stärker beeinflusst, als nächtliches Stillen, kann man erwägen (frühestens ab dem siebenten Lebensmonat), eine sättigendere Folgemilch zu füttern. 

Ob diese tatsächlich so schlecht ist wie ihr Ruf, wollte ich mal genauer wissen.
 
Regal mit Folgemilch in der Drogerie

Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zur Kindermilch 


Im Jahr 2011 untersuchte das Bundesinstitut für Risikobewertung Kindermilch verschiedener Hersteller. Das Ergebnis ist in zwei Stellungnahmen (diese und diese) zusammengefasst - dort heißt es unter anderem:  
"Im Handel werden Milchgetränke für Kleinkinder angeboten, die als Kleinkindermilch oder Kindermilch bezeichnet werden. Die Hersteller dieser Produkte werben häufig damit, dass die Produkte in ihrer Zusammensetzung – im Gegensatz zu Kuhmilch – auf den Nährstoffbedarf von Kleinkindern abgestimmt seien. Sie beziehen sich dabei neben dem Proteingehalt auf die Mikronährstoffe (Vitamine und Mineralstoffe). Die Gehalte an Vitaminen und Mineralstoffen in Kleinkindermilchgetränken unterscheiden sich teilweise deutlich von denen in Kuhmilch.

Aus Sicht des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) sollten die für Kuhmilch charakteristischen Mikronährstoffe (Vitamine und Mineralstoffe) in Kleinkindermilch grundsätzlich in vergleichbaren Mengen enthalten sein. Grund: Ist ein Mikronährstoff in Kleinkindermilch in geringerer Menge als in Kuhmilch vorhanden, würde die notwendige Zufuhr ungünstigerweise verringert. Ist er hingegen in höheren Mengen enthalten, führt dies zu einer ebenso ungünstigen unkontrollierten Zufuhr. Selbst bei Natrium, das Kleinkinder üblicherweise in sehr hohen Mengen mit der Nahrung aufnehmen, und bei dem eine geringere Zufuhr durchaus wünschenswert wäre, wird durch den Austausch von Kuhmilch durch natriumärmere Kleinkindermilch keine bedeutende Reduzierung der Gesamtzufuhr und somit kein gesundheitlicher Nutzen erzielt.
Nach Auffassung des BfR werden in einer ausgewogenen Kinderernährung keine besonderen Milchprodukte für Kleinkinder benötigt. Auch wenn manche Gruppen von Kleinkindern mit einigen Mikronährstoffen nicht optimal versorgt sind, kann dies nicht durch den Ersatz von Kuhmilch durch Kleinkindermilch ausgeglichen werden, deren Verzehr nicht steuerbar ist."
Um es festzuhalten, die Kernfeststellungen sind also: Der Gehalt an Mineralstoffen und Vitaminen in der Kindermilch unterscheidet sich deutlich von denen der Kuhmilch. So weit, so nachvollziehbar. Es wird empfohlen, dass der Gehalt dieser Nährstoffe in Kindermilch sich an dem der Kuhmilch orientieren sollte. Weil: Wäre in Kindermilch weniger, wird die "notwendige Zufuhr ungünstigerweise verringert", ist der Nährstoff in höheren Mengen enthalten, führt dies zu einer "unkontrollierten Zufuhr". Weil der Verzehr der Kleinkindermilch "nicht steuerbar" sei (verwirrt nur mich das?)

Leider wird bei der Betrachtung des BfR eines vollkommen ignoriert: Milch - sei es von der Kuh, dem Menschen oder vom Nashorn - ist immer optimal auf die Bedürfnisse des Kälbchens, des Säuglings oder des Nashornbabys abgestimmt - die Zusammensetzungen unterscheiden sich gravierend nach den Erfordernissen der Babys.

Wer also sagt, dass KUHmilch (an der sich die Kindermilch doch bitte laut BfR idealerweise orientieren sollte) ideal für MENSCHENkinder ist? Sollte man nicht meinen, dass als Vergleichsmaßstab doch MENSCHENmilch dienen sollte? Erst wird in einem aufwändigen Prozess Kuhmilch bei den Anfangsmilchen Pre und 1 der Muttermilch angeglichen und bei den Folgemilchen moniert das BfR, dass sie der Kuhmilch nicht ähnlich genug sind?

Schauen wir uns doch mal die Zusammensetzung der einzelnen Milcharten an:
 
Vergleich Muttermilch, Kuhmilch und Kindermilch
Vergleich von Muttermilch, Kuhmilch und Kindermilch

In Bezug auf den Kalorien-, Eiweiß- und den Kohlenhydrategehalt ist die Kindermilch der Muttermilch ähnlicher, als Kuhmilch, ebenso bei allen Mineralstoffen und bei 10 von 14 Vitaminen. Bei den Spurenelementen hingegen ist Kuhmilch der Muttermilch ähnlicher - hier ist die Bioverfügbarkeit z. T. schlechter, so dass sie der Kindermilch in höheren Mengen zugesetzt werden. Zu einigen der Nährstoffe ein paar genauere Ausführungen:

Eiweiß 


Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) empfiehlt eine maximale Eiweißzufuhr bei Kindern zwischen 1 und 4 Jahren von 1 g je Kilogramm Körpergewicht. Das Durchschnittsbaby wiegt mit einem Jahr etwa 10 Kilogramm - das bedeutet, dass es pro Tag ungefähr max. 10 g Eiweiß verzehren soll. Die Empfehlungen für den Verzehr von Milchprodukten in diesem Alter lautet: maximal 350 ml /g pro Tag. Trinkt das Kind diese 350 ml allein als Kuhmilch, dann nimmt es dadurch 11,55 g Eiweiß zu sich - liegt also allein damit in der Regel schon über der maximal empfohlenen Menge

Gibt es nicht nur Milch sondern auch Milchprodukte, wird es noch kritischer - Joghurt enthält bis zu 4,8 g Eiweiß je 100g, Quark bis zu 13 g, ein Ei 13 g, Käse bis zu 30 g, Wurst bis zu 24 g - ebenso wie Fleisch. Selbst Brot hat einen Eiweißgehalt von 5 - 10 g je 100 g, dazu kommt Butter, Frischkäse... etc.

Schaut man sich Kuh- und Kindermilch an, stellt man fest, dass Kuhmilch 3,3 g Eiweiß/100 ml enthält, Kindermilch jedoch nur 1,5 g. Ergibt bei 350 g entweder 11,55 g Eiweiß oder nur 5,25 g - ein für mich deutlicher und wesentlicher - wenn nicht gar der entscheidende - Unterschied.

In der Stellungnahme des BfR heißt es dazu:
"Ob ein reduzierter Proteingehalt in Kleinkindermilch im Vergleich zu Kuhmilch im Rahmen der Gesamternährung zu einer signifikanten Reduzierung der Proteinzufuhr pro Tag führt, ist zu bezweifeln. Ferner liegern zurzeit keine hinreichenden wissenschaftlichen Beweise dafür vor, dass eine Verringerung der Proteinzufuhr im Kleinkindalter zu einer Reduzierung des Risikos für Übergewicht und Adipositas im späteren Kindesalter führt."

Nun - das scheinen andere - unter anderem die DGE anders zu sehen - zum Beispiel hier.

Natrium 


In der Stellungnahme des BfR heißt es:

"Mit Blick auf die Frage, ob es Mineralstoffe gibt, bei denen ein im Vergleich zu Kuhmilch verringerte Gehalt sinnvoll erscheint, ist festzustellen, dass eine Reduzierung der Zufuhr von Natrium grundsätzlich zu begrüßen ist, weil Kleinkinder eine Natriumzufuhr weit über den Referenzwerten aufweisen. Kuhmilch leistet jedoch einen vergleichsweise geringen Beitrag zur Natriumzufuhr. Durch den Austausch von Kuhmilch durch natriumärmere Kleinkindermilch würde daher keine bedeutende Reduzierung der Gesamtnatriumzufuhr pro Tag erzielt werden."

Kuhmilch enthält 48 mg Natrium pro 100 ml, Kindermilch nur knapp die Hälfte mit 26 mg - wenn also 350 ml Milch verzehrt werden, wären das mal eben durch die Kindermilch 66 mg Natrium weniger (pro Tag werden von der DGE max. 300 mg Natrium empfohlen). Mit der Milchmenge statt 56% des Tagesgrenzwertes an Natrium nur 30% zu erreichen, finde ich persönlich nicht so unerheblich.
Das BfR rechnet einfach ein bisschen anders - Kinder nehmen ohnehin etwa 1000 mg Natrium zu sich (also schon mehr als das Dreifache der Empfehlung) - davon sind die 168 g durch die Kuhmilch dann ja nur 12%. Interessante Betrachtungsweise. Um es ganz eindeutig zu sagen: In Bezug auf den Natriumgehalt ist Kindermilch der Kuhmilch ohne jeden Zweifel überlegen - wenn auch das BfR das scheinbar nur widerstrebend zugeben will.

Calcium 


Kuhmilch - das hebt das BfR besonders hervor - enthält mit 120 mg  überdurchschnittlich viel Calcium. Das ist bei kleinen Kälbern und dem schnellen Wachstum des Knochengerüstes auch essentiell wichtig: ein Kalb verdoppelt sein Gewicht in 45 Tagen - Menschen brauchen 6-8 Monate dazu. Beim Menschen ist die Milchzusammensetzung eher für das Wachstum des Gehirns (was bei Kälbchen nicht vorrangig zum Überleben wichtig ist) ausgelegt. Wäre ein hoher Calciumgehalt erforderlich, wäre er auch in der menschlichen Muttermilch entsprechend hoch. Ist er mit knapp 32 mg/100 ml aber nicht.

Der Tagesbedarf an Calcium liegt für Kinder von 1 - 4 Jahren bei 600 mg pro Tag - werden 350 ml Kuhmilch getrunken, nimmt das Kind 420 mg zu sich (die Bioverfügbarkeit liegt bei etwa 30% - tatsächlich verfügbar sind also 126 g) - bei Kindermilch sind es "nur" 300 mg (davon bioverfügbar sind 90 g). Es "fehlen" also bei Kindermilch bioverfügbare 36 g - insgesamt gerade mal 6 % des Gesamttagesbedarfes. Die Bioverfügbarkeit von Calcium bei Gemüse ist mit 50 - 60 % deutlich höher als bei Milch - um also die angeblich der Kindermilch "fehlende" Menge ersetzen wollen, würden 200 ml Orangensaft oder 10 g Sesam oder 70 g Spinat oder Brokkoli ausreichen. Darüber hinaus gibt es Mineralwässer, die bis zu 400 mg/l Calcium enthalten.

Warum überhaupt "viel Calcium"? Calcium soll Osteoporose verhindern - Studien ergeben jedoch: Je höher der Milchkonsum in einem Land, desto höher die Osteoproserate. Und: Wichtig ist nicht viel Calcium, sondern vor allem die gleichzeitige Zufuhr von Vitamin D. Untersuchungen ergaben außerdem, dass das tierische Eiweiß dazu führt, dass mehr Calcium mit dem Urin ausgeschieden wird, als aufgenommen wird (was den vorgenannten Zusammenhang erklärt) - daher scheidet man mit der Kuhmilch unter Umständen mehr Calzium aus, als man zu sich nimmt. Kuhmilch als DEN unersetzlichen Calciumlieferanten zu preisen und damit zu belegen, dass sie der Kindermilch deutlich überlegen ist, ist also offenbar nicht wirklich angebracht.

Vorwurf: Zu viel Zucker in Kindermilch 


Mich hat interessiert, wie viel "böser" Zucker in Folgemilchen nun tatsächlich enthalten ist. Ich habe die Kohlenhydratezusammensetzung aller gängigen Folgemilchen/ Kindermilchen verglichen und war erstaunt.

Zucker unterscheidet man in Einfachzucker, Zweifachzucker und Vielfachzucker. Wie die Namen schon sagen, bestehen Einfachzucker aus einfachen, nicht weiter aufspaltbaren Kohlenhydraten (Glucose, Fructose, Galaktose), Zweifachzucker aus zwei Molekülen (Laktose, Saccharose und Maltose) und Mehrfachzuckeraus Aneinanderreihungen vieler Einfachzucker (Stärke, Dextrine, etc.). Einfachzucker gelangen am schnellsten ins Blut, Mehrfachzucker werden erst nach und nach im Verdauungsprozess aufgespalten, weshalb sie länger sättigen. Man kann also vereinfacht sagen: Je längerkettiger das Zuckergebilde, desto länger dauert der Abbau, desto länger bleibt der Blutzuckerspiegel konstant, desto weniger schnell werden neue Nahrungsmittel aufgenommen (ein gesundes Sättigungsgefühl vorausgesetzt).

Die Folgemilchen bestehen vor allem aus Laktose (Milchzucker), Stärke (lange Ketten aus Einfachzuckern), Maltodextrin (Abbauprodukt von Stärke, kürzere Ketten aus Einfachzuckern) und zum Teil Glucose (Einfachzuckern). Kuhmilch enthält normalerweise nur Laktose - die Stärke und das Maltodextrin dienen dazu, die Milch sämiger und damit sättigender zu machen. Das,  was Folgemilchen an Stärke/Maltodextrin zugesetzt wird, wird an Laktose verringert, so dass der Gesamtkohlenhydrategehalt in etwa gleich bleibt. Grundsätzlich kann man also zwar sagen: Folgemilchen enthalten mit 7,9 g bis 9,3 g pro 100 ml durchaus mehr Kohlenhydrate als Pre (7 g und 7,8 g pro 100 ml), aber diese bestehen in der Regel aus Stärke und ihrem Abbauprodukt Maltodextrin. Stärke ist vollkommen geschmacksneutral, Maltodextrin nahezu.

Da Folgemilchen genau so viele Kalorien enthalten, wie Kuhmilch kann man also sagen: Bei gleicher Energiezufuhr sättigen sie schneller und länger, ohne dass sie ihnen süßende Stoffe zugesetzt sind.

Hier eine Übersicht über die Kohlenhydratezusammensetzung der Folgemilchen:
 
Vergleich Kohlenhydrate Folgemilch
Vergleich Kohlenhydratezusammensetzung der Folgemilchen

Zusätzlich - und damit tatsächlich zusätzlich "Zucker", also Glucose, enthalten 

  • die Bebivita 2 und 3 (nicht jedoch die Bebivita Kindermilch!), 
  • Humana 2 und 3 (aus Zuckersirup) und 
  • Milasan 3 und Alete 3 (dort aus Früchten).

Bei allen Sorten von Aptamil und Milumil sind ebenfalls geringe Mengen Glucose enthalten - diese sind Bestandteil der prebiotischen Ballasstoffe und auch in der Pre-Milch enthalten.

Keinen zusätzlichen Zucker enthalten alle Sorten von Beba und Hipp.

Ich habe bei Hipp mal nachgefragt, was genau die Kohlenhydrate sind, die auf ihren Packungen nicht deklariert sind (es bleibt oft eine kleinere Differenz zwischen Kohlenhydrate, Laktose und Stärke) - die Antwort dazu:
"Diese Differenz stammt von freien Kohlenhydraten. Während dem Herstellungsprozess werden der Milchnahrung verschiedene Vitamine und Mineralstoffe zugesetzt. Aus technologischen Gründen wird hierzu als Trägerstoff eine geringe Menge an Kohlenhydraten benötigt."
Im den meisten Fällen enthalten Folgemilchen also gar keinen zusätzlichen Zucker. Im schlechtesten Falle (also bei der Fütterung von Humana) nimmt das Kind beim Verzehr der 350 ml am Tag also genau 1,05 g MEHR reinen Zucker auf, als bei Kuhmilch. Mal zum Vergleich: Ein 190-g-Gläschen Obstbrei/GOB hat etwa 19 Gramm (Frucht)-Zucker. Alleine die Mittagsmenü-Gläser enthalten bis zu 5,5 g (Gläser ab dem 6. Monat) und 6,2 g Zucker (ab 8. Monat). Im MGB (pur) sind auch 12 g Zucker. Füttert man also diese Mahlzeiten in Glasform, hat man schon ca. 37 Gramm reinen Zucker. Ob es da auf das eine Gramm maßgeblich ankommt?

Vorwurf: Übervitaminisierung 


Schaut man sich die Folgemilchen grundsätzlich an, stellt man fest: Die Zusammensetzung ist weitestgehend ähnlich der muttermilchähnlichen Pre-Milch, wobei die Nährstoffdichte zum Teil leicht erhöht ist. Das ist für mich auch nachvollziehbar - ein Baby wird mit durchschnittlich 3.500 g geboren - mit 6-8 Monaten hat sich das Gewicht in der Regel mehr als verdoppelt. Entsprechend wächst auch der Nährstoffbedarf (dies erkennt man auch an den Referenzwerten der DGE für die Nährstoffzufuhr sehr gut - ab einem Alter von 4 Monaten ist der Bedarf oft deutlich höher, als in den ersten Monaten).

Das Bundesinstitut für Risikobewertuung stellt in der oben genannten Stellungnahme zwei Tatsachen fest:
Kindermilch wurden Vitamine zugesetzt (was auch auf Pre-Milch zutrifft) - nach Ansicht des BfR seien das zu viele. Das Verhältnis in der Kuhmilch (die noch immer für Kälber, nicht für Kinder optimiert ist) sei "erstrebenswerter" (warum konkret, wird nicht gesagt).

Die zweite Tatsache ist: Milchprodukte sollten 30% der täglichen Nahrungsmenge ausmachen.

Übervitaminisiert wäre die Kindermilch also dann, wenn sie mehr als 30% der empfohlenen Tagesmenge an Vitaminen enthielte. Ich habe das mal nachgerechnet - hier eine Übersicht dazu:


Vitamine in Kindemilch
Deckung des Tagesbedarfs an Vitaminen durch Kindermilch

Die Kindermilch ist in Bezug auf die empfohlenen täglichen Mengen also überdosiert in Bezug auf

Calcium 

Das BfR bemängelt trotz der "Überdosierung" dass in Kindermilch vermeintlich dennoch zu wenig Calcium enthalten sei (siehe oben).

Eisen
 
Eisen aus Milch hat eine vergleichsweise Bioverfügbarkeit - eine Überdosierung ist daher sinnvoll, da nicht die gesamte Menge vom Körper aufgenommen wird. Eisen aus Kuhmilch wird gerade mal zu 10% verwertet - Kuhmilch enthält also in 350 ml gerade mal 0,2 % des Tagesbedarfs an bioverfügbarem Eisen. 

Zink

Die Bioverfügbarkeit von Zink ist mit 30% auch eher gering - daher entspricht die tatsächlich verwertbare Menge 31,5% des Tagesbedarfes und liegt damit in der Norm.

Jod 

Der höhere Jodgehalt wird vom BfR nicht als kritisch gesehen, 20% der Kinder sind mit Jod unterversorgt.

Vitamin C 

Überschüssiges Vitamin C wird ohne gesundheitliche Folgen ausgeschieden.

Vitamin E
 
Durch die Kindermilch werden 3,85 mg pro Tag aufgenommen - nachgewiesen unschädlich ist eine Menge von dauerhaft 25 mg pro Kilogramm Körpergewicht - also bei 10 Kilogramm 250 mg pro Tag.

Vitamin B12
 
Bezüglich dieses Vitamins bemängelt das BfR gar die (zu) geringe Menge im Vergleich zu Kuhmilch - es sollte also besser wie dort - zu 140% des Tagesbedarfes gedeckt werden.

Vitamin K 

Dieses ist auch in hohen Dosen nicht toxisch - wird nach der Geburt absichtlich überdosiert verabreicht. Kuhmilch enthält 93,3% des Tagesbedarfes - dort ist Vitamin K dann ebenfalls "überdosiert".

Biotin  

Es gibt keine Beobachtungen, dass eine Überdosierung schadet - eine Unterdosierung hat jedoch fatale Folgen. Kuhmilch enthält mehr als doppelt so viel Biotin, wie Kindermilch und damit 98% des Tagesbedarfes.

Im Vergleich zur Muttermilch, hat Kuhmilch außerdem zum Teil gravierend weniger oder mehr Nährstoffe - größere Abweichungen gibt es insbesondere bei Natrium, Calcium, Kupfer, Jod, Mangan, Vitamin A, B2, Niacin und Taurin.

Zusammenfassend kann man also sagen:

Die Vitamine, die der Kindermilch in etwas höheren Mengen zugesetzt wurden, sind bei einer Überdosierung nachgewiesen nicht schädlich, bei einem Mangel sehr wohl. Gibt man also Kindermilch im empfohlenen Umfang von 350 ml, ist von keiner gesundheitsgefährdenden Überdosierung an Vitaminen und Nährstoffen auszugehen.

Die Verbraucherzentrale stellt fest: Kindermilch ist überteuert 


Auch immer wieder gerne als "Quelle" für die Unsinnigkeit von Kindermilchen zitiert ist die "Untersuchung" der Verbraucherzentrale Hamburg. Ganz innovativ stellte diese fest: Kindermilch sei im Vergleich zur Kuhmilch "überteuert". Wenn man mal schauen möchte, wie professionell und umfassend das gemacht wurde: Klick. Die Verbraucherzentrale stellt also (eigentlich nur) fest: Pulver, das in einem aufwändigen Prozess gewonnen und angepasst wurde, ist teurer als das Ursprungsprodukt. Wirklich sehr überraschend. 

Dank Evas Hinweis (danke für den Kommentar!) habe ich mal nachgerechnet - der Preis für Bebivita Kindermilch liegt bei 0,81 EUR pro Liter, Milumil ist mit 1,55 EUR teurer, ebenso wie HIPP mit 1,78 EUR. Die Bio-Frisch-Milch kostet bei uns 0,89 EUR - bei einem Verzehr von knapp 2,5 Litern pro Woche, macht das also einen Mehrpreis je Sorte von bis zu 2,22 EUR - oder eine Ersparnis von 0,20 EUR bei Bebivita. Ob das nun Dimensionen sind, die einen empörten Aufschrei rechtfertigen? Die Fertigmilch im Tetrapak wird sicher teurer sein, aber da muss ja jeder selbst entscheiden, ob er das für die Bequemlichkeit in Kauf nehmen möchte. Man kann also allenfalls feststellen - Kindermilch ist (in der Regel) (etwas) teurer - aber wiegen die Vorteile diesen Mehrpreis denn auf?

Fazit 


Diese Frage muss jeder für sich ganz individuell beantworten. Kuhmilch ist im Vergleich durchaus billiger - aber eben auch nicht optimal oder gar besser als Kindermilch. Sicher schadet man seinem Kind nicht, wenn man ihm Kuhmilch in Maßen zu trinken gibt, aber eine pauschale Verurteilung der Folgemilchen ist einfach nicht richtig - sie ähneln eher der Muttermilch, als der Kuhmilch und enthalten deutlich weniger unnütze Zusätze, als das gemeinhin angenommen wird. Im Vergleich zur Anfangsmilch sind allenfalls Aromen in einigen wenigen Sorten zu finden.

Um die ursprüngliche Frage zu beantworten: Nein, Kindermilchen sind weder überflüssig noch überzuckert noch enthalten sie zu viele Vitamine. Sie enthalten aber weniger Eiweiß, weniger Natrium und ihre Zusammensetzung ähnelt eher der Muttermilch, als die der Kuhmilch. Insofern ist es eine individuelle Entscheidung, welche Milch man seinen Kindern zum trinken gibt - Folgemilch ist jedoch viel besser, als ihr Ruf und für mich persönlich das geeignetere Lebensmittel für Kinder.

© Danielle

"Menschenkinder - Plädoyer für eine artgerechte Erziehung" - Herbert-Renz Polster

Aufmerksame Leser unseres Blogs wissen, dass die Bücher von Herbert Renz-Polster vor allem die ersten Jahre mit meinen Kindern begleiteten und sehr positiv beeinflussten. Eines der großartigsten Bücher von ihm ist "Kinder verstehen - Born to be wild", ein wirklich sehr umfangreiches (512 Seiten) und außerordentlich interessantes Buch, das ich jedem nur wärmstens ans Herz legen kann (und zu dem ich unbedingt bald mal eine Rezension schreiben muss).
 
Für diejenigen, die nicht ganz so viel Zeit haben zu lesen (was mit kleinen Kindern durchaus vorkommen soll), gibt es das etwas komprimiertere Buch "Menschenkinder".



Das Buch


Renz-Polsters Bücher sind keine Erziehungsratgeber im herkömmlichen Sinne - der Ansatz des Autors ist die rein evolutionäre Betrachtung des Kindseins: Wohin es gehen soll, weiß nur, wer weiß, woher wir kommen. Kinder werden als perfektes, über Jahrtausende durch die Evolution geformte Wesen betrachtet, deren Eigenschaften und Verhaltensweisen sich in den letzten 100.000 Jahren bewährt haben. Die Entwicklung aller Kinder auf der Welt läuft nach dem gleichen Muster ab - daher handelt es sich ganz offenbar um ein Erfolgsrezept, das man verstehen, nicht bekämpfen muss. Das Buch behandelt daher keine Strategien/Konzepte, um Kinder zu erziehen, es soll ausschließlich einen Perspektivenwechsel anregen und erklären, warum Kinder sich so benehmen, wie sie es tun und warum das in jedem Falle sinnvoll ist, auch wenn es uns manchmal unverständlich ist und nervt.

Ursache für die Verunsicherung in Bezug auf die Erziehung ist laut Renz-Polster maßgeblich Angst. Angst vor dem Verwöhnen (nur die "Abgehärteten" haben Erfolg, weiche Erwachsene versagen in der Gesellschaft), die Angst Tyrannen groß zu ziehen, nicht perfekt genug zu sein oder Kinder nicht genug zu fördern. Aber alle diese Ängste sind unberechtigt - das Eingehen auf Bedürfnisse wie Nähe ist kein Verwöhnen, sondern evolutionäre Prägung. Die Menschen wurden erst vor ein paar Tausend Jahren sesshaft - davor zogen sie als Wandervölker durch die Gegend. Kinder, die nicht ständig einforderten, am Körper getragen zu werden, liefen Gefahr, vergessen oder gefressen zu werden. Auch ein Tyrannen-Dasein ist grundsätzlich von der Natur nicht vorgesehen - warum sollten Kinder sich gegen die Erwachsenen richten, die ihr Überleben sichern? Kinder sind auf Kooperation angewiesen, weswegen sie nicht von Grund auf "böse" sein können. Daher ist die Angst, Tyrannen groß zu ziehen, unberechtigt. Perfektion ist nicht erforderlich - die Evolution hat mögliche Fehler einkalkuliert - Irrtümer in normalem Umfang werden keine Erziehung ruinieren. Auch aktive Förderung ist von der Natur nicht vorgesehen (bis vor 200 Jahren ging es vor allem ums Überleben - für gezielte Förderung war gar keine Zeit).

Es ist gar nicht erforderlich, Kinder zu Selbständigkeit und Unabhängigkeit "zu erziehen", da das Kind von Natur aus danach strebt - in der Regel spätestens dann, wenn der Zeitpunkt kommt, wo der Platz in Mamas Arm für ein Geschwisterchen geräumt werden muss/müsste. Da Mama keine Kapazität hat, ständig mehrere Kinder zu tragen, bereitet sich das Kind ab etwa 18 Monaten auf seine Autonomie vor - indem es nachdrücklich alles selbst machen will. Das ist seine Vorbreitung für die Zukunft in Kleinkindergruppen, wo in seiner Sozialität geprägt wird.

Renz-Polster erklärt in seinem Buch auch, warum Kinder kein Gemüse essen (weil sie nach dem Motto handeln: "Iss nur was Du kennst und bitter ist potentiell giftig"), auch als Kleinkinder noch gerne getragen werden wollen (in der Regel, wenn sie müde sind und die Gefahr besteht, dass die zurückfallen könnten und dann schutzlos wären) oder ständig dazwischen plappern (Aufmerksamkeit auf sich selbst richten - so verpasst Mama keine gefährliche Situation).

Die evolutionäre Betrachtung erklärt auch, warum die Pubertät so konfliktbehaftet ist - war sie doch von jeher der Höhepunkt der Entwicklung, der Kreativität und des Erforschungsdrangs. Durch das starke Setzen von Grenzen (vornehmlich) zu ihrem Schutz wird das Kind eingeengt und die Kinder sind überfordert von der Diskrepanz zwischen Wollen und Können.

Renz-Polster stellt fest, dass jedes Kind einer anderen Erziehung bedarf - das Kind im Plattenbau in einem Problemviertel in Berlin einer anderen, als das Kind zweier Akademiker im Münchener Vorort oder das Kind chinesischer Reisbauern. Daher ist Erziehung eine ständige Neuerfindung ohne Patentrezept, die dennoch immer auf den selben Ur-Elementen basiert. Er analysiert außerdem, warum es derzeit keine wirklich artgerechte Umgebung für Kinder gibt (weil es das Dorf, das es braucht, um Kinder zu erziehen, so nicht mehr existiert) und was man tun könnte, um das zu verbessern. 

Fazit


Das Buch von Renz-Polster ist ein interessanter kurz gefasster Exkurs in die evolutionäre Betrachtung der Erziehung und eine Analyse der Schwachstellen der heutigen Gesellschaft. Es handelt sich dabei nicht um einen klassischen Erziehungsratgeber im Sinne von "Will ich A erreichen, kann ich das mit B unterstützen" sondern es betrachtet einfach das "Warum sich Kinder so benehmen, wie sie es tun und warum das gut und richtig ist, nur zunehmend schwieriger zu handhaben".

Wem dieser Ansatz gefällt, dem kann ich wirklich auch wärmstens das umfangreichere, wirklich kurzweilig und sehr unterhaltsam geschriebene "Kinder verstehen - Born to be wild" empfehlen - für mich persönlich eines der aufschlussreichsten Bücher über Kinder.
 
© Danielle 

Pre und 1er - Welche Milch ist die beste?



Mütter, die nicht stillen können oder wollen, haben die Qual der Wahl. Hipp, Aptamil, Bebivita, Beba oder Eigenmarken - was ist das Beste für mein Kind? Worin unterscheiden sich die Milchsorten? Soll ich Pre oder 1er füttern? Die Auswahl an Anfangsmilchen ist riesig - die Auswahl entsprechend schwierig.

Grundsätzlich sind für die Fütterung ab Geburt und in den ersten 6 Monaten alle Anfangsmilchen mit dem Zusatz "Pre" oder "1" als Alleinnahrung geeignet. Pre und 1er-Milch einer Marke unterscheiden sich ausschließlich durch ihre Kohlenhydrate-Zusammensetzung. Pre enthält ausschließlich Laktose (mit Ausnahme von Milumil und Aptamil - dort sind auch andere Mehrfachzucker, die prebiotisch wirken sollen, enthalten). 1er-Milch enthält zusätzlich Stärke, welche die Milch sämiger macht. Daher ist sie u. U. für ein Spuckkind besser geeignet, da sie leichter im Magen verbleibt, als die dünnflüssigere Pre-Milch. Durch die Stärke sättigt 1er-Milch in den meisten Fällen auch besser, kann aber bei empfindlichen Babys zu Blähungen führen.

Nach der Geburt sollte man in jedem Falle immer erst mal Pre-Nahrung füttern. Besteht eine Allergieneigung in der Familie, dann beginnt mit HA-Nahrung (das HA steht für hypoallergen - das Eiweiß der Milch ist besonders aufgespalten, wodurch eine gewisse Allergieprävention besteht).

 
Welche Anfangsnahrung ist die beste?


Für die Herstellung von Pre-Nahrungen gibt es strenge gesetzliche Vorgaben (beispielsweise in der Diätverordnung). Grundlage für die Herstellung des Milchpulvers ist Kuhmilch. Pre-Nahrungen werden voll adaptiert - das heißt: in der Zusammensetzung - insbesondere bezüglich des Vitamin- und Eiweißgehaltes - der Muttermilch so ähnlich wie möglich gestaltet. Kuhmilch enthält 3,3 g Eiweiß pro 100 ml, Muttermilch jedoch nur 1,5 g - der Eiweißgehalt muss also entsprechend reduziert werden. 
Ich habe die Zusammensetzung aller üblicherweise erhältlichen Pre-Pulver-Nahrungen verglichen (Stand 05.02.2015):


Übersicht der Marken an Premilch

Was beim Vergleich der Milchsorten auffällt (und auch kein wirkliches Geheimnis ist): Aptamil (gemeint ist - wenn nicht anders gekennzeichnet im Folgenden immer Pro Nutra, die blaue Packung) und Milumil sind nahezu identisch - sie unterscheiden sich lediglichbeim Gehalt an LCP und beim Preis (Aptamil kostet die Hälfte mehr!). Auch die Sorten Beba pro und Milasan haben fast die gleiche Zusammensetzung, so dass der Schluss nahe liegt, dass es sich auch hier um identische Pulversorten handelt, die einmal teuer und einmal günstig verkauft werden. Das bestätigt auch das aktuelle Ökotest-Ergebnis von 2015, wo erstaunlicherweise diese beiden Produkte die einzigen waren, die ein "gut" erhielten. Allerdings wurde Beba noch LCP hinzugefügt, da aber Milasan auch hochwertige mehrfach ungesättigte Fettsäuren (siehe unten) enthält, fragt man sich, ob der Mehrpreis von 30 % für Beba gerechtfertigt ist. 


Pre-Milch - bio oder nicht bio?


Folgende Milchpulversorten stammen aus ökologischer Landwirtschaft und tragen ein Biosiegel:
  • Hipp (ausgenommen HA-Nahrung)
  • Babylove bio
  • Babydream bio
  • Lactana.
Da grundsätzlich alle Milchnahrungen strengsten Auflagen und Kontrollen unterliegen, ist es unwahrscheinlich, dass zumindest bezüglich des Schadstoffgehaltes in den Milchpulvern zwischen Bio- und Nicht-Bio-Produkten ein signifikanter Unterschied besteht. Bio-Milchpulver spielt bei der Kaufentscheidung eher eine Rolle in Bezug auf die generelle (Lebens-)Einstellung zu Bio-Ware. 


Prebiotische oder probiotische Pre-Milch? 


Die Anfangsnahrungen unterscheiden sich auch bezüglich des Zusatzes von Pre-/Probiotik.  In der Muttermilch sind sowohl probiotische Bakterien (also "gute Darmbakterien") als auch prebiotsche Ballaststoffe (die als Nahrung und zur Vermehrung der guten Darmbakterien dienen) nachgewiesen worden. Der Zusatz von Pre- und Probiotika in Flaschenmilch dient dazu, eine Darmflora zu schaffen, die der von Stillkindern ähnlich ist. Das soll das Immunsystem bei der Infektabwehr unterstützen. Die Wirksamkeit ist umstritten, es gibt zumindest mehrere Studien, die belegen, dass der Zusatz sinnvoll sein kann.

Prebiotische Milch enthält prebiotische Ballaststoffe (komplexe Kohlenhydrate wie Galacto-/Fructo-Oligosaccharide), die als Nahrung für die guten Darmbakterien dienen und zu ihrer Vermehrung beitragen. Studien haben ergeben, dass prebiotische Zusätze auch die Allergiegefahr senken. Darüber hinaus haben prebiotische Zusätze Auswirkungen auf die Stuhlbeschaffenheit - in der Regel ist der Stuhl weicher, als bei der Fütterung von nichtprebiotischer Milch. Leidet das Baby also unter Verstopfungen, kann erwogen werden, zu einer prebiotischen Nahrung zu wechseln. (Rein) prebiotische Anfangsmilch gibt es derzeit nur von Aptamil oder Milumil.

Probiotische Milchen enthalten probiotische Bakterien wie Bifidusbakterien oder Laktobazillen. Diese gelangen lebend in den Darm, siedeln sich dort an und vermehren sich. Probiotisch sind z. B. Beba, Alete und Lactana.

Sowohl pre- als auch probiotische Milch gibt es von Hipp mit der Sorte "Combiotik". Sie enthält sowohl den Darm unterstützende Bakterien als auch Ballaststoffe, die den Bakterien als Nahrung dienen.
Hipp Bio, Babylove, Babydream, Bebivita, Humana und Milasan enthalten keine dieser Zusätze.

Leider verträgt nicht jedes Kind jeden Zusatz, so dass manche Milchen für manche Kinder tatsächlich einfach unbekömmlicher sein können als andere und zu einer gestörten Verdauung führen. In diesem Falle ist es sinnvoll, auf eine Milchsorte zu wechseln, die nicht das selbe oder etwas anderes zusätzlich enthält, als die aktuelle Milch. Füttert man also eine Milchnahrung ohne Prebiotika oder Probiotika, bietet es sich an, auf eine Nahrung zu wechseln, die das eine, das andere oder beides enthält. Wird eine pre- oder probiotische Milch nicht vertragen, kann man versuchen, auf eine Milch zu wechseln, die keine Pre- und/oder Probiotika enthält. 

Ungesättigte Fettsäuren in Pre-Milch


Ungesättigte Fettsäuren sind wichtig für die Gehirnentwicklung, sie fördern ebenso die Entwicklung der Sehkraft und der Nervenzellen. Da der Körper diese Fettsäuren vor allem bei Frühgeborenen und Neugeborenen nicht effizient selbst bilden kann, enthalten Anfangsmilchen entweder zwei- bzw. dreifach ungesättigte Linolensäure (Omega 3) und Linolsäure (Omega 6) und/oder als nächste Stufe vielfach ungesättigte langkettige Fettsäuren (Arachidonsäure und Docosahexaensäure) - diese werden LCP oder LCPufa genannt.

Dass ungesättigte Fettsäuren wichtig sind, ist unbestritten, ob es unbedingt erforderlich ist, dem Körper das fertige Produkt LCP zu liefern oder ob es ausreichend ist, die Grundbausteine Linolsäure und Linolensäure zur Verfügung zu stellen, aus denen der Körper dann selbst Arachidonsäure und Docosahexaensäure bilden kann, darüber kann man streiten. Wer zu dem Thema noch genauer nachlesen will, kann das u. a. hier tun. 

Taurin/Carnitin in Pre-Milch


Wie man in der oben stehenden Tabelle sieht, ist bei einigen Pre-Sorten in der Zusammensetzungsliste Taurin und Carnitin aufgeführt.

Carnitin ist eine Verbindung aus Aminosäuren, die eine entscheidende Rolle im Fettstoffwechsel spielt. Der Zusatz von Carnitin bei Pre-Nahrung ist gesetzlich vorgeschrieben (vgl. EWG-Richtlinie Nr. 91/321) - diesen Zusatzstoff enthalten also alle Milchsorten, auch wenn das so nicht auf der Packung steht.

Bezüglich von Taurin ist die Studienlage uneinheitlich, weswegen viele Hersteller auf den Zusatz verzichten. Ein Mangel an Taurin kann eine Beeinträchtigung des Immunsystems nach sich ziehen. Es spielt außerdem eine Rolle bei der Entwicklung des Nervensystems und fördert das Muskelwachstum. Da auch Muttermilch Taurin in nicht unerheblichen Mengen enthält, halte ich persönlich es für sinnvoll, wenn der Nahrung Taurin zugesetzt ist - wenn es aber unbedingt und eindeutig notwendig wäre, würde ich - ähnlich wie beim Carnitin vermuten - dass die Anreicherung gesetzlich vorgeschrieben wäre. Den Bio-Milchsorten darf ohnehin kein Taurin zugesetzt werden.

Taurin enthalten die Pre-Milch-Sorten von Babylove (nicht bio), Babydream (nicht bio), Milasan, Alete, Beba, Milumil und Aptamil. 

Testergebnisse für Pre und 1er von Ökotest (2012 und 2015) 


Testergebnisse für Pre uns 1er Ökotest 2009


Im Jahr 2009 wurde von Ökotest Pre-Nahrungen getestet. Es gab es nur zwei Bewertungen - "befriedigend" und "mangelhaft". Maßgeblich für die  Bewertung war der Gehalt an 3-MCPD-Fettsäureestern. Diese Ester haben in Tierversuchen Nierenkanälchen verändert und in hohen Dosen verabreicht zu gutartigen Tumoren geführt. Im Prinzip ist aber eigentlich gar nicht bekannt, ob durch 3-MPCD-Ester tatsächlich eine Gesundheitsgefährdung vorliegt, da es keine ausreichende Studienlage diesbezüglich gibt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung geht von keiner akuten Gesundheitsgefahr aus, fordert aber eine kontinuierliche Verringerung des Gehalts der Ester in den Säuglingsmilchen.
Die Hersteller ordneten sich wie folgt ein:

befriedigend
Alete Pre, Hipp Pre, Humana Pre, Milasan Pre

mangelhaft
Hipp Bio Pre, Töpfer Lactana Bio Pre, Aptamil Pre, Milumil Pre, Beba Pre 

Testergebnisse für Pre und 1er Ökotest 2012 


Im Jahr 2012 wurde erneut getestet. Wieder wurde der Gehalt an 3-MPCD-Fettsäureestern bemängelt. Der hohe Gehalt an Estern führte zu einer pauschalen Abwertung aller getesteten Produkte - keines erhielt eine bessere Bewertung als "befriedigend". Die einzelnen Pre-Sorten schnitten wie folgt ab:

befriedigend
Alete, Aptamil, Beba Pro, Bebivita, Humana Plus, Milumil

ausreichend
Milasan (die Abwertung erfolgte jedoch nur wegen des fehlenden Hinweises, dass die Milch nicht in der Mikrowelle erwärmt werden soll und weil der Anteil an Linolensäure statt in Milligramm in Gramm angegeben war) 

mangelhaft
Hipp Bio Combiotik (die Abwertung erfolgte allein wegen der irreführenden Schriftzüge "neue Generation Milchnahrung" und "nach dem Vorbild Muttermilch").

In Bezug auf die Inhaltsstoffe kam Ökotest zu dem Ergebnis, dass alle Milchen gleich gut (oder schlecht - je nach dem, wie man es nimmt) abschneiden. Die Abstufungen erfolgten nicht aufgrund der Qualität des Milchpulvers, sondern wegen Mängel auf der Verpackung (die die Hersteller mittlerweile alle beseitigt haben). 

Ökotest 2015


Im Januar 2015 gab es einen neuen Test - dieses Mal war das Urteil etwas differenzierter. Der Fokus lag auf der Belastung mit Fettschadstoffen wie z. B. Chlorat und Perchlorat, die die Produktion von Schilddrüsenhormonen hemmen und den roten Blutkörperchen schaden können. Die Ergebnisse sehen wie folgt aus:

gut
Milasan 1, Beba Pro 1

befriedigend
Hipp Bio Combiotik 1, Aptamil Profutura 1

ausreichend
Alnatura Anfangs Milch Pre, Bio Pre von Babylove, Hipp Bio 1, Töpfer Lactana Bio Pre, Bebivita Pre, Humana 1

mangelhaft
Aptamil Pronutra 1, Babydream Bio 1 

ungenügend
Holle Bio 1 und Milumil 1

Ökotest testete auch HA-Nahrungen - Testsieger mit der Bewertung "gut" war Aptamil HA Pre. Milumil HA 1, Aptamil HA 1 und Humana HA Pre überschritten den Grenzwert für Chlorat deutlich. Die Humana HA 1 enthielt das potentiell allergieauslösende Benzalkoniumchlorid. Beba HA Pre und HA 1 überschritten die Grenzwerte bezüglich des Perchlorates. Alle Nahrungen enthielten mehr als die empfohlene Eiweißmenge von 1,4 g - Humana HA 1 enthielt mit 2,4 g am meisten Eiweiß. 

Testergebnisse für Pre und HA Pre Stiftung Warentest 2016,

Im Juni 2016 wurden erneut Pre-Nahrungen getestet:

gut
Platz 1: Milasan Pre (alte Zusammensetzung, kaum noch erhältlich) 
Platz 2: Beba Pro Pre
Platz 3: Aptamil Pronatura

außerdem "gut"
Bebivita Pre (Testsieger Preis/Leistung), Beba HA Pre, Bebivita Pre HA

befriedigend
Hipp Pre (mal wieder wegen der Deklaration "nach dem Vorbild der Natur"

mangelhaft 
Babydream (Rossmann) - Grund: "eine bedenkliche Menge an Glycidyl-Estern"

Fazit - Welche Pre-Milch oder 1-er-Milch Milch IST denn nun die beste?


Wie immer gilt: Es kommt drauf an. Zunächst einmal darauf, ob ausschließlich eine Flaschenmilch gefüttert werden soll oder die Milch zum Zufüttern verwendet wird. Bekommt das Kind auch Muttermilch, ist es nicht unbedingt erforderlich (aber auch sicher unschädlich), wenn das Baby eine Milch ohne Pre- oder Probiotika, LCP oder Taurin bekommt. 

Frühgeborene hingegen sollten in jedem Falle eine Milch mit LCP und Taurin bekommen, da ihr Körper diese kaum selbst bilden kann. Es gibt im Prinzip nur eine Milch, die bio ist, pre- und probiotische Eigenschaften und LCP hat  - die Hipp Combiotik. Bezüglich der Nährstoffzusammensetzung hat sie keine größeren Abweichungen zur Muttermilch (sie enthält deutlich weniger Selen und mehr Vitamin D - beides ist nicht nachteilig - ein Mehr an Vitamin D ist unschädlich, da dieses ohnehin noch zusätzlich verabreicht werden soll(te)). Leider enthält sie kein Taurin, da dies gesetzlich für Bio-Milchsorten nicht zugelassen ist. Mit einem "befriedigend" war sie die beste Bio-Milch aktuell bei Ökotest.

Sowohl prebiotisch als auch mit LCP und Taurin versehen sind Aptamil/Milumil, sowohl probiotische Zusätze und LCP enthalten Beba und Lactana. Beba enthält darüber hinaus Taurin. Lactana hat zwar außerdem Bioqualität, in meiner Übersicht finden sich mit Abstand dort jedoch die höchsten Abweichungen zu den Werten der Muttermilch und in der aktuellen Ökotest bekam sie auch nur ein "ausreichend" - für mich persönlich wäre die Milch daher keine wirkliche Alternative.

Hier eine nochmal eine kurze Übersicht der Zusätze der eben genannten Milchen:

Übersicht Zusätze Milchnahrungen 
Wenn es also nicht darum geht, diese Frage unter finanziellen Gesichtspunkten zu betrachten, dann sind Hipp Combiotik, Aptamil Profutura (nicht zu verwechseln mit Pronutra!) und Beba Pro die "besten", aber eben auch teuersten Milchsorten. Mit durchschnittlich 1,06 EUR/100 g ist Milumil die Milch mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis - leider schnitt die 1er Nahrung aktuell bei Ökotest mit "ungenügend" ab.

Ich würde mich daher persönlich dafür entscheiden, die Milasan-Milch zu füttern (die ja identisch mit Beba Pro ist und deutlich weniger kostet) - alternativ würde ich auch noch unbesorgt zur HIPP Combiotik greifen.

Wenn das Preis-Leistungs-Verhältnis maßgeblich ist oder ich die Milch nur zum Zufüttern nehme, dann würde ich persönlich Bebivita-Milch wählen (bzw. habe das getan). Die Babylove-Milch weist bezüglich der Mineralstoffe und Vitamine die höchsten Abweichungen von der Muttermilch-Zusammensetzung auf. Bei Babydream habe ich keine nähere Erläuterung zu den ungesättigten Fettsäuren gefunden (diese sind aber  - in etwas geringerem Umfang als bei anderen - enthalten) und die Zusammensetzung von Kohlenhydraten, Eiweiß und Fett ist mit am muttermilchfernsten - ein "mangelhaft" bei Ökotest kommt dazu.

Letztendlich hilft dieses Wissen alles nichts, wenn meine Auswahl meinem Kind nicht schmeckt oder Verdauungsprobleme bereitet. Daher ist zumindest auch ein hilfreiches abschließendes Fazit: Keine Milch ist wirklich "schlecht" - alle Sorten können unbedenklich gefüttert werden. 

Wann und wie sollte man von Pre auf 1er wechseln


Im Prinzip kann man theoretisch immer bei Pre bleiben. Wenn das Kind davon ausreichend satt wird, besteht kein Grund zu wechseln. Als Faustregel gilt: Trinkt das Baby dauerhaft mehr als 1000 ml Pre am Tag, sollte man auf 1er-Nahrung umstellen. Dabei sollte man berücksichtigen, dass es Phasen gibt, in denen Kinder einen erhöhten Nahrungsbedarf haben - diese fallen meist mit den Entwicklungssprüngen zusammen. Diese sogenanten Schübe treten um die 5., 8., 12., 19., 26., 37., 46., 55., 64. und 75. Woche auf. In diesem Alter ist es also normal, dass Kinder vorübergehend mehr Nahrung verlangen. Bleibt es über eine Woche lang bei einer Trinkmenge von über einem Liter, sollte man die Nahrung wechseln, um zu schauen, ob sich die Trinkmenge verringert.

Die Umstellung erfolgt am schonendsten flaschenweise - jeden Tag wird eine Pre-Flasche durch eine 1er-Flasche ersetzt. Die schrittweise Umstellung ist jedoch nicht unbedingt nötig - man kann auch von einer Flasche auf die andere komplett auf 1er-Milch wechseln.

Immer wieder liest man, dass man Pre und 1er nicht mischen darf (mir fällt auch nicht so richtig ein, warum man das tun wollen könnte) - dies ist aber durchaus bei Bedarf möglich. Wichtig ist, dass beide Nahrungen getrennt zubereitet und dann zusammengeschüttet werden, wenn die Dosierung (Pulvermenge, Löffelgröße) unterschiedlich sein sollte oder zwei Milchnahrungen unterschiedlicher Hersteller gemischt werden sollen. Bei Säuglingsnahrung ist es äußerst wichtig, dass das Verhältnis Wasser/Pulver stimmt (wobei mehr Wasser unkritisch ist) - dies ist nur sichergestellt, wenn Pre und 1er getrennt zubereitet werden (wenn sie nicht ohnehin identisch dosiert werden).

Übrigens - Folgemilchen sind viel besser, als ihr Ruf - im Artikel 2er, 3er, Kindermilch - Ist Folgemilch tatsächlich ungesund und überflüssig? habe ich die gängigen Folgemilchen genau unter die Lupe genommen - mit erstaunlichen Ergebnissen! 

Macht 1er-Milch dick?


Ganz klar: NEIN! 1er-Milch enthält entweder gleich viele Kalorien, wie Pre-Nahrung oder vereinzelt auch die eine oder andere weniger. Der Unterschied besteht - wie oben bereits erwähnt - in der Kohlenhydratzusammensetzung. 1er-Milch enthält ca. 0,8 bis 1,5 g Stärke je 100 ml - um die gleiche Menge wird die Laktose reduziert. Der Kohlenhydratgehalt von Pre und 1er-Milch ist also identisch. Deswegen können sowohl Pre als auch 1er Milch nach Bedarf gefüttert werden. Das steht auch so auf der Packung (hier HIPP):
Rückseite der Packung von Hipp
Rückseite Packung Hipp Bio 1

Ich lese öfter, dass Kinderärzte den Tipp geben, eher schmaleren Kindern statt Pre lieber 1er-Milch zu geben, damit sie schneller "zulegen". Wenn man darüber nachdenkt, wird einem klar, dass dieser Rat vollkommen unsinnig ist - der Unterschied beider Milchen besteht allein in der Sättigung. Durch die Sämigkeit macht 1er schneller satt - das Kind wird also im Zweifel weniger Nahrung (bei gleicher Kalorienzahl) zu sich nehmen. Daher ist es bei schmalen Kindern, die möglichst zunehmen sollen, immer sinnvoll, Pre statt 1er Milch zu geben. Bei eher zu kräftigeren Kindern ist es unter Umständen sinnvoll, auf 1er-Milch zu wechseln, diese aber auch nach Bedarf zu füttern. 

© Danielle